Brillanter Intellektueller, literarischer Provokateur, reaktionärer Außenseiter, elitärer Sprachkünstler – die Zahl der Etiketten, die Botho Strauß angehängt werden, belegen die Bandbreite dieses ungewöhnlichen Autors. Mit seinen Stücken hat er das deutsche Nachkriegstheater geprägt, seine gesammelte Prosa ist wie eine Gesamtaufnahme deutscher Befindlichkeiten.
An diesem Dienstag wird Strauß 70 Jahre alt – und bleibt fernab vom Rummel im ungeliebten Berlin weiter in der Einsamkeit der Uckermark. Mit einem handgefertigten Gehstock stromert der Büchner-Preisträger dort alleine durch die Wälder des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin. „Niemals sich blitzen, filmen, verhören, ehren oder sonstwie erwischen lassen“, hatte er in seinem Prosaband „Paare, Passanten“ (1981) als Parole ausgegeben und sich (fast) immer daran gehalten.
1977 gelang ihm mit „Trilogie des Wiedersehens“ der Durchbruch als Autor. Auch in seinen weiteren Stücken – etwa „Die Zeit und das Zimmer“, „Bekannte Gesichter, gemischte Gefühle“ – bleiben die Brüchigkeit menschlicher Beziehungen und das Scheitern an der Gesellschaft bestimmende Themen. Doch die Zeiten, als große Regisseure sich um jedes neue Stück rissen, sind vorbei.
Nun rückt der Autor mehr mit seinem Prosawerk in den Blickpunkt, an dem er seit „Paare, Passanten“ ebenfalls mit nicht versiegender Produktivität arbeitet – Kurzgeschichten, Collagen und Aphorismen. Der Autor findet darin einen ganz neuen Ton.
Mehrfach zog er sich den Zorn der linksliberalen Szene mit kulturpessimistischen bis reaktionären Essays zu. Den Auftakt machte 1993 der Beitrag „Anschwellender Bocksgesang“ im „Spiegel“, der ihm den Vorwurf von Nationalismus und intellektueller Brandstifterei eintrug. Im vorigen Jahr attackierte er in „Lichter des Toren“ Massengeschmack und den „Markt des breitgetretenen Quarks“ in der Literatur.
Doch Strauß wäre nicht der „Sonderling“, als den er sich selbst so stolz sieht, stünde er nicht zu seinen Thesen.