
Seit 2011 verkörpert Adele Neuhauser die Fahnderin Bibi Fellner im „Tatort“. Am 7. Februar löst sie an der Seite von Harald Krassnitzer alias Moritz Eisner den nächsten Fall.
Adele Neuhauser: Nicht sehr viel, weil ich finde, da wird auf sehr zynische Art und Weise mit Sehnsüchten junger Menschen und Talente umgegangen. Sie werden einem sehr breiten Publikum vorgeführt, von dem ein Gros eigentlich nur drauf wartet, dass ein Fehler passiert. Dann werden die jungen Leute alleine gelassen mit diesen Erfahrungen. Viele sind danach psychisch schwer geschädigt.
Neuhauser: Das ist genau das Problem. Man braucht als Künstler Stabilität, man muss in seinem Stil wachsen, das heißt, erst mal muss man ihn finden. Man muss sich ausprobieren in geschützteren Werkstätten. Man darf gewisse Etappen einfach nicht überspringen. Tut man's, führt das zu seelischen Verwundungen.
Neuhauser (lachend): Ja, Gott sei Dank!
Neuhauser: Ja sicher, für mich auf alle Fälle. Es ist natürlich spannender, einen nicht so stabilen Menschen zu spielen, der auch unter seiner Instabilität leidet. Das ist für mich auch ein realistischerer und sympathischerer Charakter.
Neuhauser: Schon. Da ist was zu tun (lacht).
Neuhauser: Genau das macht die Qualität unseres österreichischen „Tatort“ und der Konstellation Eisner/Fellner aus. Wir sind – bei aller Tragik – doch auch humorvoll. Wir nehmen uns und die Situation auch gerne auf die Schippe. Das ist etwas, was die Zuschauer, an uns mögen, glaub' ich.
Neuhauser: Ja, schon. Aber natürlich behalte ich die Zügel in der Hand. Die Figur darf nicht die Oberhand gewinnen, das ist wohl klar. Sonst könnt' ich sie auch nicht spielen. Ich habe keine Sorge, dass ich mich in Bibi Fellner verlieren könnte, oder in einer anderen Figur, die ich spiele. Ich erforsche eine Figur, das macht mir viel Spaß. Dann versuche ich, sie mit meinen eigenen Sichtweisen und mit meinem Temperament und mit meinem Humor umzusetzen.
Neuhauser: Ja – wobei: In der Intensität, in der wir arbeiten, und durch die mittlerweile nur noch 21 Drehtage müssen wir doch auch sehr, sehr fix arbeiten. Da kommt man nicht wirklich dazu, die Figur abzulegen. Man geht mit ihr schlafen, steht auf – und ist schon wieder im nächsten Drehtag. Ich geh' da auch darauf ein und lasse mich voll von dieser Aufgabe erfüllen.
Neuhauser: Das ist auch nicht viel. Für einen Neunzigminüter ist das schon ein ziemliches Pensum. Und wenn wir dann noch schwierigere Momente haben – Nachtdrehs, Außendrehs, die vom Wetter abhängig sind oder vom Lärm – kommen wir manchmal ziemlich unter Druck.
Neuhauser: Wenn ich kann, gern. Aber ich hab' zuletzt leider vieles nicht sehen können, weil ich beschäftigt war. Ich spiele auch noch Theater.
Neuhauser: Leider ist am 15. Februar die letzte Vorstellung. Aber es war schön, das hat gutgetan.
Neuhauser: „Fasching“ von Gerhard Fritsch am Wiener Volkstheater. Wir spielen eine eigens angefertigte Bühnenfassung des Romans.
Neuhauser: Ich war lange weg vom Theater. Aber ich habe gemerkt, das ist a bisserl wie Radfahren. Man verlernt's nicht.
Neuhauser: Ich mag die Münsteraner sehr gerne, ich mag Tukur gerne, ich mag Axel Milberg gerne. Das sind so meine Highlights, die ich anschau'.
Neuhauser: Ja, man muss wirklich aufpassen. Es nimmt ein bisschen überhand.
Neuhauser: Ja, das ist schon immer ein Warten auf die Teams. Unsere Sendetermine sind auch ein bisschen eigenartig. Wir produzieren immer ein Jahr vorher. Im Frühjahr letzten Jahres haben wir zwei „Tatorte“ gedreht, von denen einer – eben „Sternschnuppe“ – erst jetzt, am 7. Februar, ausgestrahlt wird. Wann der zweite gezeigt wird, weiß ich nicht. Dieses Jahr drehen wir drei.
Neuhauser: Ja, ja. Total. Mit enormen Einschaltquoten. Es freut uns schon sehr, dass wir so gute Quoten haben.
Neuhauser: Naja, ich hätt's ja auch lassen können. Ich hätt' nicht davon erzählen müssen. Ich hab's freiwillig getan – und gern, weil wir in einer Gesellschaft leben, die zu zwei Dritteln unter Burnout und Depressionen leidet. Ich weiß aufgrund meiner Biografie, dass man aus diesen schwarzen Löchern wieder herauskommen kann. Ich wollte damit auch Leuten helfen und zeigen, dass es geht, dass das Leben lebenswert ist. Und dass man manchmal Hilfe braucht und diese auch annehmen sollte.
Neuhauser: Ja. Weil ich finde, Tabuisieren von Schwächen und Ängsten macht die Ängste nur noch größer – unverhältnismäßig größer. Schwächen und Ängste sind kein Makel. Wir sind nicht uninteressanter oder schlechter deswegen.
Adele Neuhauser
Geboren am 17. Januar 1959 in Athen, übersiedelte Adele Neuhauser als Vierjährige nach Wien und wuchs beim griechischen Vater auf, nachdem die Mutter die Familie verlassen hatte. Als Kind litt sie an Depressionen und unternahm mehrere Suizidversuche. Ihre Karriere begann am Theater. Erfolge feierte sie in Regensburg als Mephisto. Daneben spielte die mehrfach ausgezeichnete Darstellerin in Film- und Fernsehproduktionen. Sie ist Mitglied der Akademie des Österreichischen Films.
Populär wurde sie als „Tatort“-Ermittlerin Bibi Fellner und in der Serie „Vier Frauen und ein Todesfall“.