Cecilia Bartoli“, sagt Christian Kabitz und denkt sich die Mezzosopranistin als Dorabella. „Dann Camilla Nylund als Fiordiligi und Jonas Kaufmann als Ferrando.“ Wie ein Fußballfan seine Ideal-Elf, stellt der Künstlerische Leiter des Würzburger Mozartfestes seine Traumbesetzung für Mozarts „Cosi fan tutte“ zusammen. Als Orchester für eine Aufführung im Kaisersaal der Residenz lässt er das Balthasar-Neumann-Ensemble oder das Chamber Orchestra of Europe antreten. „Eine eigenständige, toll besetzte, selbst gemachte Opernproduktion, die den Namen Mozartfest trägt – das wäre mein ganz großer Traum gewesen“, sagt Kabitz rückblickend auf die letzten fünf Jahre. Am 31. August läuft sein Vertrag als Leiter des Festivals ab. Seine Nachfolgerin wird Evelyn Meining, die zuvor Programmdirektorin beim Rheingau Musikfestival war (wir berichteten).
Der Wechsel bedeutet einen Einschnitt in der Geschichte des ältesten deutschen Mozartfestes. Meining wird den Rang einer Intendantin bekleiden. Bislang standen beim Mozartfest Künstlerische Leiter am Ruder. Die konnten sich dem Festival nur nebenbei widmen. Hauptberuflich waren sie Generalmusikdirektoren oder Theaterintendanten und hatten schon in diesen Funktionen genug zu tun. Christian Kabitz fungierte weiterhin als Kirchenmusikdirektor an St. Johannis, leitete drei Chöre in drei Städten, organisierte die Würzburger Bachtage. Evelyn Meining hat künftig keine anderen Aufgaben, wie Muchtar Al Ghusain auf Anfrage bestätigte. Mit der Aufwertung wolle man das Mozartfest stärken, so der Würzburger Kulturreferent.
Der scheidende Christian Kabitz bedauert das Ende seines Engagements als Mozartfest-Leiter. Allerdings: Eine Intendanz hätte er nicht übernehmen können, sagt er, denn: „Dann hätte ich alles andere aufgeben müssen.“ Und das möchte der 63-Jährige nicht. Der gebürtige Nürnberger, der (nicht nur) Opern komponiert und inszeniert hat, der mit „Rock meets Classic“ Erfolg feierte und mit Kinderkonzerten in der Frankfurter Alten Oper, der auch schon als Würzburger Theaterintendant im Gespräch war (worüber er heute lacht), er braucht die Vielfalt.
Das ehrgeizige Projekt der eigenen Oper im Kaisersaal sei an der Realität gescheitert, sagt Kabitz: „Der Kaisersaal ist bis 18 Uhr für Besucher offen. Das heißt, Sie können da tagsüber nicht proben.“ Dass er nicht alles verwirklichen konnte, was er sich vorgenommen hatte, sei normal. Die eine oder andere Vision sei auch „schlichtweg am Geld“ gescheitert. Kein Grund für den Positiv-Denker, Trübsal zu blasen, denn: „Ich denke, ich habe eine ganze Menge verwirklichen können.“ Gelungen ist ihm, mit dem Mozart-Tag das Festival mit kostenlosen Konzerten an verschiedenen Stellen in der Stadt präsenter zu machen, Er hat, ein großes Anliegen von ihm, die Kinderkonzerte ausgebaut. Mit „Breakin' Mozart“ in der s.Oliver Arena – Schweinfurter Breakdancer tanzten zu Klängen des Salzburger Genies – hat er neue Publikumsschichten erreicht: „Da waren 1500 Leute zwischen vier und 90 Jahren. Und alle waren begeistert“, freut sich Kabitz.
„Zeitgemäße Mozart-Interpretationen in allen Facetten“ wolle er zeigen, hatte Christian Kabitz vor seinem Amtsantritt dieser Zeitung gesagt. Von einem „Aufmarsch der sogenannten Stars“ halte er wenig. So ist das Aufkommen an Top-Solisten beim Mozartfest auf dem gleichen Niveau geblieben wie vor der Kabitz-Zeit. Wo der Kissinger Sommer ein gutes halbes Dutzend aufbringt, bietet das Mozartfest einen oder zwei. Heuer war Rudolf Buchbinder der bekannteste Interpret.
Doch ausgerechnet das Engagement des Star-Pianisten sorgte bei Christian Kabitz für Verärgerung. Buchbinder spielte mit den Bamberger Symphonikern zweimal in Würzburg. Die teuerste Karte im Kaisersaal kostete 120 Euro. Tags zuvor hatte man das identische Konzert mit den identischen Interpreten in Schweinfurt hören können. Teuerste Karte: 35 Euro.
Ein Mozartfest-Konzert als Verlängerung eines Schweinfurter Konzert-Abos? Nicht gut fürs Image. Ein Festival braucht Exklusivität – mindestens in der Region. Das findet auch Christian Kabitz, aber: „Wir können mit den Bambergern keine Exklusivverträge abschließen.“ Es ist dies wohl auch eine jener Realitäten, an denen Visionen scheitern. Beschwert habe sich über die unfreiwillige Konkurrenzsituation mit Schweinfurt aber niemand, tröstet sich der Mozartfest-Leiter. Zudem seien beide Buchbinder-Konzerte ausverkauft gewesen (das war der Schweinfurter Termin übrigens auch).
Mit den Zuschauerzahlen hat das Würzburger Mozartfest generell wenig Probleme. Die Auslastungszahl lag von 2009 bis 2013 – in der Kabitz-Zeit – bei 90 bis 93 Prozent, wie auch in den Jahren zuvor. Die Gesamtbesucherzahl schwankt, je nachdem, wie viele der Nachtmusiken im Hofgarten das Wetter zulässt. Für 2013 meldet das Mozartfest „über 22 500 Zuhörer“, rund 3000 Zuhörer kostete die wegen Regens in den Saal verlegte erste Nachtmusik. Beim Kissinger Sommer liegt man mit der Auslastung ähnlich, hat allerdings insgesamt mehr Besucher. Denn der Max-Littmann-Saal im Regentenbau fasst über 1000 Zuhörer. In der Residenz – Hauptveranstaltungsort des Würzburger Mozartfestes – gibt es im Kaisersaal 400 Plätze, im benachbarten Weißen Saal 300.