Michael Lerchenberg hat in diesen Tagen kaum Zeit. Bei den Luisenburg-Festspielen im oberfränkischen Wunsiedel ist er gleich in dreifacher Funktion aktiv: Er ist Intendant, er inszeniert – und er spielt eine Hauptrolle im Stück „Die Fahnenweihe“. Heftige Wochen seien das. „Es fordert sehr“, sagt Lerchenberg. Aber er klingt nicht gestresst. Er mag seine Aufgaben rund um die imposante Felsenbühne. Und seinen Geburtstag muss er ja auch noch planen – am 3. August wird er 60. Gefeiert wird groß: „Da lassen wir es krachen.“
Seit 2004 ist er Chef auf der Luisenburg. Bis zu 150 000 Zuschauer kommen jeden Sommer. Lerchenberg, so sagt der Wunsiedler Bürgermeister Karl Willi Beck, sei ein „Glücksfall“ – nicht nur für das Festival, sondern auch für die Region. Lerchenberg, der in Dachau geboren wurde und in München lebt, verbringt mehr als drei Monate im Jahr in Wunsiedel, bezeichnet sich als „Teilzeit-Oberfranken“ und bringt Selbstbewusstsein in die Region, die gegen den Bevölkerungsschwund und Strukturprobleme kämpft. Die Luisenburg gilt inzwischen als etablierte Bühne für kritisches Volkstheater, begeistert mit Musicals und Familienstücken. Die Gäste kommen teils von weit her. Lerchenberg, der nicht nur als Intendant, Schauspieler und Regisseur, sondern auch als Autor und Dozent arbeitet, absolvierte seine Ausbildung an der Münchner Otto-Falckenberg-Schule, eine der ersten Rollen spielte er 1979 in einer Ludwig-Thoma-Verfilmung.
Doch dann zog es ihn zunächst in den Norden. Von 1983 an spielte er wieder in München, aber auch auf etlichen anderen Bühnen. Auch zahlreiche TV-Rollen bekam er, etwa als Prälat in der Krimiserie „Der Bulle von Tölz“ oder in der BR-Produktion „Löwengrube“.
Trotzdem – Lerchenberg geriet nie in die bajuwarische Schublade, konnte sich den Klischeerollen in Trachtenjanker und vor Bergpanorama entziehen. „Man muss aufpassen, was man macht. Und man muss auch einmal Nein sagen können. Ich habe Glück gehabt, dass ich mit tollen Rollen gestartet bin. Das schärft einem dann den Blick“, sagt er. Wichtig seien auch seine „norddeutschen Lehr- und Wanderjahre“ gewesen. „Ich wollte unbedingt weg aus Bayern, deshalb habe ich in Norddeutschland gespielt. Das war eine ganz wichtige Zeit für mich.“
Kritische Distanz zu München
Man entwickle eine kritische Distanz zu Bayern und zu München, lerne bestimmte Dinge aber auch erst richtig zu schätzen. „Man erweitert seinen Horizont. Ich habe davon irrsinnig profitiert – ich habe einen anderen Blickwinkel bekommen.“
Und: Bei einem Tanztheaterstück in Norddeutschland hat Lerchenberg vor 30 Jahren seine Frau kennengelernt. Jahrelang kannte das TV-Publikum Lerchenberg vom Starkbieranstich auf dem Nockherberg – im Singspiel verkörperte er von 1984 bis 2007 Edmund Stoiber. 2008 bis 2010 trat er als Bruder Barnabas auf und las der Politprominenz als Fastenprediger die Leviten. Doch dann wählte er einen umstrittenen KZ-Vergleich und empörte viele Beobachter. Lerchenbergs Zeit auf dem Nockherberg war vorbei. Neben seinem Chefposten auf der Luisenburg ist Lerchenberg bayernweit mit Ludwig-Thoma-Programmen unterwegs oder mit der „Oper auf Bayrisch“.
Als Intendant auf der Luisenburg läuft sein Vertrag bis 2018. Vor zwei Jahren sei er vor der Frage gestanden, ob er weitermache. „Meine Motivation war dann: Bis 2018 fällt mir genug ein, was wir realisieren können. Mir graut vor dem Moment, in dem ich den eigenen Spielplan wiederholen müsste.“ Aber es gebe noch eine Menge spannender Projekte.