Jetzt ist er auch schon 75, Henning Venske, Urgestein der deutschen Kabarettgeschichte. Deshalb ist er zwar ein bisschen leiser geworden, aber keinesfalls milder. In Ehren ergraut, sitzt er im nur mäßig besetzten Würzburger Bockshorn in seinem schicken grauen Anzug an einem einfachen Holztisch und liest von einem Manuskript ab („Weil da die Buchstaben größer sind“) und nicht aus seiner soeben erschienenen Biografie „Es war mir ein Vergnügen“. Er vergleicht sie ganz nebenbei mit den Lebensläufen von Augustinus, Petrarca oder Goethe und sagt: „Hier wie da: kein Schweinskram.“
Mit einer ziemlichen Portion Selbstironie stellt er sich dem ganz alltäglichen öffentlichen Leben, in dem er mehr als genug findet, was er geißeln kann. Es sind meist Nadelstiche, die er setzt, aber so gemein, dass einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Beispiel Militär: Was ist schlimmer – von den Russen angegriffen oder von Frau von der Leyen verteidigt zu werden? Schließlich haben die Deutschen seit 140 Jahren keinen Krieg mehr gewonnen. Ist auch nicht möglich bei der Bundeswehr-Ausrüstung. Kann es sein, dass die Industrie da aus Profitgier Sollbruchstellen eingebaut hat, wie bei Toastern oder Kaffeemaschinen vermutet wird?
Ab und zu bedient sich Venske auch der Floskel-Sprache der „Nebelkerzen-Werfer in den Talkshow-Runden“. „Ich habe also keine Meinung, denn die Meinung ist der Untergang der Wahrheit. Stattdessen sage ich: Ich habe einen begründeten Standpunkt. Die Politiker dagegen sagen zu diesem oder jenem Problem: Ich möchte mit Nachdruck behaupten. Es gibt keine einfache Lösung.“ Wie er überhaupt wenig von Politikern hält. Den Bundespräsidenten nennt er „einen nachhaltigen Weihrauch-Puper“.
Den Medien wirft er einseitige Berichterstattung vor, zum Beispiel im Konflikt der Russen mit der Ukraine, und erinnert daran, was die deutsche Armee 1941 auf der Krim getrieben hat (14 000 Tote). Zum Lokführer-Streik sagt er: „Es wird noch viel zu wenig gestreikt. Die Pflegekräfte sollten das mal tun für eine vernünftige Entlohnung. Aber den Arbeitgebern ist am liebsten, dass die Menschen nehmen, was der Chef gibt, und sonst das Maul halten.“
Als es zum Schluss, nach zwei Stunden Austeilen in alle Richtungen, trotzdem viel Beifall gibt, verabschiedet Venske sich so: „Sie sind liebenswürdiger als ich.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.