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BERLIN/BREMEN
Carrells Schlüpfer-Skandal wirkt bis heute
„Rudis Tagesshow“: Vor 25 Jahren sorgte Rudi Carrell in seiner Satiresendung für einen Skandal.
Foto: dpa | „Rudis Tagesshow“: Vor 25 Jahren sorgte Rudi Carrell in seiner Satiresendung für einen Skandal.
dpa
 |  aktualisiert: 06.03.2012 18:56 Uhr

Aus Spaß wird Ernst, aus einem TV-Witzchen eine politische Krise: Vor 25 Jahren zeigte Rudi Carrell in der Satiresendung „Rudis Tagesshow“ einen Clip mit Irans Ajatollah Khomeini und Damenunterwäsche. Die Folge im Fernsehen hatte Folgen in der Diplomatie: schwere Verstimmungen mit dem Iran. Als die damals aktuelle Staffel mit sechs wöchentlichen Folgen zu Ende war, lief die beliebte „Tagesshow“ mit dem holländischen Entertainer Carrell am Sonntag, dem 8. März 1987, zum letzten Mal in der ARD. Der damalige Schlüpfer-Skandal wirkt bis heute nach.

„Rudis Tagesshow“ unterhielt das TV-Publikum mit neu geschnittenen und witzig vertonten Nachrichtenbildern (lesen Sie dazu die graue Infobox). Nicht jeder Promi und Politiker war glücklich mit dem, was ihm unterstellt oder in den Mund gelegt wurde. Beispiellos war jedoch die Reaktion auf den kleinen Spot vom 15. Februar 1987, der zur besten Sendezeit ab 20.15 Uhr lief.

Dessous für den Religionsführer

In einer Bildmontage von wenigen Sekunden warfen verschleierte Frauen dem Religionsführer Khomeini Dessous zu – angeblich anlässlich des achten Jahrestages der Revolution im Iran. In Nahaufnahme wühlte Khomeinis angebliche Hand in der Wäsche. Zu den etwa 20 Millionen Zuschauern gehörte wohl auch der iranische Botschafter Mohammad Djavad Salari, der sich danach bei der ARD und beim Auswärtigen Amt über die „Beleidigung“ beschwerte. In den Tagen danach drohte die Situation zu eskalieren.

Der Iran wies zwei deutsche Diplomaten aus und schloss vorübergehend seine Generalkonsulate in Hamburg und Frankfurt sowie das Goethe-Institut als Repräsentanz der deutschen Kultur in Teheran. Als Grund gab die Agentur IRNA an, Ajatollah Sejed Ruhollah Khomeini, „die iranische Revolution und die Muslime der Welt“ seien beleidigt worden. Das Religionsministerium erklärte, die Sendung sei ein Ausdruck des Hasses auf den Islam und die Islamische Republik Iran.

In Bonn sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes, Verunglimpfungen fremder Staats- und Religionsführer seien bedauerlich, die Regierung habe jedoch keinen Einfluss auf das Fernsehprogramm. Die ARD bedauerte, dass „eine Satiresendung so missverstanden werden konnte“. Am Mittwoch nach der Ausstrahlung entschuldigte sich Carrell, der nun unter Polizeischutz stand, öffentlich „beim iranischen Volk“. Er hatte Morddrohungen erhalten.

Der Spot ist unter Verschluss

Am Sonntag nach dem Skandal schalteten sensationelle 21,4 Millionen Zuschauer ein. Unter ungewöhnlich scharfen Sicherheitsvorkehrungen war die neue Sendung am Funkhaus von Radio Bremen produziert worden. Zu Beginn entstieg TV-Kommissar „Derrick“ alias Horst Tappert der Weltkugel und nicht Carrell selbst wie sonst üblich. Nach scharfem Blick durchs Studio gab „Derrick“ Entwarnung: „Bitte, Herr Carrell, Sie können kommen!“

Bis heute haben die Ereignisse um Carrells Schlüpfer-Gag Konsequenzen. Für viele Entertainer sind Witze zum Islam tabu. Harald Schmidt etwa bekannte vor Jahren: „Davon lasse ich die Finger. Das ist mir zu heikel.“ Zu der Carrell-Geschichte meinte er: „Bei Carrell war es noch Ajatollah gegen Carrell. Zwanzig Jahre später leben wir in einer anderen medialen Landschaft.“ Schmidt spielte auf die Proteste gegen die Mohammed-Karikaturen 2005/2006 an: „In einer kleinen dänischen Zeitung erscheint die Karikatur, und in Indonesien wird die dänische Botschaft gestürmt.“ Das war 1987 tatsächlich noch anders. Die Lage beruhigte sich damals rasch wieder. Nach wie vor aber hält Radio Bremen den Skandal-Spot unter Verschluss.

 
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