
Auf den letzten Drücker in der Würzburger Johanniskirche eingetroffen, haucht Angelika Milster ein fragendes „Hallo“ ins Mikrofon vor dem Altar. Im schwarzen Mantel mit rosafarbenem Schal lockt sie rund 250 Zuhörer mit „Begegnungen – Musical trifft Klassik“ gleich aus der Reserve, obwohl ihre erste Sorge nur der Technik gilt; doch am fein austarierten Ton gibt es nichts zu mäkeln.
Die emotional berührende, sehr eigenwillige Interpretation eines bunten Straußes von sakralen Liedern, klassischen Arien und Chansons, begleitet vom Organist Jürgen Grimm, lässt niemanden kalt. Milsters erster Appell mit „People who need People“ aus dem Musical „Funny Girl“ geht zu Herzen. Ihr Lied „Ich hab? geträumt von einer besseren Welt“ umschreibt perfekt diesen Abend einer Ausnahmekünstlerin, die mit ihren 64 Jahren noch viel zu singen hat. Mit dem Anti-Kriegslied „Sag mir, wo die Blumen sind“ erinnert Milster an aktuelle Kriege, Hass und Gewalt und ruft zärtlich-sinnlich mit „Somewhere over the rainbow“ tröstliche Bilder über Träume, Wünsche und Hoffnungen hervor. Poetisch geht es weiter mit deutschsprachiger Volkspoesie und „Guten Abend, gut? Nacht“.
Die Tenor-Arie
Im Schlosspark Theater in Berlin-Steglitz verkörpert sie derzeit Doris Day, deren turbulente Karriere sie nacherzählt und mit vielen Songs veredelt; untrennbar mit der inzwischen über 90-jährigen US-Filmdiva verbunden wird immer „Sentimental Journey“ sein, ihre erste Nummer eins von 1945. Auch Musical-Star Milster wird einen solchen Hit nicht mehr los. „Erinnerung“ ist das Titellied der Grizabella im Webber-Musical „Cats“, das seit 1983 mit ihrem Namen verbunden ist.
Stilsicher in allen Tonlagen bringt die Grande Dame des Musicals ein „Agnus Dei“ wie auch den Rudolf-Schock-Evergreen „In mir klingt ein Lied“ zu Gehör. Eigentlich habe sie Tenor werden wollen, gesteht Angelika Milster, um sich gleich gekonnt mit ihrem flexiblen, silbrig-hellen Sopran ohne klangliche Härten an Giacomo Puccinis „Nessun dorma“-Arie zu wagen, die Klassik-Fans eher mit Pavarottis Stimme verbinden.