Wenn man auf etwas sehr, sehr lange wartet, muss es dann richtig toll sein. Und wenn dieses Langersehnte das neue Album der Gorillaz nach sieben Jahren Stille ist, dann sagen sehr, sehr viele kluge Musikkritiker sehr, sehr schlaue Sachen. Dass der ehemalige Blur-Sänger und Britpop-Star Damon Albarn dieses Mal kein Konzeptalbum, sondern eher eine Playlist vorgelegt hat. Dass man fragen muss, ob die von Jamie Hewlett gezeichneten Comic-Avatare, die das Projekt „Gorillaz“ seit 1998 repräsentieren, noch zeitgemäß seien.
Dass den Hörer thematisch auf der einen Seite Weltuntergangsstimmung, auf der anderen pure Lebensfreude und Hoffnung erwartet. Dass es wegen der vielen Künstler, die bei „Humanz“ mitmachen, vielleicht an Homogenität fehlen könnte. Dass sich wohl selten so viel musikalische Vielfalt auf einem Album findet wie auf „Humanz“. Rock, Pop, Rap, Disco oder Dub – es ist alles da. Dass die neuen Videos zu den Songs Kunstwerke sind.
Aber wer einfach nur sehr, sehr gute Popmusik von sehr, sehr guten Musikern hören will, der braucht die ganzen Kritiken nicht. Lieber wird derjenige die Mitwirkung von De La Soul, Benjamin Clementine, Vince Staples, Kelela, Popcaan und sogar der guten alten Grace Jones sehr, sehr genießen, Songs wie „Andromeda“ oder „We got the Power“ sehr, sehr laut mitsingen und sehr, sehr hoffen, dass es nicht wieder so lange bis zur nächsten Gorillaz-Platte dauert. and
Gorillaz: Humanz, Parlophone Label Group (Warner)
Mitreißendes Konzeptalbum, das mit vielen Genres spielt
Rockopern sind so eine Sache. Nicht selten ist das hochtrabende Etikett Feigenblatt für verschwurbelte Fantasien eines Komponisten, der sich im Dunstkreis des Heavy Metal unterfordert zu fühlen glaubt. Bei Arjen Lucassen sieht das ein bisschen anders aus: Der Niederländer unterhält seit über zwei Jahrzehnten sein Progressive-Metal-Projekt Ayreon, spielte mit wechselnder Besetzung zehn Alben ein und beschäftigt hochkarätige Sängerinnen und Sänger des Genres – immer darauf achtend, dass Stimme und Melodie optimal aufeinander abgestimmt sind.
Das aktuellste dieser hochkomplexen Werke heißt „The Source“ und erzählt die Geschichte der Bewohner des Planeten Alpha, die nach verheerenden ökologischen und politischen Katastrophen ihr Schicksal in die Hände von Großrechnern legen. Neben handwerklicher Musik – Lucasson spielt unter anderem Gitarre – finden sich auch zahlreiche computeranimierte Synthi-Sequenzen, was den futuristischen Eindruck des Gesamtkunstwerks unterstreicht, an dem diesmal unzählige Koryphäen mitwirken. Ein mitreißendes Konzeptalbum von Lucasson, der gekonnt mit Elementen der Oper, des Hörspiels, des Heavy Metal spielt und stets ein Händchen hat für poppige, jazzige und sphärische i-Tüpfelchen. mib
Ayreon: The Source, Mascot Music