Er hat mit acht Jahren angefangen zu trommeln, mit zehn dann erstmals mit den "Großen" aus dem Dorf in einer Band gespielt. Markus Stock aus dem Mellrichstadter Ortsteil Hendungen war schon früh ein Rebel und mit dem Herzen bei der Musik. Heavy Metal wurde seine Leidenschaft, 1993 hob er zusammen mit dem Gitarristen Andreas Bach sein erstes eigenes eigenes Projekt aus der Taufe: Empyrium. Die Band entwickelte sich vom Black Metal hin zum Neo-Folk. Schnell war klar, dass der heute 41-Jährige musikalisch nicht eindimensional denken würde. Zur Jahrtausendwende gründete Stock mit Schlagzeuger Tobias Schönemann (alias Allen B. Konstanz) die Gothic-Metal-Band The Vision Bleak, mit der er am Samstag, 14. Dezember, beim X-Mas-Metal-Festival in der Würzburger Posthalle auftritt. Stock firmiert unter dem Pseudonym Ulf Theodor Schwadorf, das seinen Hang zur Romantik ausdrücken soll. Sein drittes Standbein ist das Black-Metal-Projekt Sun of the Sleepless, zudem tritt er vielfach als Gastmusiker in Erscheinung und betreibt in Mellrichstadt sein eigenes Tonstudio "Klangschmiede Studio E".
Markus Stock: Gute Frage, denn das Pseudonym habe ich gewählt, um mich als Person vom Künstler zu trennen. Damit mein künstlerisches Leben nicht auf die Privatperson abfärbt. Meine Frau sagt zum Beispiel, dass ich, wenn ich viel Musik mache, eine ziemlich unerträgliche Person bin. Markus Stock ist ein bodenständiger Charakter, ein wesentlich freundlicherer Zeitgenosse. Der Ulf Theodor, den ich heute nur noch Schwadorf nenne, ist jemand, der kompromisslos in einer Tunnelvision sein künstlerisches Ziel verfolgt.
Stock: Ein reiner Ausdruck der menschlichen Seele. Ich selbst habe schon immer Bands geschätzt, die nicht nur Musik machen, sondern einen künstlerischen Rahmen darum gebaut haben. Zum Beispiel Iron Maiden. Da war immer ein Überbau, der einen in die Musik gezogen hat.
Stock: Ein sehr interessanter Aspekt. Man kann sich davor schützen, indem man trotz allem im Schaffensprozess seinen Idealen treu bleibt. Es darf weniger darum gehen, die Fans, als vielmehr sich selbst zu befriedigen. Bei Konzerten ist das nicht ganz so leicht, es gibt schon Auftritte, die man absolviert, weil die Gage dort besonders hoch ist.
Stock: Ich sehe die Welt nicht nur in Dualitäten existieren. Es gibt so viele Nuancen zwischen schwarz und weiß. Metal kann natürlich Kunst sein. Gerade auch extremer Metal, wenn ich da an die Black-Metal-Bewegung der Neunziger denke. Das war ein absolutes Hinkehren zum Künstlerischen. Viel mehr, als das in der Pop-Kultur jemals stattgefunden hat. Der Black Metal konnte sich abseits des Kommerz beinahe schon romantisch dem Künstlerischen hingeben.
Stock: Nein. Ich werde mich da nie einmischen. In keine Richtung. Für mich ist es sehr wichtig, das zu trennen. Musik ist für mich das absolute Gegenteil von Politik. Musik ist für mich eine Beschäftigung mit Geistigem, nicht mit Tagesaktualität. Ich würde auch nie meine politische Meinung anderen Menschen aufdrängen. Meinungen müssen sagbar und diskutabel bleiben.
Stock: Da besteht natürlich die Gefahr, dass man das erst merkt, wenn man dort spielt. Aber das ist mir nicht angenehm. Ich möchte, dass meine Kunst frei von politischen Zwängen bleibt.
Stock: Einerseits ja, andererseits sucht man sich als Musiker auch ganz gerne eine Nische, in der man einzigartig sein will. Die Musik meines Projekts Sun of the Sleepless beispielsweise nenne ich selbst auch Poetic Black Metal. Aber wenn jetzt jemand sagt, dass das einfach Black oder Dark Metal ist, ist mir das auch egal. Im Endeffekt geht es nur darum: Dem einen gefällt es, dem anderen nicht. Wenn ich an Empyrium denke, war das zu keinem Zeitpunkt klassifizierbar. Und konzeptionell frei zu sein, ist auch wichtig. Nimm Slayer. Slayer kann ein Ding, dieses sehr gut, aber eben nur ein Ding. Mit Empyrium ging es nicht darum, eine bestimmte Art von Musik zu spielen, sondern um den Ausdruck von Gefühlen.
Stock: Ich hatte vor rund 20 Jahren ganz bewusst Empyrium vorübergehend auf Eis gelegt und Vision Bleak angefangen, um mich vom Komplexen zu befreien und frei von der Leber weg etwas zu machen, das kracht. Aber Vision Bleak ist im Lauf der Jahre seinerseits komplexer geworden. Auch diese Band spielt mit Abstraktionen. Aber ich muss zugeben, dass es mir manchmal schwer fällt, zwischen den Bands zu switchen. Deswegen setzte ich mir in den Entstehungsphasen neuer Alben konkrete Zeitfenster, in denen ich die einzelnen Projekte voneinander trenne. Nur so kann ich mich fokussieren. Was im Musikbusiness immer schwieriger wird.
Stock: Ja. Ich produziere ja in meinem Studio auch andere Bands, und an denen sehe ich, was sich in den letzten zehn Jahren verändert hat. Früher kam eine Band für zehn oder 15 Tage, nahm ihr Album auf und ging wieder heim. In der Zeit saß man quasi den ganzen Tag zusammen und arbeitete. Heute werden zum Teil zu Hause schon einzelne Spuren aufgenommen, andere hier, dazwischen werden ganz viele andere Dinge erledigt. Man macht das Album, am besten gleich noch ein Bonus-Album mit zusätzlichen Stücken, drei Auflagen in CD, Vinyl und Art Book mit 52 Seiten. Die verschiedenen Social-Media-Accounts müssen bedient werden. Man hat das Gefühl: Die Platte ist gemacht, und dann fängt die Arbeit erst an.
Stock: Ja. Gerade wegen des Comebacks der Vinyl-Platten hat Musik an Wertigkeit gewonnen. Plattenverkäufe und Gema-Ausschüttungen haben wieder zugenommen, es wird nicht mehr nur gestreamt. Vor zehn Jahren war das Business auf dem Nullpunkt. Man glaubte, dass alles, was im Netz steht, kostenlos sein muss. Doch heute gibt es wieder mehr Menschen, die bereit sind, für Musik Geld auszugeben, statt sich nur durch Youtube zu klicken. Ich habe auch ganz bewusst wieder einen Plattenspieler im Wohnzimmer stehen. Ich habe keinen Bock mehr auf das 30-Sekunden-Song-Gehöre. Geil, Klick, nächster. Das ist kein Musikgenuss. Wenn ich eine Platte auflege, höre ich das ganze Album. Das ist einfach der Vorteil eines physikalischen Tonträgers gegenüber dem digitalen. Man beschäftigt sich intensiver mit dem Kunstwerk.
Stock: Das war in der Tat ein Kunstwerk. Alles musste extra für die vielen Gast-Musiker neu arrangiert werden. Dazu die DVD-Produktion. Das ganze Projekt war extrem aufwändig. Aber das passt zu Empyrium. Die wenigen Konzerte, die wir seit dieser Wiederbelebung spielen, sollen immer etwas besonderes sein, den Flair von etwas speziellem haben.
Stock: Nein, nicht im Sinne christlichen Glaubens. Ich bin spiritueller Mensch. Ich fühle mich eher zu den Naturreligionen hingezogen.
Stock: Ja klar. Ich habe ja zwei Kinder, als ganz klassisch mit Eltern und Schwiegereltern. Erster Weihnachtsfeiertag da, am zweiten dort. Aber Weihnachten ist ja ohnehin auch ein alter heidnischer Brauch, das Fest der Wintersonnenwende. Da ist gar nichts "untrue". Es ist ja auch eine schöne Zeit, einfach mal fünf Tage lang die Hektik ausknipsen und ab auf die Couch.