Für Friede Springer ist es ein Jahr der Jubiläen: Vor hundert Jahren wurde Axel Springer (1912-1985) geboren, vor sechs Jahrzehnten ging „Bild“ an den Start – beide Ereignisse feierte der Konzern jüngst über mehrere Wochen mit großem Aufwand. Für Mittwoch (15. August) hat der Konzern 200 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur in die Berliner Zentrale eingeladen. Die Mehrheitseigentümerin und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende von Deutschlands größtem Zeitungshaus wird 70 Jahre alt.
Eine Feier speziell für sie ist eher ungewöhnlich: Friede Springer, eine der mächtigsten Frauen der Republik, drängt sich nicht in den Vordergrund, Glanz und Glamour sind ihre Sache nicht. So war auch aus Friede Springers Privatleben lange nicht viel bekannt. In einer Biografie der Journalistin Inge Kloepfer aus dem Jahr 2005, die nun in einer aktualisierten Fassung wieder aufgelegt wird (Hoffmann und Campe), hat sie Einblick in ihren Lebenslauf gegeben.
Die Enge der Insel Föhr
Es ist der beharrliche Weg einer Frau, die früh den Willen hatte, der Enge ihrer Heimat auf der Insel Föhr zu entkommen, und vom Kindermädchen an die Spitze des heutigen Medienmultis aufstieg. Das ungewollt zweite Leben der Friede Springer begann nach dem Tod ihres Ehemannes. Mit 43 Jahren wurde sie seine Haupterbin und eine von drei Testamentsvollstreckern. Woher hatte sie den Mut, das Verlagshaus zu übernehmen? „Ich weiß nicht, ob 'Mut' das richtige Wort ist“, sagte sie in einem Interview. „Ich fühlte mich einfach herausgefordert, das Haus zusammenzuhalten und vor Übernahmen zu schützen.“
Über eine Zeitungsanzeige war die 23-jährige Tochter eines Gärtnermeisters, die damals Friede Riewerts hieß, in den Hamburger Haushalt von Axel Cäsar Springer gekommen. Der 30 Jahre ältere Verleger war zum vierten Mal verheiratet, in der Ehe kriselte es. Springer verliebte sich auf den ersten Blick in die blonde Friesin. Der Verleger, der nach seiner Scheidung Friede Springer 1978 heiratete, setzte seine fünfte Frau einem starken Besitzanspruch aus. „Sie hatte sich auf den Verleger zu konzentrieren – die Bedingung dafür, dass sie bleiben konnte – und sie blieb“, schreibt Biografin Kloepfer. Friede Springer blieb kinderlos. Es war die Zeit, in der der Verleger zur Personifizierung all dessen wurde, wogegen die Studentenbewegung der 68er kämpfte. Springer suchte Zuflucht in der Beziehung zu Friede, bei ihr fand er Verständnis.
Für Friede Springer wurden die Gespräche zum wichtigsten Startkapital in das Verlagsgeschäft. „Während Axel sprach, hatte ich Zeit, die Menschen genau anzuschauen“, sagte sie später. Dieses Gespür für Menschen half ihr auch, sich nach dem Tod ihres Mannes gegen die Begehrlichkeiten der Konkurrenten – von Kirch bis Burda – um eine Vormachtstellung beim verschuldeten Verlag zu wehren. Sie hielt stand gegen die Großen der Medienbranche und setzte sich am Ende durch. Den Mehrheitsbesitz der Familie am Verlag ließ sie festschreiben und baute mit viel Geschick ihr Aktienpaket aus. Überschattet wurde die Erbfolge vom Streit mit dem Springer-Enkel Axel-Sven Springer um den Letzten Willen seines Großvaters. Am Ende siegte Friede Springer vor Gericht. Ja, Zweifel habe sie gelegentlich gehabt, das Erbe anzutreten. „Aber ich habe nie aufgegeben, sondern einfach weitergemacht. Es waren die Herausforderungen, die mich reizen.“
In das operative Geschäft mischte sie sich nie ein. Die Manager müssten aber „Bodenhaftung“ bewahren und die Familie in ihre Entscheidungen einbeziehen. Springer übte maßgeblichen Einfluss bei Personalien aus, etwa bei der Absetzung des Vorstandsvorsitzenden Jürgen Richter und bei dem Aufstieg des Journalisten Mathias Döpfner zum heutigen Unternehmenschef.
Auf Modernisierungskurs
Die Entscheidung, den Zwei-Meter-Mann zum Vorstandsvorsitzenden zu berufen, erwies sich als gelungener Griff. Döpfner trieb den Modernisierungskurs von Axel Springer voran, das Unternehmen schreibt heute Rekordzahlen. Doch auch aus ihrem Hadern, ob Döpfner die richtige Wahl war, macht Friede Springer keinen Hehl – etwa nach dem Desaster um den Einstieg beim Postzustelldienst PIN, der den Konzern rund 600 Millionen Euro kostete. Sie habe an ihm festgehalten, weil sie Döpfner vor allem zutraute, aus Fehlern zu lernen.
Friede Springer, die auch eine Stiftung zur Erforschung von Herz- und Kreislauferkrankungen gegründet hat, hat das Medienhaus konsequent dem Kapitalmarkt geöffnet und auch zeitweilig US-Finanzinvestoren beteiligt. Ein reines Zeitungs- und Zeitschriftenhaus ist Axel Springer längst nicht mehr – mehr als ein Drittel von Umsatz und Gewinn erwirtschaftet der Konzern im Internet.