Sie war Ulrike Meinhof in Christof Roths Film „Baader“, die Prostituierte Rosa in Dominik Grafs „Hotte im Paradies“ und die Klara in dem TV-Zweiteiler „Die Wüstenrose“. Ihr Handwerk hat Birge Schade, 46, am Theater gelernt. Mit dem Stück „Licht im Dunkel“ geht sie nun erstmals auf Tournee und gastiert am 13. und 14. März im Theater der Stadt Schweinfurt. Broadway-Autor William Gibson bringt mit eine Episode aus dem Leben der berühmten US-Schriftstellerin Helen Keller (1880-1968) auf die Bühne. Keller verlor im Alter von 19 Monaten durch eine Hirnhautentzündung Augenlicht und Gehör. Schade spielt Kellers Lehrerin Anne Sullivan (1866-1936), der es mit viel Geduld gelang, durch eine Fingersprache Helens Isolation zu durchbrechen und Licht in das bisher dunkle Leben des Kindes zu bringen. Ein Gespräch mit Birge Schade über Kakteen, Taekwondo und Isolation.
Birge Schade (lacht): Kann ich Ihnen gar nicht sagen. Also ich habe jetzt gar nichts gegen Kakteen im Allgemeinen, es ist nicht so, dass ich irgendwo Kakteen sehe und „Oh, grässlich“ sage. In der freien Natur, bitteschön . . . Aber ich mag sie nicht in meiner Wohnung haben.
Schade: Ich hab' gar nicht so viele Pflanzen in meiner Wohnung. Ich habe Pflanzen in meinem Garten, im Sommer auf der Terrasse. In der Wohnung habe ich höchstens mal Schnittblumen oder so.
Schade (lacht): Der Kampf findet häufiger statt. Da gibt es ganz viele Sachen . . . Wenn ich weiterschlafen möchte anstatt aufzustehen oder . . .
Schade: Genau, deshalb ist es meistens doch so, dass der Schweinehund dann besiegt wird.
Schade: Schwarz. Ich bin Meister. Erster Dan.
Schade: Einen Stapel Fließen habe ich noch nicht ausprobiert. Aber Holzbretter (lacht).
Schade: Das hat auch ein bisschen was mit dem Kampf gegen den inneren Schweinehund zu tun, sozusagen. Ein bisschen Grenzen ausloten. Gucken, was man sich zutraut.
Schade: Stimmt, das ist mir aber zu langweilig. Das habe ich auch probiert. Ist nicht so meins, da langweile ich mich schnell.
Schade: Es ist mir zu eintönig. Immer dasselbe. Ich habe nie diese Euphorie empfinden können, die andere Leute dabei empfinden. Was mir am Taekwondo so gefällt, ist, dass auch der Kopf beansprucht wird, und zwar in dem Sinne, dass ich jetzt nicht nur mein Bein hebe, um meinen Beinmuskel zu trainieren, sondern weil es einen ganz bestimmten Grund hat, warum ich diesen oder jenen Kick ausführe. Dass ich dabei auch noch meinen Beinmuskel trainiere, ist da eher der Nebeneffekt. Es ist eine bestimmte Art der Konzentration, die mir gut gefällt, weil dann wirklich kein Raum da ist, an irgendwas anderes zu denken. Ich krieg' da immer ganz gut meinen Kopf wieder frei von Dingen, die mich beschäftigen. Da tut mir diese Stunde oft gut, nicht nur körperlich.
Schade: Ich finde schon. Ich mache das nun ja auch schon recht lange, habe im Winter '98 damit angefangen, ist ja nun doch schon eine Weile.
Schade: Man muss vor allem dranbleiben. Andere machen ihre Schwarzgurtprüfung auch schon in kürzerer Zeit. Wenn man immer regelmäßig und ordentlich trainiert, kann man das auch in fünf, sechs Jahren schaffen. Aber ich hatte auch immer wieder Ausfallzeiten, wo ich nicht so viel trainieren konnte. Ich habe mir mal das Knie verletzt, dann habe ich ein Kind gekriegt. Wenn man dann nicht weitermacht, dann erreicht man den Schwarzgurt natürlich nie. Wenn man aber dranbleibt, kann man das schaffen.
Schade: Ich bin jetzt nicht vom Ehrgeiz zerfressen. Man könnte vielleicht sagen: Was ich einmal angefangen habe, das mache ich auch zu Ende. Wobei . . . Das klingt auch schon wieder so rigoros. Es ist jetzt nicht so, dass ich nicht schon auch das eine oder andere Mal irgendwas angefangen und dann vielleicht nicht zu Ende gebracht habe . . . Aber generell bin ich schon ein Mensch, der nicht so schnell aufgibt.
Schade: Ja, kann man so sagen. Es ist schon ein Schicksal, das einen ziemlich mitnimmt. Aber es ist ja auch eine schöne Geschichte, weil „Licht im Dunkel“ ja auch davon handelt, dass jemandem eine Welt eröffnet wird. Und da es ja eine wahre Begebenheit ist, da es sich um ehemals real existierende Personen handelt, finde ich das Stück umso faszinierender.
Schade: Dass diese beiden Sinne abhanden gekommen sind . . . als normal sehender und hörender Mensch möchte man sich tatsächlich gar nicht vorstellen, was für eine Isolation das bedeutet und was für eine Einsamkeit. Da dann so einen Durchbruch zu erreichen, die Welt zu begreifen, zu begreifen, dass man die Sprache, die Sprache als System, verstehen lernt, dass es jemand schafft, das einem beizubringen, das ist natürlich eine ganz große Befreiung. Deshalb ist es für mich als jemanden, der mit Sprache ganz viel zu tun hat und dem die Sprache ganz arg am Herzen liegt, umso interessanter, diese Rolle zu spielen. Es geht ja nicht nur um die Beziehung von der Lehrerin zum Kind, sondern darüber hinaus auch darum: Was ist Sprache? Sprache ist das Tor zur Welt, und es ist so wichtig, dass allen Kindern der Zugang gewährt wird zu einer ordentlichen Sprache, oder möglichst noch zu mehreren, das wäre natürlich noch besser.
Schade: Ich bin schon ein optischer Mensch, aber gleichzeitig bin ich natürlich auch ein hörender Mensch. Und ich glaube tatsächlich, dass einen das Nichthörenkönnen vielleicht noch mehr isoliert von der Außenwelt als das Nichtsehenkönnen.
Birge Schade in Schweinfurt
Die Schauspielerin, geboren am 7. Februar 1965 in Wilster, Schleswig-Holstein, absolvierte nach einer Ballettausbildung die Schauspielschule am Schauspiel München. Sie spielte am Münchener Residenztheater und in der Bremer Shakespeare Company. Ihr Filmdebüt gab sie 1988 als „Fanny“ in Joseph Vilsmaiers „Herbstmilch“. Sie spielte auch in „Jenseits der Stille“ von Oscar-Preisträgerin Caroline Link. Immer wieder sieht man sie in Fernsehserien wie „Elvis und der Kommissar“, „SOKO Köln“ und vielen anderen. Im Kino war sie zuletzt in „Männerherzen“ dabei, im März 2012 wird „Die Räuberin“ von Markus Busch mit Schade in der Hauptrolle ins Kino kommen. Den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie „Beste Schauspielerin Nebenrolle“ erhielt sie 2005 für ihre Rollen in „Hotte im Paradies“, „Katzenzungen“ und „Delphinsommer“. Am 6. November 2006 brachte „Der Tagesspiegel“ die Falschmeldung in Umlauf, Schade, damals im neunten Monat schwanger, hätte sich mit Schlaftabletten das Leben genommen. Das Blatt war einer gefälschten E-Mail aufgesessen, ein Hacker war in das Computersystem von Schades Agentur eingedrungen und hatte die Falschmeldung verschickt. Darüber reden will Schade heute nicht mehr, „weil es zu lange her und nur sehr nervig ist“. Schade ist mit dem Jazzmusiker Max Hacker verheiratet, mit dem gemeinsamen Sohn lebt das Paar in Berlin. Mit dem Stück „Licht im Dunkel“ geht Schade nun erstmals auf Theatertournee. Dabei gastiert sie am 13. und 14. März (jeweils 19.30 Uhr) im Theater der Stadt Schweinfurt. Karten unter Tel. (0 97 21) 5 14 75 oder 5 10.