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Als Klaus Bednarz in einer Kneipe sechs Neonazis traf
Blaumann: Klaus Bednarz im Jahr 2000 in den „Monitor“-Kulissen.
Foto: dpa | Blaumann: Klaus Bednarz im Jahr 2000 in den „Monitor“-Kulissen.
Das Gespräch führte Christoph Driessen (dpa)
 |  aktualisiert: 02.11.2015 14:38 Uhr

Er war der „Monitor“-Mann und für viele auch das Gesicht des WDR-„Rotfunks“. Morgen, Mittwoch, 6. Juni, wird der Fernsehjournalist Klaus Bednarz 70 Jahre alt. Die meiste Zeit des Jahres lebt er mittlerweile in einem Dorf bei Schwerin.

Frage: Was machen Sie denn so tief im Osten?

Klaus Bednarz: Ich hab hier 'ne Ferienhütte. Die meiste Zeit des Jahres bin ich hier oben. Eine traumhafte Gegend.

Auch im Winter?

Bednarz: Klar. Ab minus 20 Grad blühe ich auf.

Das sind Sie vermutlich aus Russland gewohnt.

Bednarz: Die niedrigste Temperatur die ich je erlebt habe, war minus 56.

Haben die Russen Ihnen Tricks gegen die Kälte beigebracht?

Bednarz: Wodka ist kontraproduktiv. Und wenn Sie bei minus 40 Grad länger draußen gewesen sind, dann um Himmels willen kein warmes Getränk trinken! Damit verbrennt man sich die Lungenbläschen. In Sibirien lutscht man in solchen Fällen erst mal ein Stück gefrorenen Fisch.

Was machen Sie denn jetzt so die ganze Zeit in Mecklenburg?

Bednarz: Neben der Schönheit der Landschaft gibt es hier unglaublich viel an Kultur zu entdecken. Uralte Kirchen, wunderschön restaurierte Hansestädte und ein höchst lebendiges Theater in Schwerin.

Sind Sie schon Neonazis begegnet?

Bednarz: Es war sogar gleich eine der ersten Begegnungen. Da bin ich in eine Kneipe rein, und an der Theke saßen lauter Glatzköpfe.

Und was haben Sie gemacht?

Bednarz: Ich bin sofort raus. Da bin ich nicht der Held, der die Konfrontation allein gegen sechs Glatzen sucht.

Werden Sie im Osten überhaupt erkannt?

Bednarz: Ja, die Leute sprechen mich zum Teil auf „Monitor“-Beiträge an, die 25 Jahre alt sind. Das Publikum im Osten ist sehr aufmerksam.

Aber „Monitor“ hat doch hauptsächlich West-Themen behandelt.

Bednarz: Zum Teil waren es doch ähnliche Dinge, zum Beispiel Umweltprobleme, radioaktiver Müll. Das war in der DDR tabu, aber der Großteil der Bevölkerung wusste, dass sie existierten.

Heute haben die politischen Magazine in der ARD ja nicht mehr diese Relevanz.

Bednarz: Leider. Der stiefmütterliche Umgang der ARD mit den politischen Magazinen ist ärgerlich. Sie sind schon vor einiger Zeit von 45 auf etwas mehr als 30 Minuten verkürzt worden. Und sie sind auch zu oft Verschiebemasse im Programm gewesen.

Vielleicht hat es auch etwas damit zu tun, dass die heutigen Moderatoren so glatt sind. Klaus Bednarz vom WDR-„Rotfunk“ und der schwarze Wolf Feller vom Bayerischen Rundfunk – darüber konnte man sich wenigstens aufregen.

Bednarz: Gegen diese Klassifizierung habe ich mich immer ganz entschieden gewehrt. Wir haben uns – wenn es sein musste – mit allen angelegt, egal ob Links oder Rechts. Als zeitkritischer Journalist legt man sich vor allem mit denen an, die die Macht im Land haben. Und wir hatten zu der Zeit nun mal gerade 16 Jahre Kohl.

Heutigen Moderatoren fehlt diese gewisse Knorrigkeit.

Bednarz: Ich denke, in vielen Fällen ist heute eben Stromlinienförmigkeit gefragt. In der schreibenden Presse gibt es ja auch nicht mehr so herausragende Leute wie früher. Ich nenne jetzt mal Joachim Fest und Sebastian Haffner.

Um ein Haffner zu werden, muss man einen Krieg erlebt haben.

Bednarz: Ja, das kann sein. Aber dann ist es natürlich auch so, dass unbequeme Leute häufig zur Strecke gebracht werden. Denken Sie zum Beispiel an den ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender, das war nun wirklich ein knorriger Typ, der ein gutes Programm gemacht hat. Aber weil er der CDU unbequem war, hat man ihn rausgedrängt. Das ist ein Problem nicht aller, aber doch mancher öffentlich-rechtlicher Sender: dass dort in den Gremien nach wie vor eine Dominanz der politischen Kaste existiert.

Jetzt noch zu einem ganz wichtigen Themenfeld: Ihr Pullover. Haben Sie den damals bewusst zum Markenzeichen aufgebaut?

Bednarz: Überhaupt nicht. Da muss ich wirklich mal mit einem Missverständnis aufräumen: Es war keine politische Entscheidung, ich habe mich in diesen Pullis einfach am wohlsten gefühlt. Sie waren blau, aber es war nicht immer dasselbe Blau.

Sie wollten Abwechslung?

Bednarz: Ehrlich gesagt: Ich bin ein bisschen farbenblind.

Klaus Bednarz

Gut zehn Jahre ist Klaus Bednarz jetzt weg bei „Monitor“ – es kommt einem länger vor. Das liegt daran, dass er damals schon ein wenig aus der Zeit gefallen war. Bednarz gehört eigentlich in die 80er. Bonner Republik, Kohl-Ära. Da bekam er seine beiden Grimme-Preise. Da war „Monitor“ ein Machtfaktor. Wenn das Magazin berichtete, dass Würmer im Fisch waren, blieben am nächsten Tag die Fischläden leer. Im Journalismus hatten damals noch nicht die Schönredner das größte Renommee, sondern die Enthüller. Und wenn es um Aufdecken und Anprangern ging, reichte keiner an „Monitor“ heran. Jede Sendung hatte durchschnittlich neun Millionen Zuschauer. Politische Magazine leisteten sich damals noch eine klare politische Ausrichtung. Gerhard Löwenthal predigte im „ZDF-Magazin“ jahrzehntelang „Marx ist Murx“. „Monitor“ war das rote Tuch für alle Schwarzen. Franz Josef Strauß bezeichnete die Sendung einmal als „Rote Reichsfernsehkammer“. Bednarz war nie ein Parteigänger, redete nie bestimmten Politikern das Wort. Er war der Chronist deutscher Missstände. Mit monotoner Stimme und anklagendem Blick listete er die Unzulänglichkeiten der Republik auf. In den späten 90ern begann er wie ein Relikt aus einer früheren Epoche zu wirken. Vieles in Deutschland hatte sich verändert, er saß da noch immer mit seiner unmodischen dickrandigen Brille und dem heute legendären Pullover. Der Bednarz-Pulli transportierte die Botschaften, dass bei „Monitor“ Inhalte zählten und nicht schicke Aufmachung des Studios oder gar des Moderators, und dass man sich der Wahrheit verpflichtet fühlte, wozu auch gehörte, dass man sich vor der Kamera nicht anders gab als dahinter. Text: dpa

 
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