Beatrice von Weizsäcker erklärt in ihrem Buch „JesusMaria“, warum Jesus von Nazareth zu Frauen ein besonderes Verhältnis hatte Die Tochter des Ex-Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, Jahrgang 1958, ist promovierte Juristin, Publizistin und Mitglied des Evangelischen Kirchentagspräsidiums.
Beatrice von Weizsäcker: Von jeher stand Jesus, der Mann, im Mittelpunkt der Auslegung der Bibel. Jesus trug aber auch weibliche Züge in sich, so in seinem stärksten Gebot, der Nächstenliebe. Nächsten- und auch Feindesliebe sind eher weibliche Tugenden.
von Weizsäcker: Jesus ist nicht weiblich. Er hatte ein anderes, damals neues Verhältnis zu Frauen. Er redete mit ihnen in der Öffentlichkeit. Er berührte sie, nahm sie ernst. Diese Erkenntnis ist nicht neu, sie wird nur ungern genannt. Mit der unsinnigen Debatte über „die Gott“ hat das nichts zu tun.
von Weizsäcker: Natürlich können Männer diese Eigenschaften haben. Überwiegend werden diese Tugenden aber eher Frauen zugerechnet. Mir ist wichtig, dass sie nicht Schwäche, sondern Stärke zeigen. Diese Eigenschaften zeugen von einem starken Charakter, weil sie aus dem Herzen kommen und nicht von Hormonen erzeugt werden.
von Weizsäcker: Ich finde den lautstarken Revolutionär und den stillen Gottessohn großartig. Die meisten Frauen reagieren eher auf das „Stille“, nicht das „Lautstarke“. Stille ist weniger bedrohlich, kommunikativer, sicherer.
von Weizsäcker: Jesus ist mir ein unbedingtes Vorbild. Aber ich glaube nicht an seine leibhaftige Auferstehung, wie sie im Glaubensbekenntnis beschrieben ist. Ich glaube, dass Jesus von göttlichen Gedanken geprägt war, aber nicht, dass er Gottes leibhaftiger Sohn war, gottgleich, gottähnlich, wie auch immer. Wie hätte das gehen sollen: halb Mensch, halb Gott? Ich glaube an die Ewigkeit, aber nicht an die buchstäbliche Auferstehung nach dem Tod.
von Weizsäcker: Schon etliche Frauen aus dem Alten Testament zeigten, was in ihnen steckt: Mut, Unerschrockenheit, Tapferkeit. So Schifra und Pua, die mit einer List den männlichen Nachwuchs der Israeliten retteten. Oder im Neuen Testament Martha von Bethanien, die unerbittlich um das Leben ihres Bruders Lazarus kämpfte. Mir ist es wichtig, Frauen aus der Bibel sichtbar zu machen.
von Weizsäcker: Eine Lieblingsstelle vieler Männer, die keine Frau an ihrer Seite suchen, sondern ein Weibchen. Da halte ich es lieber mit Paulus im Brief an die Galater (3, 26, 28): „Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus . . . Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.“
von Weizsäcker: Besser als bei Katholiken, aber verbesserungswürdig. In Spitzenpositionen finden Sie wenige Frauen, an der Basis, wo es ums Kümmern geht, überall.
von Weizsäcker: Großartige Frage! Großartige Utopie! Ich bin jetzt 56 und werde das sicher nicht mehr erleben, so sehr ich es meinen katholischen Freundinnen auch wünsche. Wenn es der katholischen Seite gelänge, Frauen mehr Verantwortung zu überlassen, wäre das ein wichtiger Schritt in Richtung Ökumene. Letztlich ist es ein Rätsel, dass wir so weit auseinanderliegen.
von Weizsäcker: Eindeutig ja. Meiner Beobachtung nach treten die meisten Menschen nicht aus Glaubensgründen aus, sondern aus anderen: Jüngstes Beispiel ist die Kirchensteuer, wie Erhebungen zeigen. Sie gehen wegen Verfehlungen in der Kirche.
von Weizsäcker: Gott ist weder männlich noch weiblich. Das Gottesbild aber ist männlich dominiert. Das muss sich ändern. Vor Gott sind Frauen und Männer gleich.
von Weizsäcker: Bis erfüllt ist, was gesagt ist: „Hier . . . ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.“ Gott macht keine Unterschiede.
Beatrice von Weizsäcker: JesusMaria. Christentum für Frauen (Piper Verlag, 288 Seiten, 19,99 Euro)