Daniel Behle, Jahrgang 1974, ist einer der gefragtesten deutschen Tenöre – vor allem in den Opern von Mozart, Wagner und Strauss. In den Bayreuther "Meistersingern" von Barrie Kosky singt er den David an der Seite von Michael Volles Hans Sachs. Neben seiner Präsenz auf den großen Opernbühnen verfolgt er seit Jahren eigene Projekte, etwa mit ungewöhnlichen Liedprogrammen, Operettenschlagern oder einer Hommage an seine Geburtsstadt Hamburg. Oft macht Behle, der auch Komponist ist, die Arrangements selbst. Das jüngste Projekt ist ein Rundumschlag mit italienischen Belcanto-Hits, begleitet nicht von Orchester, sondern vom Alliage Saxofon-Quintett. Premiere von "Behlcanto" ist am 13. März im Theater der Stadt Schweinfurt.
Daniel Behle: Nein, da kann ich Sie gleich aufklären. Ich habe ein Faible für Neues. Ich mag nicht so gerne ausgetretene Pfade noch weiter austreten. Ich mache ja ganz viel ganz normales Liedprogramm, ganz viel normale Oper, ganz viel normales Business. Aber mein Herz hängt an ausgefallenen Sachen. Die noch keiner gemacht hat, wenn man das so sagen will. Ich habe ja in Hamburg bei Peter Michael Hamel Komposition studiert und mich immer sehr breit für Musik interessiert. Es war immer die Idee, das alles zusammenfließen zu lassen. Und so habe ich mit verschiedenen Projekten Blut geleckt, immer abgefahrenere Sachen zu machen.
Behle: Ja, das Alliage Quintett ist seinereseits bekannt für witzige Programme. Zusammen machen wir "Behlcanto": italienische Musik von "Nessun dorma" bis "O sole mio". Aber alles mit der speziellen Note von mir als Norddeutscher. Stefan Malzew hat das Programm arrangiert, das werden wir jetzt mal ausprobieren. Schweinfurt ist die Feuertaufe. Sie müssen sich vorstellen: Vier Saxofone haben einen ungeheuren Schalldruck. Ob das mit Sänger alleine funktioniert... Andererseits sind sie klassisch ausgebildet, die können natürlich auch leise spielen. Wenn man sich übrigens alte Caruso-Platten auf Youtube anhört, dann klingt das alles doch immer ein bisschen wie Saxofon.
Behle: Die sind halt sehr, sehr gut, die können alles auf ihren Instrumenten. Ich will natürlich auch den Mehrwert. Man muss wissen, warum höre ich mir das jetzt so an und nicht mit einem Orchester aus Bologna und einem italienischen Tenor. Nach diesem Mehrwert suchen wir noch ein bisschen, wir wollen das ja auch als CD herausbringen.
Behle: Ja, das Programm, das ich mir da aufgeladen habe, tut sich keiner der Kollegen an, das ist sehr anspruchsvoll und viel zu viel für einen Abend. Da hole ich mir aber ein bisschen das Repertoire wieder, das ich als festangestellter Sänger noch singen konnte. Jetzt im freien Markt werde ich hauptsächlich für Mozart, Wagner und Strauss gebucht, also das deutsche Repertoire. Ich mache mir damit also selbst ein Geschenk.
Behle: Man muss immer überlegen, wie ernst man das nimmt. Man wird zu 99 Prozent von Leuten kritisiert, die selber nicht singen. In der Hinsicht muss man das auch mit Humor sehen. Wie man mit Kritik umgeht, der man da ausgesetzt ist, da habe ich ein großes Vorbild in Klaus Florian Vogt. Der musste manche Kröte schlucken und ist jetzt ein Star. Plötzlich sind auch lyrische Passagen willkommen, plötzlich merkt man, kuck mal, der Wagner will ja gar nicht so ein Geschrei haben. Da verdanke ich Klaus mit seiner stoischen norddeutschen Ruhe sehr viel.
Ich stelle mich schon seit vielen Jahren sehr breit auf. Ich langweile mich einfach viel zu schnell. Wer Behle kennt, weiß, dass der nicht mit Mainstream-Zeug zu ködern ist – wenn's nicht wahnsinnig viel Geld gibt. Was ich mache, ist immer etwas Besonderes oder Spezielles. Das große Publikum geht natürlich mehr in die Konzerte, bei denen es weiß, was kommt. Eine "Müllerin", eine "Winterreise", eine "Zauberflöte" oder eine "Carmen", die sind meist voller als ein spezielles Programm. Wobei ich denke, dass das italienische Repertoire immer gut zieht. Das ist längst in den Zeitgeist übergegangen, es sangen ja schon Telefonverkäufer "Nessun dorma" in Casting Shows.
Behle: Ich muss das eben auf meine Art singen. Ob ich erfülle, was ich mir vorstelle, das wird man dann sehen. Mein Lohengrin hatte am Anfang auch Gegenwind und wurde dann mit viel Wohlwollen bejubelt, weil ich meinen Stiefel durchgezogen habe. Hätte ich auf andere Leute gehört, hätte ich den vielleicht nie gesungen. Aber andererseits: Hätte ich auf andere Leute gehört, würde ich immer noch Posaune spielen.
Behle: Naja, man muss sich jetzt nicht anmaßen, überall mitzureden. Leute, die Regie machen und das können, die wissen, was von außen gut aussieht. Für uns als Opernsänger ist es sehr schwierig, sich vorzustellen, wie eine Geste von außen wirkt. Weil man durch sein Ego oder seine eigene Wahrnehmung verblendet ist. Ich finde es manchmal schwierig, Konzertaufnahmen von mir zu sehen. Manchmal gefalle ich mir, und manchmal geht's mir unglaublich auf den Wecker. Bei einem guten Regisseur hat man Vertrauen, und wenn einer keinen Plan hat, lächelt man und behilft sich mit seinem Fundus an Bewegungen, die man schon kennt. Das ist dann auch nicht schlimm, das geht vorbei. Ist ja alles nicht für die Ewigkeit.
Behle: Der Tristan wäre ein ferner Wunsch. Aber es muss passen und ich muss die Kraft dafür entwickeln. Ich weiß ja auch, wie sehr die Leute Federn lassen, die solche Rollen singen. Es gibt zwar mehr Geld, aber du lässt Gesundheit auf der Bühne bei solchen Rollen. Ich weiß nicht, ob ich das möchte, mitnehmen kannst du eh nichts, und irgendwann liegst du in der Kiste und das war's. Ich will versuchen, dass ich singe und lebe. Deshalb: viel Nein sagen und viel mischen.
Daniel Behle & Alliage Quintett: "Behlcanto". Arien u.a. von Rossini, Bellini, Puccini, Donizetti, Verdi. Freitag, 13. März, 19.30 Uhr, Theater der Stadt Schweinfurt. Karten: Tel. (09721) 51 49 55.