Blondes Haar, verführerischer Augenaufschlag, und ihre vollen, roten Lippen hauchen „I wanna be loved by you“. Sie war eine der am meisten fotografierten Frauen des 20. Jahrhunderts und wurde als Sexsymbol unsterbliche Ikone für ein ganzes Zeitalter: Marilyn Monroe starb vor 50 Jahren – aber der Mythos ist lebendiger denn je. Ihr früher Tod am 5. August 1962 schuf die Basis dafür. „Andere Stars wurden älter, aber die Monroe blieb das Gesicht, das wir aus ihren Filmen kennen“, sagt Peter Schnug, Filmhistoriker aus Düsseldorf. Der 49 Jahre alte Sammler („Seit meinem zwölften Lebensjahr liebe ich Marilyn“) hat ein Archiv mit 80 000 Dingen zusammengetragen, Drehbücher, Fotos, Bücher, persönliche Dokumente, private Film- und Tonaufnahmen der Schauspielerin. Mit dem „Marilyn Monroe Information Center“ ist Schnug seit 15 Jahren im Internet präsent.
„Marilyn verkörperte den amerikanischen Traum und ließ das Märchen vom Aschenputtel wahr werden. Sie kam aus einfachen Verhältnissen, wurde zum Filmstar in Hollywood und damit schon zu Lebzeiten eine Legende“, erzählt Schnug. Ihre größte Rolle war die der Marilyn, denn die Flitterfee war ein Kunstprodukt, „die reine Maske“.
Geboren als Norma Jeane Mortenson (und getauft als „Norma Jean Baker“, also mit einem anderen Nachnamen wegen unterschiedlicher Partner ihrer Mutter; auch der zweite Vorname wurde in verschiedenen Dokumenten anders geschrieben), entwickelte sie Ende der 40er Jahre – sie war schon ein erfolgreiches Model – mit einem Visagisten den „Monroe-Look“: blonder Vamp, naiv und sexy. „Das wurde ihr nicht nur von der Filmgesellschaft übergestülpt, zu drei Vierteln hat sie es selbst getan.“ Anfangs zumindest, dann kämpfte sie lange gegen das Image vom personifizierten Blondinenwitz.
Angeblich mehrere prominente Liebhaber
Zum Mythos gehört auch, dass Norma Jeanes Biografie dem Marilyn-Bild angepasst wurde. Fürs Image vom blütenreinen Star wurde vertuscht und gelogen. Die psychisch kranke Mutter wurde ebenso verschwiegen wie Marilyns chronisches Frauenleiden Endometriose (Erkrankung der Gebärmutterschleimhaut) – unpassend in der sauberen Glitzerwelt Hollywoods, die die Kunstfigur gnadenlos vermarktete. Bei der Beschreibung ihres Lebens verschwammen Realität und Fiktion immer mehr. Fakt ist: Sie hatte drei Ehemänner, darunter Dramatiker Arthur Miller („Hexenjagd“). Filme hinterließ sie 32, darunter „Manche mögen's heiß“ als größter Erfolg, in dem sie auch das „I wanna be loved by you“ haucht. Angeblich hatte sie auch mehrere prominente Liebhaber. Weltweit die Fantasie beflügeln vor allem langlebige Legenden wie ihr angebliches Verhältnis zu US-Präsidenten John F. Kennedy und dessen Bruder Robert. Sie trugen ebenso zur Mystifizierung bei wie Marilyns früher Tod mit nur 36.
Vergiftete sie sich mit Schlaftabletten, weil sie den Zwiespalt ihres Lebens nicht mehr ertrug (lesen Sie dazu auch die graue Infobox)? War es Suizid, oder wurde sie getötet? Etwa von den Kennedys, weil sie das Verhältnis beenden wollte, oder von der CIA, weil sie das Verhältnis nicht beenden wollte?
Der Kontrast vom Leben im Rampenlicht und düsteren Verschwörungstheorien schuf die Basis für eine Popularität, die bis heute ungebrochen ist. Im Laufe der Jahrzehnte sind 2000 Biografien, Romane und Bildbände über die Monroe erschienen. Einige wurden verfilmt, zuletzt „My Week with Marilyn“. Dazu kommt ein schwunghafter Devotionalienhandel. Schnug: „Bei der Monroe kostet jeder Schiet viel Geld.“ So wurde im April ein 70 Jahre altes Schulzeugnis von Norma Jeane für 21 250 Dollar (etwa 16 000 Euro) versteigert. Für drei Röntgenbilder aus dem Jahr 1954 zahlten Sammler 2010 rund 45 000 Dollar. 1999 verschuldete sich ein Ehepaar aus der Schweiz, um Sandaletten des Stars für mehr als 34 000 Dollar zu kaufen. „Man erkennt sogar noch Schweißränder darin und ihren Fußabdruck“, verrieten sie – ruiniert, aber begeistert. 2011 wechselte für 4,6 Millionen Dollar das weiße Kleid den Besitzer, das Marilyn 1955 in „Das verflixte 7. Jahr“ trug und das von der heißen Luft eines U-Bahn-Schachtes hochflattert.
An ihrem Grab im Westwood Memorial Park bei Los Angeles wollen am 5. August rund 2000 Menschen ihres Idols gedenken. Auch Schnug wird auf dem Friedhof zur Fangemeinde sprechen. „Ihr früher Tod vor 50 Jahren ist das offene Ende ihres Lebens“, heißt es in seinem Manuskript. Und: „Die Legende lebt weiter.“ Text: dpa/tbr
Die Monroe in Zitaten
• „Ich glaube, meine Liebe, wenn das das richtige Wort ist, war vor allem das herrlich berauschende Gefühl, begehrt, geliebt und umhegt zu werden.“ (Marilyn Monroe nach ihrer Ehe mit James Dougherty) • „Wir hatten es beide nicht geschafft, die Zauberformel zu finden, die das Leben des anderen hätte verändern können.“ (Gatte Nummer drei, Arthur Miller, zum Scheitern seiner Ehe mit Marilyn) • „Sie ist der Inbegriff des Widerspruchs von Moral und Sex in den 50er Jahren. Ihr Sex war nicht fordernd, sondern weckte bei Männern Beschützerinstinkte. Frauen waren durch ihr sanftes Gesicht angezogen, aber gleichzeitig war sie auch der Typ, der dir über Nacht den Mann wegnimmt.“ (Monroe-Biografin Ruth Esther Geiger) • „Als Sexsymbol hat man eine schwere Last zu tragen. Vor allem, wenn man müde, verletzt und enttäuscht ist.“ (Marilyn Monroe in einer privaten Notiz) • „Große Titten, großer Arsch, großer Rummel.“ (Marilyn Monroe über ihre Karriere) • „Hollywood ist ein Ort, wo sie dir 1000 Dollar für einen Kuss geben, aber nur 50 Cents für deine Seele.“ (Marilyn Monroe) • „Insgeheim habe ich immer das Gefühl gehabt, nicht vollkommen ,echt' zu sein. Ich glaube, jeder Mensch fühlt das von Zeit zu Zeit. Aber in meinem Fall geht das so weit, dass ich manchmal denke, ich sei nur ein Kunstprodukt.“ (Marilyn Monroe in einem Interview) • „Verdammt, ich wünschte, ich wäre tot – gar nicht vorhanden – fort von hier – von überall.“ (Aus einem im Nachlass gefundenen Gedicht von Marilyn Monroe) • „Hollywood schuf einen Superstar. Und Schmerz war dein Preis dafür. Selbst nach deinem Tod hat dich die ganze Presse noch gejagt.“ (Elton John, Songtext von „Candle in the Wind“, 1973) • „Ich habe durch Zufall davon erfahren, dass der Platz neben ihr frei geworden ist, und sofort zugeschlagen. Wer will nicht bis in alle Ewigkeit neben Marilyn liegen?“ („Playboy“-Gründer Hugh Hefner 2009 nach dem Kauf seiner Grabstelle). Text: dpa
ONLINE-TIPP
Vom Pin-up-Girl zur Hollywood-Ikone: Marilyn Monroes Leben in Bildern unter: www.mainpost.de