Meine erste Live-CD“, sagt Albert Hammond, legt „Songbook“ auf den Tisch und grinst selbstironisch: „Mit 69 Jahren!“ Dabei ist der drahtige Engländer, der am 18. Mai 70 wird (was man ihm nicht ansieht), seit fast einem halben Jahrhundert im Geschäft. Als Sänger hatte Hammond seine große Zeit Ende der 60er und in den 70er Jahren. „It never rains in southern California“, „I'm a train“ oder „Free electric band“ waren internationale Hits. Später konzentrierte er sich aufs Schreiben: „One Moment in time“ wurde für Whitney Houston zum großen Erfolg. Auf seiner aktuellen Tournee gastiert Albert Hammond auch in Franken (siehe Kasten oben).
Albert Hammond: Wenn ich mich im Schaukelstuhl ausruhen würde, würde mich das wahrscheinlich alt machen – und das sehr schnell. Ja, es ist manchmal hart, wieder auf Tour zu sein. Aber es ist einfach wunderbar, vor Publikum zu stehen, die Begeisterung der Zuhörer zu spüren und zusammen durch 50 Jahre unseres Lebens zu wandern. Ich bin ja kein neuer Act. Ich komme aus den Sechzigern. Wir können zusammen Hits aus dieser Zeit über die Neunziger bis heute erleben. Ich glaube, es gibt nicht viele Musiker, die das bieten können. Ich bin noch fit, ich trainiere, ich pass' auf mich auf. Ich esse bewusst. Was sollte ich denn tun? Ich kann zu Hause bleiben und mit meinen Enkelkindern spielen oder fernsehschauen. Da dachte ich mir: Go on the road und hab Spaß!
Hammond: Ja! Genau das ist es! Es ist fast, als ob du dein Leben schreibst, wenn du jung bist. Aber erst, wenn du älter bist, merkst du, dass das, was du geschrieben hast, Teil deines Lebens geworden ist. Ich will nicht aufhören, Musik zu machen, egal, ob ich 70 bin, 80 oder 90. Wenn ich dieses Alter erreiche und noch gesund bin, will ich weitermachen.
Hammond: Ja, genau . . .
Hammond: Nein, es geht nicht darum, dass man auf Schule und Eltern pfeifen soll.
Hammond: Ja, so haben Sie das verstanden, weil Sie jung waren, und wenn man jung ist, ist man auch rebellisch. Es ist nicht nur das. Es geht darum: Du hast verschiedene Angebote. Aber Du tust das, was du liebst. Ich liebte die Musik. Meine Onkel – die Brüder meines Vaters – waren dagegen, dass ich tat, was ich tat. Und ich habe einen Song darüber geschrieben. Mein Vater war aber kein Doktor wie in dem Lied, er war Feuerwehrmann. „Free electric band“ ist ein Lied über jemanden, der sagt: Ich will das machen, was mir wirklich etwas bedeutet, egal, was es mich kostet. Ich gebe dafür alles auf. Ähnlich ist es übrigens in „The air that I breathe“.
Hammond: . . . ist ein Song über Umweltverschmutzung. Das erste grüne Lied überhaupt, wenn Sie so wollen. Bevor Al Gore grün gedacht hat, habe ich schon grün gedacht, ohne mir dessen recht bewusst zu sein. Ich habe auch einen Song über die Arbeit in der Industrie geschrieben, den „Smokey factory Blues“. Ich glaube, ich habe einfach Lieder über das Leben geschrieben und darüber, wie ich gefühlt habe. Jetzt schreibe ich schon ab und zu Protestsongs wie „Revolution of the heart“. Ich war gegen den Irak-Krieg, also habe ich auch darüber Songs geschrieben.
Hammond: Na, ja, man versucht einen Punkt rüberzubringen. Und ich glaube, eine gute Art, das zu tun, sind Platten. Denn wenn die im Rundfunk gespielt werden, können das Millionen Menschen hören. Wenn ich Reden halten würde, würde das nicht funktionieren. Ich glaube generell, Musik ist gut für sehr viele Dinge. Sie hat auch heilende Wirkung. Wenn Sie traurig sind – drehen Sie Musik an! Das ist ein gutes Heilmittel. Neulich habe ich in Nürnberg in einer Klinik ein Konzert gegeben. Ich sah da auch schwer kranke Kinder im Sterben liegen. Ich hab' mich da schon gefragt: Warum müssen sie sterben? Sie haben doch nichts Unrechtes getan. Da konnte ich keinen Sinn in der Welt erkennen. Wenn es irgendein mächtiges Etwas gibt, warum ändert das nicht etwas und gibt die Krankheit denen, die Böses getan haben? Aber so geht es halt nicht zu auf der Welt.
Hammond: Ich habe es nie geschafft, meine Kinder von dem abzuhalten, was sie tun wollten. Als mein Sohn neun Jahre alt war, habe ich ihn in London zur „Buddy Holly Story“ mitgenommen. Als wir heimkamen, sagte er: „Dad, das war so schön, ich möchte drei Akkorde spielen lernen.“ Die meisten Buddy-Holly-Songs bestehen ja nur aus drei Akkorden. Also habe ich ihm an diesem Abend drei Akkorde gezeigt, und am Morgen darauf spielte und sang er mir einen Buddy-Holly-Song vor! Da war mir klar: Er will Musiker werden. Also habe ich ihm einen Lehrer besorgt, der ihm das Gitarrespielen beibrachte. Ab da verfolgte er diesen Weg. Er formte in New York eine Band, The Strokes, sie wurden wirklich berühmt. Und der Rest ist Geschichte.
Hammond: Ja. Ich singe Lieder, die ich geschrieben und selbst gesungen habe ebenso wie Lieder, die ich für andere geschrieben habe, etwa für Tina Turner, Whitney Houston, Diana Ross, Johnny Cash, Roy Orbison, Chicago . . .
Hammond: Die meisten sind aus unserer Generation. Aber es gibt auch junge Leute und einige, die mit ihren Eltern da sind. Manche der Jüngeren kommen nach der Show wegen eines Autogramms und erzählen mir, dass sie einige Lieder kennen. „Don't turn around“ von Ace of Base zum Beispiel ist aus den Neunzigern.
Albert Hammond
Geboren am 18. Mai 1944 als eines von drei Kindern in London. Wenige Monate nach seiner Geburt gingen seine Eltern mit ihm nach Gibraltar, wo die Wurzeln seiner Familie liegen. Im Alter von neun Jahren sang Albert Hammond im Kirchenchor. Mit 14 Jahren absolvierte er mit seinem Freund Richard Cartwright seine ersten Auftritte, sie traten als „Albert & Richard“ in Gibraltar und Spanien auf.
Die Schule verließ er 1960 und gründete mit seinem Bruder Leslie die Band The Diamond Boys. Ihr Repertoire bestand aus englischem und spanischem Rock ’n’ Roll. Die Gruppe war in Spanien sehr populär.
In dieser Zeit schickten die Brüder Hammond ihre ersten Aufnahmen nach New Orleans und England. Einige wurden veröffentlicht. Nach einer Marokko-Tour gewann die Band den ersten Platz beim Circo Price Music Festival in Madrid. Dieses Ereignis brachte den Kontakt zum bedeutenden Plattenlabel RCA.
Zurück in England, traf Albert Hammond 1966 auf den Radiomoderator Mike Hazlewood. Die beiden begannen, Songs zu schreiben. Den ersten Welthit hatten sie mit „Little Arrows“ in der Interpretation von Leapy Lee. Im Jahr 1972 zog Hammond in die USA – er lebt noch heute in Kalifornien –, wo ihm mit „It never rains in southern California“ der Durchbruch als Solosänger gelang. In Deutschland war er damals eine Art Dauergast in Ilja Richters Musiksendung „Disco“.
Ab den Achtzigern wurde es ruhig um Hammond als Sänger. Er schrieb hauptsächlich für andere. Seit kurzem ist er wieder auf Tour.
In Franken ist Albert Hammond zweimal zu Gast: Am Mittwoch, 4. Juni, tritt er im Aschaffenburger Colos-Saal auf (Vorverkauf online über www.colos-saal.de). Am Samstag, 13. September, ist er in der Frankenhalle von Sennfeld bei Schweinfurt zu erleben (Vorverkauf: Tel. 09 31/60 01 60 00). Text: hele