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SCHWEINFURT
Auktion mit Gemälden der Sammlung Georg Schäfer
Sammlung Georg Schäfer: In einer vierten Auktion seit 1999 kommt am Donnerstag ein weiterer Ausschnitt der bedeutendsten Privatsammlung deutscher Kunst des 19. Jahrhunderts unter den Hammer.
„Kinderständchen“ von Arnold Böcklin.
| „Kinderständchen“ von Arnold Böcklin.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:00 Uhr

Wie riesig die Kunstsammlung des Schweinfurter Industriellen Georg Schäfer (1896–1975) einst tatsächlich war, lässt sich ermessen, wenn man zusammenzählt, wie viele Werke daraus versteigert werden konnten, ohne die Qualität der Sammlung als solche zu beeinträchtigen. Rund 1300 Objekte gingen 1999, 2000 und 2005 bei Auktionen in München und Düsseldorf über den Tisch. Nun steht eine vierte bevor: Am Donnerstag, 29. Oktober, kommen bei Neumeister in München ab 18 Uhr 105 weitere Gemälde aus dem 18. bis 20. Jahrhundert unter den Hammer.

Bei Georg Schäfers Tod lag die Zahl der Ölgemälde, Aquarelle, Gouachen und Zeichnungen laut Katalog „im oberen vierstelligen Bereich“. Die Kollektion gehört damit zu den bedeutendsten Privatsammlungen, mehr Spitzwegs gibt es nirgends auf der Welt. Der Erlös der Auktionen 1999 und 2000, rund 17 Millionen D-Mark, floss in das Kapital der Sammlung-Dr.-Georg-Schäfer-Stiftung, die daraus zum Unterhalt des Museums Georg Schäfer beiträgt. Vor allem aber ist die Stiftung Eigentümerin des Kerns der Sammlung: Etwa 900 Gemälde und 4000 Zeichnungen, Aquarelle und Gouachen hatten die Kinder Georg Schäfers 1997 darin eingebracht. Diese Arbeiten bilden den – unverkäuflichen – Bestand des 2000 eröffneten Museums.

Der Rest der Sammlung blieb in Familienbesitz und hat mit dem Museum nichts zu tun. Laut Fritz Schäfer, Sohn von Georg Schäfer und Vorstandsvorsitzender der Stiftung, stammt das Konvolut, das am Donnerstag versteigert wird, aus dem Nachlass seines 2009 gestorbenen Bruders Georg.

Als Georg Schäfer senior in den 1950er– und 1960er-Jahren sammelt, ist das 19. Jahrhundert nicht gerade in Mode. Die Menschen der Nachkriegs- und Wirtschaftswunderjahre richten den Blick nach vorn, die Kunstwelt ringt um Anschluss an die während der NS-Zeit verfemte und verbotene Moderne. Doch spätestens mit der Wiedereröffnung der Alten Nationalgalerie auf der Berliner Museumsinsel im Jahr 2001 ist die Wiederentdeckung von Romantik und Biedermeier vollzogen – eine Entwicklung, die sich schon bei der Schäfer-Auktion 1999 überdeutlich abgezeichnet hat.

Neumeister bringt damals alle 321 Lose an den Mann – „ein einzigartiger Vorgang“, wie es heißt. Mehr noch: Die meisten Bilder gehen für ein Vielfaches des Schätzpreises weg. Arbeiten von Carl Rottmann, Carl Blechen oder Johann Georg von Dillis erlösen jeweils deutlich mehr als 200 000 Mark.

Viele vermögende Privatleute

Auch 2000 explodieren die Preise. Bei Christie's in Düsseldorf erzielt eine auf 35 000 Euro geschätzte Gebirgslandschaft von Rottmann 160 000 Mark – „da sehen Sie, wie gut unsere Schätzungen sind“, kommentiert der Auktionator trocken. Ein Waldmüller bringt 500 000, ein Corinth über 450 000 Mark. Zur Verzweiflung vieler Händler bieten viele vermögende Privatleute mit, die sich keine Gedanken über Wiederverkaufswerte machen müssen.

Ein ähnliches Bild fünf Jahre später bei der Neumeister-Auktion in München, zu der Prominente wie Michael Glos oder Reinhold Messner anreisen: Über zehn Millionen Euro bringt die Versteigerung von 820 Objekten ein – etwa das Dreifache des Schätzwerts. Wieder heißen die Stars Rottmann, Scholderer, Hackert oder Waldmüller.

Nun, zehn Jahre später, kommt also ein weiterer Ausschnitt der Sammlung unter den Hammer. Der Katalog strotzt nur so von bedeutenden Namen, von Achenbach bis Zügel, von Blechen bis Wopfner, von Hackert bis Slevogt, von Lenbach bis Scholderer. Gemälde, die „sozusagen en miniature die bedeutendste Privatsammlung deutscher Malerei des 19. Jahrhunderts wunderbar reflektieren und so dem Sammler Dr. Georg Schäfer noch einmal ihre Reverenz erweisen“, schreibt Neumeister-Chefin Katrin Stoll im Katalog.

Das älteste Werk ist eine Schäferszene von Januarius Zick aus dem Jahr 1770, das jüngste eine Montmartre-Vedute von Heinz Witte-Lenoir (1880–1961). Beide Werke umreißen gewissermaßen das Qualitätsspektrum, der Zick ist auf 18 000 bis 22 000 Euro geschätzt, der Witte-Lenoir auf 200 bis 300 Euro. Spitzenlose sind Arbeiten von Böcklin und Spitzweg, die mit einer Schätzung von jeweils 30 000 bis 40 000 Euro an den Start gehen. Zumindest das „Mädchen mit Ziege“ von Carl Spitzweg dürfte Schweinfurter Museumsgängern bekannt vorkommen. Das Motiv hängt in der ständigen Sammlung des MGS. Und dort wird es auch bleiben – in München steht eine um 1860 entstandene zweite Fassung des vom Künstler mehrmals variierten Themas zu Verkauf, die sich nur in Details von der ersten unterscheidet.

Der Name Schäfer steht für die Kunst des 19. Jahrhunderts, weswegen Arbeiten von Liebermann, Slevogt und Corinth auf der 2005er-Auktion zu vergleichsweise moderaten Preisen zu bekommen sind. Dass das am Donnerstag mit Slevogts Studie „Francisco“ (taxiert auf 6000 bis 8000 Euro) auch passiert, darauf sollte man sich aber lieber nicht verlassen.

 
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