Dass das Erdloch, in dem sich der irakische Diktator Saddam Hussein im Irak-Krieg 2003 versteckte, einmal ein Kunstwerk werden würde, war nicht zu erwarten. In der Zweigstelle der Kunstsammlung NRW im Düsseldorfer Ständehaus (K21) kann man derzeit einen Nachbau des Verstecks von dem Schweizer Künstler Christoph Büchel sehen. Allerdings hat Büchel den Bau auf Stahlträger gesetzt. Um einen Blick hinab in das enge Loch zu werfen, muss man zunächst eine Leiter hochklettern.
„Unter der Erde. Von Kafka bis Kippenberger“ heißt die Ausstellung im K21, die ein Beitrag zu der bis August laufenden Düsseldorfer Quadriennale ist. In Bunker, Höhlen, Keller, Tunnel und Abwasserkanäle führt die Schau mit Werken von 14 Künstlern, wobei der Bezug zum Quadriennale-Motto „Über das Morgen hinaus“ sich auf den ersten Blick nicht aufdrängt. Das spielt aber auch eigentlich keine Rolle, denn faszinierend ist die künstlerische Unterwelt, in die der Besucher im weitgehend fensterlosen Untergeschoss des K21 entführt wird, allemal.
Verstörende Erzählung
„Ich habe den Bau eingerichtet, und er scheint wohlgelungen. Von außen ist eigentlich nur ein großes Loch sichtbar, dieses führt aber in Wirklichkeit nirgends hin . . .“, so beginnt Franz Kafkas „Der Bau“, geschrieben aus der Sicht eines paranoiden Tieres. Die verstörende Erzählung ist der Ausgangspunkt der Ausstellung und wird dem Besucher zusammen mit der Eintrittskarte in die Hand gedrückt.
Man muss sich im Keller des K21 auf einige unheimliche Installationen von Gegenwartskünstlern gefasst machen. Dazu gehört zum Beispiel Gregor Schneiders „Kinderzimmer“ mit niedriger Decke und rosa gestrichenen Wänden. Das Zimmer ist nur durch ein Abflussrohr zu betreten, eine rosa bezogene Matratze liegt auf dem Boden. Die Installation ist eine Erinnerung an Häuser in verlassenen Dörfern im Braunkohlegebiet Garzweiler. Doch man denkt sofort an Josef Fritzl, der seine Tochter jahrelang in einem Keller gefangen hielt.
Thomas Schüttes Zeichnungen von Stollen- oder Bergwerkseingängen mit Losungen wie „Haut ab!“ oder „Macht's gut“ werden seinen Bunkermodellen gegenübergestellt, die bei näherem Hinsehen nachgebildete Körperöffnungen sind. Bedrückend sind Henry Moores Zeichnungen aus den Londoner U-Bahnschächten im Zweiten Weltkrieg, in denen die Menschen vor den deutschen Luftangriffen Schutz suchten. Sie vermitteln den Eindruck von Massengräbern.
Schaudern und Schrecken
Max Ernsts surrealistische Bilder zeigen unter einem blauen Himmel einen Fantasie-Wald, der ebenso gut aus Stalagmiten in einer Tropfsteinhöhle bestehen als auch eine pflanzliche Unterwasserwelt darstellen könnte. Thomas Demands „Die Grotte“ erscheint wie das perfekte Foto einer echten Höhle, ist aber das digitalisierte Modell einer Grotte, für deren Nachbau der Künstler rund 30 Tonnen Papier verbrauchte – ein gigantisches Projekt.
Schaudern und Schrecken lösen viele der mysteriösen künstlerischen Abgründe aus. Der Schweizer Büchel, der Saddams Erdloch nachbaute, hat einen neuen Plan: Er will eine echte Boeing in der Wüste Nevadas in der Erde vergraben.