Ruhestand ist für Manoel de Oliveira so etwas wie ein Schimpfwort. Wenn der älteste aktive Filmregisseur der Welt heute, Mittwoch (11. Dezember), zu seinem 105. Geburtstag im großen Kreis von Familie und Freunden in Porto im Norden Portugals wieder einmal Kerzen auspusten muss, dann wird er nicht nostalgisch zurück-, sondern energisch nach vorne blicken. Schon Anfang kommenden Jahres will er mit den Dreharbeiten zu seinem neuesten Film („O Velho do Restelo“, „Der Alte von Restelo“) beginnen. Dabei hat er die 350 000 Euro, die er fürs Projekt benötigt, noch längst nicht beisammen.
Die Wirtschaftskrise im ärmsten Land Westeuropas bekomme auch der Film deutlich zu spüren, klagt der einzige noch lebende Regisseur, der schon zur Stummfilmzeit gearbeitet hat. Das fortgeschrittene Alter und die zunehmenden Gesundheitsprobleme halten den Querdenker nicht davon ab, sich mit den Mächtigen anzulegen.
Offener Brief an Regierungschef
In einem offenen Brief von Intellektuellen an Regierungschef Pedro Passos Coelho prangerte de Oliveira vor einem Jahr als Erst-Unterzeichner die Kürzungen im Kultur- und speziell im Kinosektor an. Kino sei „der Spiegel des Lebens“, sagte der Portugiese. Und das Leben in Portugal sei derzeit „sehr schlimm“.
De Oliveira geht am Stock und leidet immer mehr unter Vergesslichkeit, ansonsten sprüht er vor Arbeitswut und Lebensfreude. Die Karriere des einstigen Autorennfahrers und Portweinwinzers begann 1930 mit einem Stummfilm über den Fluss Douro. Seit 1990 dreht er einen Film pro Jahr. „Ich bin voller Ideen, meine Energie bekomme ich von den Sternen“, versichert der Mann, der als Sohn einer reichen Familie in Porto geboren wurde und mit Stars wie Catherine Deneuve, John Malkovich oder Marcello Mastroianni drehte.