Patrick Süskind ist ein literarisches Phänomen – und ein Phantom. Eines seiner letzten öffentlich bekannten Fotos stammt aus den 80er Jahren. Neue Bilder lehnt er ab, Interviews und öffentliche Auftritte sowieso. „Daran hat sich nichts geändert“, sagt eine Sprecherin des Diogenes-Verlages, der seine Werke auf den Markt brachte. „Es gibt keine neuen Buchpläne, da gibt es nichts Neues.“
Fast scheint es so, als habe Süskind sich Roland Barthes' bahnbrechenden Aufsatz vom „Tod des Autors“ aus den 1960er Jahren etwas zu sehr zu Herzen genommen. Barthes vertrat die These, dass die Biografie des Autors weit weniger wichtig für das Verständnis seines Werks sei als angenommen und läutete mit der Debatte darum eine neue Ära in der Literaturwissenschaft ein.
Ein solches Werk ohne Autor hat gewissermaßen auch Süskind geschaffen. Am Mittwoch (26. März) wird der Mann, der einen der meistverkauften deutschen Romane überhaupt schrieb, den Ruhm aber nie zelebrieren wollte, 65 Jahre alt.
Den Ruhm verdankt der Schriftsteller, der heute irgendwo zwischen München, Paris und Starnberg leben soll, einem Mann mit der besonderen Gabe, so gut riechen zu können wie niemand sonst auf der Welt. Im Jahr 1985 brachte Süskind „Das Parfum“ auf den Markt. Jenes monumentale Werk über das olfaktorische Genie Jean-Baptiste Grenouille, einen Sonderling, der zur mordenden Bestie mit nur einem einzigen Ziel wird: den Duft schlechthin zu kreieren.
Das Buch wurde millionenfach verkauft und in 45 Sprachen übersetzt. Es ist ein Roman, der die Gabe hat, seine Leser weit über das Lesen hinaus zu fesseln, der Bilder im Kopf entstehen lässt, die niemanden so schnell wieder loslassen. Als der Regisseur Tom Tykwer diese Bilder im Jahr 2006 auf die Leinwand zu bringen versuchte, bestätigte sich für einige das, was Kritiker befürchtet hatten: Das Buch ist unverfilmbar. Die Wucht der Worte vermochten die Bilder nicht ansatzweise zu erreichen.
Doch Süskind, der in Ambach am Starnberger See geboren wurde, Geschichte studierte und seine Karriere mit Erzählungen, Drehbüchern und Theaterstücken begann, hatte sich breitschlagen lassen von seinem Freund Bernd Eichinger.
Jahre-, jahrzehntelang hatte der Produzent auf den Schriftsteller eingeredet, ihm die Filmrechte am „Parfum“ zu verkaufen. So sehr beschäftigte ihn der Stoff, dass Regisseur Helmut Dietl (ebenfalls ein enger Freund Süskinds) das Ringen zwischen Eichinger und Süskind in seinem Film „Rossini – oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief“ zum Thema machte. An „Rossini“ arbeitete Süskind mit – ebenso wie bei Dietls grandioser Kultserie „Kir Royal“. Bei der „Parfum“-Verfilmung war das anders. „Süskind hat explizit gesagt, dass er an der Entstehung des Films nicht beteiligt sein will“, sagte der 2011 gestorbene Eichinger einmal. Der Film verkraftete das nicht. Zur Weltpremiere im Jahr 2006 erschien Süskind nicht. Oder vielleicht doch – und es hat ihn einfach niemand erkannt.
Im selben Jahr schrieb der Fotograf Konrad Rufus Müller, der dem Autor einmal viel Geld zahlen musste, weil er Bilder von ihm ungefragt veröffentlicht hatte, im Berliner „Tagesspiegel“ über Patrick Süskind: „Gingen wir ins Café, saß ich draußen, er immer innen, am hintersten Tisch, mit dem Rücken zur Wand. Immer alles im Blick, aber nie gesehen werden.“