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WÜRZBURG
Bodo Wartke gibt Beknacktem Bedeutung
Bodo Wartke gibt Beknacktem Bedeutung       -  Bodo Wartke.
Foto: Frank Schwaiger | Bodo Wartke.
Alice Natter
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:08 Uhr

Halten wir fest: In ein Wohnzimmer passen locker 1000 Leute. Oder andersrum: Der etwas funktional-biedere Frankonia-Saal des Congress Centrum Würzburg kann tatsächlich wohlig warm und fast gemütlich wirken. Wenn Bodo Wartke, der Kabarettist am Klavier, nämlich Teppich, Stehlampe, Sessel und Zimmerpalme mit auf die Bühne bringt. Und, so wie am Samstag, Freunden und Fans und solchen, die es an diesem Abend bestimmt werden, neue Lieder vorspielt.

Tastenritte eines Klavierkavaliers

Halten wir auch fest: Bei dem Berliner, der mal zwei Semester Physik und zehn Semester Musik studiert hat, lernt man was fürs Leben. Zum Beispiel das: „Wer liebt riskiert zu leiden. Wer nicht liebt, leidet schon.“ Ja, die Liebe. Auf bewährte Weise widmet sich der Kabarettist mit den flinken Finger, der Pianist mit der flotten Zunge, Gefühlsbelangen und mehr oder weniger intensiven Begegnungen zwischen Mann und Frau. Als Kavalier-Kavallerie reitet er über die Tasten und huldigt mit dem tückischen Bach'sche Präludium Nr. 2 in c-moll einer wahrlich Leiden-schaftlichen Lebensgefährtin von einst . . .

Wie gut, dass der 40-jährige Alleinunterhalter, der so spitzbübisch lächeln kann, heute nicht mehr an Sehnenscheidenentzündung leidet („Soweit ich weiß, ich sie jetzt mit einem Informatiker zusammen.“) Gut deshalb, weil Bodo Wartke sonst nicht so innig, schön und verführerisch beweisen könnte, dass Blues deshalb Blues heiß, weil er irgendwie beim Öffnen der Bluse endet.

Nach der Pause: Musikunterricht! Am Beispiel der Zauberflöte belegt Wartke, dass es bei Opern – einer Musikgattung irgendwo zwischen Opa und Au-pair – besser ist, wenn die Sängern so nuscheln, dass man nichts versteht. Im Sessel sitzend trägt er stoisch Emanuel Schikaneders Originaltext der Rachearie vor. Was soll man sagen? „Ein belangloser, beknackter Text wird durch die Musik scheinbar bedeutungsvoll. Das Phänomen kennt man heute noch durch Helene Fischer.“

Wenn nur allen die Arbeit so viel Vergnügen bereiten würde

Halten wir auch fest: Bodo Wartke kann sehr ernst. Im gedimmten Licht macht er sich aus aktuellem Anlass Gedanken zum Zeitgeist und singt in einer Sozialballade ein Plädoyer auf Besonnenheit, Anstand, Demokratie, Gerechtigkeit und Vernunft. Zum Schluss dann das Lied, das Wartkes aktuellem Programm den Titel gibt: „Was, wenn doch?“ Wenn es doch geht, dass alle nur täten, was sie lieben? Wenn Vergnügen schon bei der Arbeit anfangen darf, so wie bei ihm?

Riesenapplaus im fast ausverkauften Wohnzimmer, Verzeihung: Saal. Und zwei grandios lustige Zugaben über Beatboxen und Insektensterben, bei denen Wartke seine ganze Musikalität (und Aggression) an einer Holzkiste auslässt. Dann noch ein Gute-Nacht-Lied. Stehlampe aus.

 
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