„Dieses Kind hat ein Gedächtnis wie ein Sieb, Finger wie eine Fee und ein riesengroßes Herz“, schreibt die Lehrerin der kleinen Anna ins Vorschulzeugnis und findet, da müsse sich doch was daraus machen lassen. Leider hat sie da die Rechnung ohne die Kollegen gemacht, die mit dieser Schülerin gar nichts anfangen können. Anna kann zwar hervorragend basteln und Dinge erfinden, die Anforderungen des Schulunterrichts sind aber nichts für sie.
So beginnt Annas Geschichte – von ihr selbst in Rückblenden erzählt in „35 Kilo Hoffnung“. Das Jugendstück über Schulangst, aber auch den Mut, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen, hatte am Freitag Premiere im Theater im Pferdestall, dem Jugendtheater der Unterfränkischen Landesbühne Theater Schloss Maßbach.
Mit viel Fingerspitzengefühl inszeniert von Stella Seefried, entwickelt sich in nur 70 Minuten ein erstaunlich tiefgehender, facettenreicher Einblick in Annas Welt, die auseinanderzubrechen droht, als sie von der Schule fliegt und ihr geliebter Opa Léon ins Krankenhaus kommt. Die ewig schimpfenden und miteinander zankenden Eltern helfen da auch nicht weiter. Annas Lage ist schwierig, doch schließlich ist es sie selbst, die einen Ausweg findet. Hilfreich ist ihr unbändiger Erfindungsreichtum und ihre gewitzte, positive Art, die auch den Grundton des Stückes ausmachen.
Die junge Schauspielerin Tonia Fechter spielt die zwölfjährige Anna mit so viel kindlichem Charme und Energie, mit funkelnden Augen und einer zarten, verletzlichen Seite, dass ihre Rolle und damit das ganze Stück absolut glaubwürdig werden. Unterstützung bekommt die Berlinerin, die erstmals in Maßbach engagiert ist, von Georg Schmiechen und Iris Faber, die – wenn es Annas Erzählung verlangt – in die Rollen der Erwachsenen schlüpfen. Zänkische Eltern, liebevolle Großeltern, ein gestelzter Psychologe, mehrere Lehrerinnen – die beiden lassen sie alle wunderbar lebendig werden, als schusseliger Monsieur Martineau darf Georg Schmiechen sogar Slapstick-Qualitäten beweisen.
35 Kilo Hoffnung (soviel bringt Anna ihren eigenen Worten zufolge auf die Waage) ist ein positives, bisweilen lustiges, bisweilen sehr berührendes Stück über ernste Themen, das auf einem Roman der Französin Anna Gavalda basiert, und durchaus nicht nur für Jugendliche spannend.
Die Bühnenfassung von Petra Wüllenweber hat es 2014 zu Recht auf die Auswahlliste für den Deutschen Jugendtheaterpreis geschafft.
Die nächsten Vorstellungen: 24., 27.-29. April, 2.-5., 8.-12., 15., 18., 19. Mai in Maßbach. 16. und 17. Mai im Theater Schweinfurt. Karten und Anfangszeiten unter www.theater-massbach.de