Sie gleicht den Erzählungen, die in Deutschland jeder seit Schulzeiten kennt. Es geht um Willkür, Brutalität, Menschenverachtung und Tod. Und doch ist die Geschichte von Vann Nath ganz anders. Denn der Mann aus dem kambodschanischen Battambang überlebte das Grauen durch einen außergewöhnlichen Umstand: Er malte sich um seinen Tod. So überstand er das Regime der Roten Khmer, dem Schätzungen zufolge 1,7 Millionen Menschen zum Opfer fielen.
In „Ich malte um mein Leben“ erinnert sich Nath an seine Zeit im Todeslager S-21 in Phnom Penh. Dort sollen zwischen 12 000 und 20 000 Menschen ermordet worden sein. „Meine Geschichte ist die surreale, bizarre Geschichte von Millionen Menschen, die hemmungslos und ohne ein Gerichtsurteil von ihrer Regierung massakriert wurden.“
Vann Nath ist kein großartiger Schreiber. Seine Ausdrucksstärke liegt in seinen Bildern. Drum tritt der Schrecken der Gefangenenzeit viel stärker in Gemälden hervor, die im Buch enthalten sind. 2012 stellte sie auch die documenta in Kassel aus. Nath selbst war im Jahr zuvor an den Folgen einer schweren Nierenerkrankung gestorben.
Nath verbrachte ein Jahr im Todeslager S-21. Erst als Todeskandidat gelistet, legten ihn die Wärter mit anderen Künstlern zusammen. Er wurde beauftragt, Porträts von Pol Pot zu malen, dem „Bruder Nr. 1“ der Roten Khmer. Hätten seine Bilder den Wärtern missfallen, wäre er mit großer Sicherheit auf einem der vielen Lkw gelandet – Endstation Massengrab. Doch Naths Porträts gefielen. So lebte er noch, als die vietnamesische Armee 1979 die Roten Khmer vertrieb. Als Nath einen der Wärter wiedertraf, wollte er nur Antworten, keine Rache. Genau das ist es, was am meisten hängen bleibt: Vann Naths Erhabenheit über den Drang nach Vergeltung.
Vann Nath: Ich malte um mein Leben (Brandes & Apsel 160 S., 17,90 Euro)