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Volkach
Auch nach "Willi will's wissen" hat er sich den Kindskopf bewahrt: Die Volkacher Akademie zeichnet Willi Weitzel aus
Interview: Der Moderator Willi Weitzel ist auch nach dem Ende seiner Kultsendung "Willi will's wissen" Welterklärer für kleine und große Leute geblieben.
Willi Weitzel bekommt an diesem Freitag in Volkach den Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur verliehen.
Foto: Bettina Flitner | Willi Weitzel bekommt an diesem Freitag in Volkach den Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur verliehen.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 17.12.2022 02:59 Uhr

Der Große Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur geht in diesem Jahr an den Fernsehmoderator Willi Weitzel. Übergeben wird der Preis an den gebürtigen Hessen am 18. November in Volkach. Im Vorfeld ein Gespräch über Tapetenkleister, kindgerechtes Portionieren, über Krieg und wie es ein Kindskopf schafft, in Würde zu altern.

Frage: Von Grimme-Preis bis zum Bayerischen Fernsehpreis haben Sie schon einiges abgeräumt – zählen Sie noch mit?

Willi Weitzel: Für "Willi will's wissen" habe ich ziemlich viele Preise bekommen. Ganz besonders freue ich mich aber auch über Preise, bei denen "Willi will's wissen" nicht die Hauptrolle spielt. Weil dann auch meine aktuellen Sachen eine Wertschätzung erfahren.

Den Preis gibt's für das "umfassende kindermediale Schaffen". Wie würden Sie das Umfassende beschreiben und welches Geheimnis birgt Ihr Umgang mit Kindern?

Weitzel: Ich bin ja auf verschiedenen Feldern tätig. Sei es, dass ich etwas schreibe, dass ich an einem Film oder Vortrag arbeite oder ein Musikstück bearbeite. Die Herangehensweise ist immer gleich: Ich setze am Erfahrungshorizont der Kinder an. Ich frage mich, was deren Vorwissen ist. Ich nehme sie an die Hand und sage: Schau, bis hierhin kennst Du dich aus – und jetzt betreten wir Neuland. 

"Warum klebt Tapetenkleister? Wir haben es nie geschafft, das zu beantworten – weil es zu kompliziert war."
Willi Weitzel über die Grenzen der Erklärbarkeit
Dieses an die Hand Nehmen – wie fing das an? Wann begann das kindgerechte Portionieren?

Weitzel: Früh schon. Ich war Obermessdiener und habe da oft den Pfarrer gespielt. Nach Beginn meines Studiums in München habe ich beim Kinderfunk des Bayerischen Rundfunks angefangen. Dort gab es tolle Lehrmeister, die mir den Blickwinkel auf Kinder beigebracht haben. Ich war oft als Reporter auf der Straße unterwegs. In dieser Zeit hatte ich aufgescheuerte Hosen, weil ich gelernt hatte, auf Augenhöhe der Kinder zu gehen.

Sind Sie schon mal an einer Kinderfrage gescheitert?

Weitzel: Oft sogar. Eine Versicherung zu erklären, geht bei einem Reportage-Format zum Beispiel nicht. Im "Willi-will's-wissen"-Lied gibt es die Zeile: "Warum klebt Tapetenkleister?" Wir haben es nie geschafft, das zu beantworten – weil es zu kompliziert war.

Moderator Willi Weitzel mit OB Christian Schuchardt beim Aktionstag 'Europa in meiner Region' 2018 in Würzburg. 
Foto: Dita Vollmond | Moderator Willi Weitzel mit OB Christian Schuchardt beim Aktionstag "Europa in meiner Region" 2018 in Würzburg. 
Haben Sie auch das Gefühl, dass alles komplizierter wird? Dass es immer mehr Erklärungsbedarf gibt?

Weitzel: Die Welt wird komplizierter. Vor 150 Jahren gab es den Bäcker, den Müller und den Wagner – damit hatte man die Hauptberufe abgegrast. Ich bekomme gerade von Einwanderern oft zu hören: "Willi, ich habe durch Dich Deutschland verstanden." Wie das mit dem Müll geht, wie das mit der Kanalisation ist, wie ein Bürgermeister arbeitet. In solchen Situationen merke ich, dass mitunter auch Erwachsene auf ein Kinderprogramm abgewiesen sind, um die grundlegenden Dinge des Lebens zu erfahren. 

Wer hat Ihnen als Kind die Welt erklärt?

Weitzel: Ich war ein Anhänger von Peter Lustig. Ich habe das geliebt, wenn er sonntags kam. 

"Willi will's wissen" ist sehr dominant in Ihrem Leben – eher Fluch oder eher Segen? 

Weitzel: In den Fernsehmedien ist das oft ein Sprungbrett – man macht etwas für die Kinder und dann geht es weiter zu den Erwachsenen. Das habe ich nie verstanden. Weil ich immer etwas für Kinder machen wollte.

Dreh mit Willi Weitzel (links) für 'Willi will's wissen, 2006 in der Papiermühle Homburg (Lkr. Main-Spessart). 
Foto: Martin Harth | Dreh mit Willi Weitzel (links) für "Willi will's wissen, 2006 in der Papiermühle Homburg (Lkr. Main-Spessart). 
Wohin hat Sie dieser Weg inzwischen geführt? Wie und wo kann man Sie heute sehen?

Weitzel: Ich bin mit meiner Multivisionsshow "Willis wilde Wege" unterwegs. Im Publikum sitzen meist Eltern mit ihren Kindern. Viele Eltern sind mit mir aufgewachsen und wollen jetzt ihren Kindern zeigen, wer der Willi ist. Vor einiger Zeit bekam ich von einem Astronauten in der Ausbildung einen Brief, darin stand, ich hätte ihn inspiriert, Astronaut zu werden.

Von wann bis wann lief "Willi will's wissen" und wie viele Sendungen gab es?

Weitzel: Zwischen 2001 und 2010, genau 180 Folgen.

Was kam dann? Haben Sie sich neu aufgestellt?

Weitzel: Ich wurde vom rasenden Reporter zum reisenden Reporter. Ich versuche auf meine Willi-Art, die Welt zu erforschen. Seit 2010 bin ich unterwegs, um für das Kinderhilfswerk "Die Sternsinger" das Leben von Kindern abzubilden. Von einer Reise bin ich gerade zurück: Ich habe noch Erde aus dem Amazonas unter den Fingernägeln.

"Meine Tochter kam aus dem Kindergarten und sagte: ,Papa, da ist etwas ausgebrochen – aber ich weiß nicht, was.'"
Willi Weitzel über das Thema Krieg
Sie werden im Dezember 50 – eine Zahl oder eine Sinnkrise?

Weitzel: Keine Sinnkrise. Die habe ich überstanden, als ich vor der Frage stand, ob ich als Erwachsener meine kindliche Seite ausleben kann. Wenn ich auf das Leben jenseits der 50 blicke, stelle ich fest, dass viele in der Vergangenheit hängenbleiben. Das hat mich bewogen, meinen Besitz zu dezimieren und vieles wegzuschmeißen. Keine Andenken mehr, sondern der Gegenwart öffnen.

Am Ende der Reduzierung landen Sie womöglich in einem Bauwagen wie Peter Lustig...

Weitzel: Den Bauwagen habe ich bei meiner Familie angesprochen, aber die wollen das nicht. 

Peter Lustig hat gezeigt, dass auch ein Grauhaariger den Kindern die Welt erklären kann. Das müsste Ihnen doch Mut machen...

Weitzel: Es ist nun einmal so, dass einem die Gesellschaft gewisse Rollen zuspricht. Hier der Erklärbär, dort der Nachrichtensprecher. Wenn ich andere Projekte mache, auf die ich Lust habe, finden die vielleicht weniger Anklang. Aber ich glaube daran, dass man in Würde altern und trotzdem ein Kindskopf bleiben kann.

An welchem Projekt arbeiten Sie aktuell?

Weitzel: Ich finalisiere gerade ein Kinderbuch, das noch vor Weihnachten erscheint.

Was gut zu Volkach und der Kinder- und Jugendliteratur passt...

Weitzel: Leider ist es bis zur Preisübergabe nicht fertig. Das Buch heißt "Der Frieden ist ausgebrochen". Ein schönes Buch, ich habe es bei meinen Kindern erprobt. Ich wollte etwas ganz anderes produzieren, als der Putin mit dem Krieg kam. Meine Tochter kam aus dem Kindergarten und sagte: "Papa, da ist etwas ausgebrochen – aber ich weiß nicht, was."

Und wie erklären Sie, was da ausgebrochen ist?

Weitzel: Ich gebe sowohl den Kindern als auch den Eltern was an die Hand. Wenn sie gemeinsam das Buch durchlesen, ist beiden geholfen. Die Eltern können trösten und die Kinder besser verstehen.

Darf man fragen, wie alt Ihre Kinder sind?

Weitzel: Fünf, sieben und 14.

Wissen Ihre Kinder, wer der Willi ist?

Weitzel: Ich habe mit der Sendung aufgehört, als meine erste Tochter geboren wurde. Ich gebe mir wie alle Eltern Mühe, der beste Vater der Welt zu sein. 

Sie können Ihren Kindern immerhin 180 Sendungen zeigen.

Weitzel: Vielleicht sagen die Kinder aber auch: Papa, kann ich nicht lieber den "Checker Tobi" schauen?

 
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