
Ihre dunklen Augen lächeln, und die tiefer liegenden Grübchen verleihen ihrem Gesicht Weichheit. Catherine Deneuve wirkt offener als früher. Ihre maskenhafte Schönheit ist zugänglicher geworden. Viele Jahre lang galt Frankreichs Kino-Diva als undurchschaubar, unnahbar. „Die Leute haben von mir das Bild einer komplizierten, eiskalten Frau. Das ist falsch“, sagte die Schauspielerin, die an diesem Dienstag, 22. Oktober, 70 Jahre alt wird, in einem Interview vor wenigen Wochen. „Ich bin einfacher gestrickt, als man glaubt“, gestand die Grande Dame des Films – überraschend.
Das Gespräch erschien in der Filmzeitschrift „Premiere“ anlässlich ihres jüngsten Films, „Elle s'en va“ (etwa: „Sie geht“). In dem Roadmovie spielt sie eine ehemalige Schönheitskönigin, die vor den Trümmern ihres Lebens steht und die Flucht ergreift.
Deneuve dagegen steht an der Spitze der französischen Diven. Unwiderstehlich, jedoch unberührbar – so wie die marmorne Statue der französischen Nationalfigur „Marianne“, die 1985 ihr ebenmäßiges Gesicht bekam. Das war das Bild, das der Star in mehr als 45 Jahren von sich aufgebaut hat. „Ich verstecke mich“, sagte sie noch vor wenigen Jahren in Cannes auf dem Festival, zu dessen Stammgästen sie zählt. Im Jahr 2005 wurde ihr auf der Croisette die Ehrenpalme überreicht.
Deneuve steht Journalisten nur ungern Rede und Antwort, auch wenn in den vergangenen Monaten in der französischen Presse häufiger Interviews mit ihr zu lesen waren. Erstaunlich offen gab sie sich Anfang September in dem Magazin „Paris Match“. Darin sprach sie über ihre Karriere und über ihr Alter. „Ich bin mir meines Alters nicht bewusst. Ich werde nicht gegen etwas kämpfen, das unvermeidbar ist“, sagte sie. Sie wolle so elegant wie möglich alt werden. Zudem mag sie das Wort altern nicht. „Ich bevorzuge groß werden.“
Groß geworden ist sie tatsächlich. Die Pariserin hat in mehr als 100 Filmen gespielt. In über vier Jahrzehnten hat sie es geschafft, sich auf kein Genre und kein Stereotyp festzulegen. In dem Psychothriller „Ekel“ von Roman Polanski spielt sie eine junge Schizophrene. Für Luis Bunuel schlüpfte sie in „Belle de Jour“ („Schöne des Tages“) in die Rolle einer masochistisch-unkeuschen Hausfrau, die sich prostituiert, um Geld zu verdienen. Zu ihren größten Erfolgen zählt das Meisterwerk „Die letzte Metro“ von François Truffaut aus dem Jahr 1980. Für ihre Rolle als Marion Steiner, die ihren jüdischen Ehemann unter der Bühne versteckt, während sie sein Stück spielt und sich in ihren Bühnenpartner verliebt, erhielt sie den César als beste französische Schauspielerin.
Ihre Schönheit, Ausdruckskraft, aber auch Unnahbarkeit haben Meisterregisseure wie Lars von Trier, Leos Carax, Raoul Ruiz, Manoel de Oliveira und François Ozon zu bedeutenden Filmen inspiriert. Truffaut sagte über sie, dass sie ein geheimes Leben führe: „Bei jeder Rolle hat man das Gefühl, es gebe die Figur auf der Leinwand und dazu aber andere Gedanken, die nicht ausgedrückt werden.“ Das Bild des ewig Weiblichen und der unnahbaren Blonden schuf der Regisseur Roger Vadim. Er entdeckte das Talent der damals 17-Jährigen und gab ihr in „Laster und Tugend“ die Rolle der tugendhaften Justine, die in einem Bordell für deutsche Soldaten endet, weil sie ihren Verlobten aus der Gefangenschaft befreien wollte.
Der damalige Ehemann von Brigitte Bardot (BB) führte sie in den Jetset ein und machte aus der stillen und zurückhaltenden Catherine, wie sie sich als Mädchen charakterisierte, eine „Keuschheit voller Sex-Appeal“. Unter seinem Einfluss ließ sie sich auch ihre brünetten Haare blond färben – ganz wie die BB. Dem „Charme der professionellen Jungfrau“ erlag auch Roman Polanski.
„Mein ganzes Leben lang habe ich versucht, so weit wie möglich zu gehen. Nicht um zu provozieren, sondern aus Neugierde. Ich hatte noch nie Angst vor Risiken“, gestand Deneuve in „Paris Match“. Ihren eigenen Weg ging sie schon sehr früh. Mit 20 Jahren wurde sie im Frankreich der Vor-68er-Jahre alleinerziehende Mutter. Der Vater ihres Sohnes Christian: Frauenheld Vadim.
Deneuve hat vielen Männern den Kopf verdreht. Von 1965 bis 1972 war sie mit dem britischen Modefotografen David Bailey verheiratet. Anschließend lebte sie mit dem Schauspieler Marcello Mastroianni zusammen, von dem sie 1972 Tochter Chiara bekam. Später sagte sie mal über die Ehe: „Ich bin nicht gegen die Ehe, aber sie hat mich nie interessiert.“ Die Deneuve bleibt ein großes Geheimnis. Text: dpa