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FERNSEHEN
Begnadetes Blödelduo: "Die 2"
In Serie: In einer Reihe von Artikeln beschäftigen wir uns feuilletonistisch mit alten und neuen Fernsehserien. Heute: „Die 2“ oder Roger Moore und Tony Curtis als ebenso ungleiches wie schnoddrig-witziges Paar.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 23.02.2015 13:10 Uhr

Hallo, Sie Schmusebacke, würden Sie Ihren Kachelofen freundlichst beiseitestellen? Man möchte passieren!“ Die ersten Worte überhaupt, die Danny Wilde an Brett Sinclair richtet. Unter Fans sind sie legendär. In dieser sozusagen schicksalhaften Szene am Flughafen von Nizza treffen zwei Männer höchst unterschiedlicher Herkunft, aber höchst kompatibler Neigungen aufeinander – zwei Alphatiere mit Hang zum Hedonismus, zu Luxus, zu Lebenslust: Danny Wilde ist in der Bronx geboren und hat es zum Multimillionär gebracht. Hat alles verloren und wieder alles gewonnen. Brett Sinclair ist englischer Lord, sitzt auf altem Geld und alten Gütern. Danny Wilde ist mit dem vollkommen verantwortungslosen Spieltrieb eines Labrador-Welpen ausgestattet, Lord Sinclair umgibt die Aura einer verschnupften viktorianischen Gouvernante. Vorausgesetzt, er stellt nicht gerade einer Bikini-Schönheit nach.

Das nämlich verbindet Danny Wilde und Brett Sinclair: die nicht ermüdenwollende Begeisterung für das andere Geschlecht. Und für Drinks. Diese konsumieren die beiden – zunächst jeder für sich – vorzugsweise an der Côte d'Azur. Und kommen einander dabei in die Quere: Brett Sinclair hat seinen bemerkenswert hässlichen Aston Martin (in „Bahamagelb“) angehalten, um ein paar ausnehmend hübsche Anhalterinnen abzusetzen, Danny Wilde kommt mit seinem Ferrari nicht vorbei. Es folgt ein mäßig halsbrecherisches Wettrennen über die Corniche nach Monte Carlo, ein eher linkisch inszenierter Faustkampf, bei dem die beiden eine Hotelbar zerlegen, und schließlich die Begegnung mit einem geheimnisvollen pensionierten Richter, der sie per Erpressung (schließlich drohen ob der vorangegangenen Verstöße empfindliche Haftstrafen) dazu bringt, fortan gemeinsam für ihn mysteriöse Verbrechen aufzuklären. Ein weiteres Odd Couple, ein ungleiches Paar, ist geboren. In diesem Fall ein begnadetes Blödelduo.

Dass der Richter sich an ausgerechnet diese beiden wendet, hat rein dramaturgische Gründe: Danny Wilde und Brett Sinclair tappen in so ziemlich jede offensichtliche Falle, die ihnen irgendein Bösewicht stellt, verfügen über überschaubare physische Qualitäten und sind überdies nicht auffällig scharfsinnig. Aber irgendwie lösen sie dann eben doch jeden Fall, so abstrus der auch sein mag.

Natürlich ist „Die 2“ keine Krimiserie. Im Original heißt sie „The Persuaders“ – also „Die Überzeuger“. Besser vielleicht: „Die Rumkrieger“. Was wiederum auch ein wenig irreführend ist, denn die vielen steilen Zähne, die da über den Bildschirm wackeln und gern mal mit einem „Hallöchen Popöchen“ gegrüßt werden, sind nur flüchtige Staffage. Zur Sache geht es nie. Auch wer wann warum was (im kriminalistischen Sinne) angestellt hat, ist nicht wirklich wichtig.

In der britischen Serie von 1971/72 geht es einfach nur darum, die beiden Hauptfiguren in Szene zu setzen: Roger Moore (Brett Sinclair), Jahrgang 1927, ist als Simon Templar zwar eine Berühmtheit, hat es bis dahin aber nicht geschafft, vom Fernsehen ins Kino zu wechseln. Das wird ihm erst nach „Die 2“ als James Bond gelingen, den er zwischen 1973 und 1985 siebenmal spielt. Tony Curtis (1925–2010) ist dagegen eine echte Legende, auch wenn ihm seit Billy Wilders Geniestreich „Manche mögen's heiß“ von 1959 nicht mehr viel Herausragendes gelungen ist.

„Die 2“ spielt dank üppiger Budgets in Südfrankreich und in England. Die Helden fahren teuerste Autos und tragen die allerneuesten Klamotten. Die – das muss man allerdings sagen – aus heutiger Sicht nichts weniger als scheußlich sind. Die taillierten Hemden über den Bauchansätzen der beiden Mittvierziger sind da noch das wenigste. Danny Wilde trägt einmal eine Lammfelljacke, die so unvorteilhaft ist, dass sie ernsthaft vom restlichen Geschehen ablenkt. Brett Sinclairs Anzüge haben Revers, so breit wie Gehsteige, und als er einmal eine besonders grauenvolle rosa Krawatte abnimmt, um damit zwecks Flucht aus misslicher Lage einen Flaschenzug zu basteln, empfindet der Zuschauer dankbare Erleichterung.

Doch auch auf die Mode kommt es nicht an. Im Original lebt die Serie vom unterschiedlichen Temperament der Helden und vom Gegensatz zwischen Moores Oberschicht-Genuschel und Curtis' breitem Bronx-Akzent. Der Wortwitz ist um einiges feiner (manche sagen biederer oder gar langweiliger) als in der deutschen Synchronfassung, die sehr bereitwillig immer wieder die Grenze zum Pubertären überschreitet. Wohl deshalb ist die Serie vor allem in Deutschland, wo sie bereits ab Juli 1972 im ZDF läuft, ein Riesenerfolg – vor allem bei Jungs der Jahrgänge 1960 und älter, die einander tags darauf in der Schule die besten Sprüche um die Ohren hauen. Und die bis heute unerschütterliche Fans sind, auch wenn dem einen oder anderen bei einer der gelegentlichen Wiederholungen etwa auf ZDFneo durchaus auffällt, dass auch der Witz von „Die 2“ inzwischen Patina angesetzt hat. Damals aber muss die Serie wie ein frischer Wind durch das ZDF – ausgerechnet das ZDF! – gefegt sein. Wer „Die 2 Sprüche“ googelt, wird augenblicklich auf viele liebevoll gestaltete Homepages stoßen, die dem Mythos von Danny Wilde und Brett Sinclair huldigen.

Rainer Brandt, Schüler des Kabarettisten Wolfgang Neuss, der auch den Danny Wilde sprach, gilt demnach als Erfinder von Sprachschöpfungen, die längst Aufnahme in den deutschen Sprachschatz (wenn man denn von einem Schatz reden will) Eingang gefunden haben. Beispiel: „Ich glaub’, mich tritt ein Pferd“. Danny Wilde ist das personifizierte Subversive, den ehrpusseligen Lord spricht er gerne als „Euer Durchlocht“, „Merkwürden“ oder „Durchschlaucht“ an. Das ist aus heutiger Sicht nicht mehr übermäßig originell – vermutlich aber gerade weil die Sprüche aus „Die 2“ längst Teil des kollektiven deutschen Gedächtnisses geworden sind.

Tony Curtis war so begeistert von Rainer Brandts Sprachspielereien, dass er ihn bat, die Drehbücher für Staffel 2 zu schreiben. Eine solche aber wurde nicht gedreht. 24 Folgen „Die 2“ müssen reichen, um die Legende am Leben zu erhalten.

Lesen Sie in der nächsten Folge: „Dr. Who“ oder Zeitreisen per Telefonzelle.

Brett Sinclair und Danny Wilde wortwörtlich

„Die 2“ in der deutschen Synchronfassung lebt von den schnoddrigen Sprüchen der Hauptdarsteller, vor allem von Danny Wilde. Autor der meisten Wortschöpfungen, von denen viele Eingang in den deutschen Sprachschatz fanden, war Rainer Brandt. Eine kleine Auswahl:

„Hoffentlich halten wir mit den Sprüchen die ganze Folge durch.“

„Ich werde die Fans schon kleinkriegen. Übrigens: Du musst in der letzten Folge was gesagt haben, da hat einer ans ZDF geschrieben.“

„Ab heute wird nicht mehr getrunken, aber auch nicht weniger.“

„Der hat so viele Millionen wie ich Haare im Toupet.“

„Ach, Cannes, kann es warm sein, kann es kalt sein, kann es schön sein, Hauptsache man kann es!“

„Da steigen mir die Tränen unter den Scheitel.“

„Da schlagen ja die Flämmchen aus der Hose, wie beim Sodbrennen.“

„Damit will ich ein paar Fische überreden, an Land zu kommen.“

„Daniel, würdest Du bitte mal nach Gießen – Ihr müsst jetzt alle lachen, ich habe nämlich falsch betont, es muss heißen: nachgießen!“

„Mir schwellt da eine Frage im Gebeiß!“

„Schöne Tapete haben Sie an. Selbst gemalt?“

„Euer Lordsiegelverkleber haben so 'n Dampf in der Bluse – wohl Kohl gegessen, was?“

Danny zu einem Langhaarigen: „Äh, zum Friseur geradeaus rechts.“

„Ich bewundere, wie Du so ohne Butler aufs Töpfchen gehst.“

„Der macht nur 160 Sachen, da schalte ich bei meinem gerade mal in den Ersten.“

„Du musst jetzt etwas schneller sprechen, Lordchen, sonst bist Du nicht mehr synchron!

„Es war mit ein entsetzliches Vergnügen.“

„Ich kann alles vertragen, nur keine Kritik.“

Quelle: Diverse Fanseiten im Internet

 
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