Buch-Tipps
Ian Rankin: Schlafende Hunde (Manhattan, 462 Seiten, 19,99 Euro)
Fast 20 Bücher hat der Schotte Ian Rankin mit dem Kriminalpolizisten John Rebus als Hauptfigur veröffentlicht. Dann musste Rebus, ein „Polizist der alten Schule“, in den Ruhestand gehen. Rankins neuer Roman zeigt ihn nun als Rückkehrer in eine Polizei, die sich längst weiterentwickelt hat. Kaum ist Rebus wieder im Einsatz, holt ihn die Vergangenheit ein. Vor 30 Jahren soll Rebus Beweismittel manipuliert und damit einen Mord vertuscht haben. Gleichzeitig untersucht er einen rätselhaften Autounfall, der besonders dadurch brisant wird, dass er durch ihn in die Nähe eines früheren Kollegen kommt, der mittlerweile eine wichtige Rolle beim schottischen Streben nach Unabhängigkeit spielt. Rankin hat eine sehr komplexe Geschichte entwickelt, die jederzeit ihre Spannung hält und mit John Rebus eine beeindruckende Hauptfigur besitzt.
Petra Hammesfahr: An einem Tag im November (Diana, 496 Seiten, 19,99 Euro)
Ein fünfjähriges Mädchen verschwindet spurlos. Ist das Kind Opfer eines Verbrechens geworden? In Verdacht geraten viele: die Eltern, ein Pädophiler, ein merkwürdiger Nachbar, eine gewalttätige Mädchenbande. Kommissar Klinkhammer sieht sich bei seinen Ermittlungen an einen früheren traurigen Fall erinnert. Nach und nach setzt Krimi-Spezialistin Petra Hammesfahr ein Puzzle zusammen, bis am Ende alle Teile ein Bild ergeben. Doch im Vergleich zu früheren Romanen der Bestsellerautorin wirkt ihr neuestes Werk seltsam lustlos geschrieben. Es wimmelt von Klischees – jugendliche „Russenweiber“, die andere Schüler abzocken und misshandeln, ein junger Einzelgänger, der seinen Frust in Ballerspielen auslässt, und so weiter und so fort. Spannung kommt da leider kaum auf.
Richard Powers: Orfeo (S. Fischer, 492 Seiten, 22,99 Euro)
Der Held ist ein alternder Musikprofessor und Komponist. Klingt langweilig – doch ohne es zu wollen, schlüpft Peter Els in eine weitere, aufregende Rolle: die eines von den US-Behörden gejagten Mannes. Er wird verdächtigt, ein Bio-Terrorist zu sein. Seine Flucht vor den Ermittlern ist ein Strang des Romans „Orfeo“ von Richard Powers. Ein zweiter Aspekt sind die Rückblenden in Els' Beziehungen und sein Familienleben. Zusätzlich wird der Leser auf Exkurse mitgenommen in die Geschichte der klassischen Musik. Mit diesen Elementen und kritischem Blick auf eine Terrorismus-Paranoia in den USA webt Powers, der die Grenzgebiete von Literatur und Wissenschaft liebt, eine spannende Story. Manche Passagen, gerade wenn es um Musik geht, sind nur für Kenner voll zu erschließen. Doch auch weniger bewanderte Leser werden vom Rhythmus des Werks in den Bann gezogen. „Musik sagt die Vergangenheit voraus, erinnert an die Zukunft“, heißt es an einer Stelle. Mit solchen Formulierungen will Powers etwas zum Klingen bringen – sprachlich und im Gefühl seiner Leser.