Der Große Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur geht in diesem Jahr an den Fernsehmoderator Willi Weitzel. Übergeben wird der Preis an den gebürtigen Hessen am 18. November in Volkach. Im Vorfeld ein Gespräch über Tapetenkleister, kindgerechtes Portionieren, über Krieg und wie es ein Kindskopf schafft, in Würde zu altern.
Willi Weitzel: Für "Willi will's wissen" habe ich ziemlich viele Preise bekommen. Ganz besonders freue ich mich aber auch über Preise, bei denen "Willi will's wissen" nicht die Hauptrolle spielt. Weil dann auch meine aktuellen Sachen eine Wertschätzung erfahren.
Weitzel: Ich bin ja auf verschiedenen Feldern tätig. Sei es, dass ich etwas schreibe, dass ich an einem Film oder Vortrag arbeite oder ein Musikstück bearbeite. Die Herangehensweise ist immer gleich: Ich setze am Erfahrungshorizont der Kinder an. Ich frage mich, was deren Vorwissen ist. Ich nehme sie an die Hand und sage: Schau, bis hierhin kennst Du dich aus – und jetzt betreten wir Neuland.
Weitzel: Früh schon. Ich war Obermessdiener und habe da oft den Pfarrer gespielt. Nach Beginn meines Studiums in München habe ich beim Kinderfunk des Bayerischen Rundfunks angefangen. Dort gab es tolle Lehrmeister, die mir den Blickwinkel auf Kinder beigebracht haben. Ich war oft als Reporter auf der Straße unterwegs. In dieser Zeit hatte ich aufgescheuerte Hosen, weil ich gelernt hatte, auf Augenhöhe der Kinder zu gehen.
Weitzel: Oft sogar. Eine Versicherung zu erklären, geht bei einem Reportage-Format zum Beispiel nicht. Im "Willi-will's-wissen"-Lied gibt es die Zeile: "Warum klebt Tapetenkleister?" Wir haben es nie geschafft, das zu beantworten – weil es zu kompliziert war.
Weitzel: Die Welt wird komplizierter. Vor 150 Jahren gab es den Bäcker, den Müller und den Wagner – damit hatte man die Hauptberufe abgegrast. Ich bekomme gerade von Einwanderern oft zu hören: "Willi, ich habe durch Dich Deutschland verstanden." Wie das mit dem Müll geht, wie das mit der Kanalisation ist, wie ein Bürgermeister arbeitet. In solchen Situationen merke ich, dass mitunter auch Erwachsene auf ein Kinderprogramm abgewiesen sind, um die grundlegenden Dinge des Lebens zu erfahren.
Weitzel: Ich war ein Anhänger von Peter Lustig. Ich habe das geliebt, wenn er sonntags kam.
Weitzel: In den Fernsehmedien ist das oft ein Sprungbrett – man macht etwas für die Kinder und dann geht es weiter zu den Erwachsenen. Das habe ich nie verstanden. Weil ich immer etwas für Kinder machen wollte.
Weitzel: Ich bin mit meiner Multivisionsshow "Willis wilde Wege" unterwegs. Im Publikum sitzen meist Eltern mit ihren Kindern. Viele Eltern sind mit mir aufgewachsen und wollen jetzt ihren Kindern zeigen, wer der Willi ist. Vor einiger Zeit bekam ich von einem Astronauten in der Ausbildung einen Brief, darin stand, ich hätte ihn inspiriert, Astronaut zu werden.
Weitzel: Zwischen 2001 und 2010, genau 180 Folgen.
Weitzel: Ich wurde vom rasenden Reporter zum reisenden Reporter. Ich versuche auf meine Willi-Art, die Welt zu erforschen. Seit 2010 bin ich unterwegs, um für das Kinderhilfswerk "Die Sternsinger" das Leben von Kindern abzubilden. Von einer Reise bin ich gerade zurück: Ich habe noch Erde aus dem Amazonas unter den Fingernägeln.
Weitzel: Keine Sinnkrise. Die habe ich überstanden, als ich vor der Frage stand, ob ich als Erwachsener meine kindliche Seite ausleben kann. Wenn ich auf das Leben jenseits der 50 blicke, stelle ich fest, dass viele in der Vergangenheit hängenbleiben. Das hat mich bewogen, meinen Besitz zu dezimieren und vieles wegzuschmeißen. Keine Andenken mehr, sondern der Gegenwart öffnen.
Weitzel: Den Bauwagen habe ich bei meiner Familie angesprochen, aber die wollen das nicht.
Weitzel: Es ist nun einmal so, dass einem die Gesellschaft gewisse Rollen zuspricht. Hier der Erklärbär, dort der Nachrichtensprecher. Wenn ich andere Projekte mache, auf die ich Lust habe, finden die vielleicht weniger Anklang. Aber ich glaube daran, dass man in Würde altern und trotzdem ein Kindskopf bleiben kann.
Weitzel: Ich finalisiere gerade ein Kinderbuch, das noch vor Weihnachten erscheint.
Weitzel: Leider ist es bis zur Preisübergabe nicht fertig. Das Buch heißt "Der Frieden ist ausgebrochen". Ein schönes Buch, ich habe es bei meinen Kindern erprobt. Ich wollte etwas ganz anderes produzieren, als der Putin mit dem Krieg kam. Meine Tochter kam aus dem Kindergarten und sagte: "Papa, da ist etwas ausgebrochen – aber ich weiß nicht, was."
Weitzel: Ich gebe sowohl den Kindern als auch den Eltern was an die Hand. Wenn sie gemeinsam das Buch durchlesen, ist beiden geholfen. Die Eltern können trösten und die Kinder besser verstehen.
Weitzel: Fünf, sieben und 14.
Weitzel: Ich habe mit der Sendung aufgehört, als meine erste Tochter geboren wurde. Ich gebe mir wie alle Eltern Mühe, der beste Vater der Welt zu sein.
Weitzel: Vielleicht sagen die Kinder aber auch: Papa, kann ich nicht lieber den "Checker Tobi" schauen?