Zur Eröffnung der Spielzeit setzt das Landestheater Schwaben auf eine heitere Sicht auf die unangenehmen Dinge, die unsere Gesellschaft gegenwärtig belasten. Die bissige Komödie „Bezahlt wird nicht“ des italienischen Autors Dario Fo von 1974 spricht Probleme an, die auch heute wieder sehr aktuell sind: Preissteigerungen wegen der Ölkrise, drohende Verlagerung der industriellen Produktion, steigende Kreditzinsen. Der Schauspieler, Theatermacher und Literaturnobelpreisträger schafft es, gesellschaftliche Härten und ernüchternde Realitäten mit aufbauendem Humor und befreiender Fantasie zu verbinden. Dem Ensemble der Landesbühne unter der Regie von Tobias Sosinka gelingt diese Verbindung nicht so gut. Die fünf Schauspieler können dennoch in dem zweieinhalbstündigen Abend einige komische Höhepunkte setzten.
Bei einem spontanen Protest gegen Inflation und Preistreiberei beschließen Frauen in einem Supermarkt, überhaupt nichts mehr für die Waren zu bezahlen. Unter ihnen auch die arbeitslose Antonia, die soviel wie möglich zusammenrafft und sich mit einem Haufen Tüten davon macht. Mirjam Smejkal spielt sie selbstbewusst, hart und kämpferisch. Endlich ist wieder etwas zum Essen auf dem Tisch, doch was wird ihr gesetzestreuer Ehemann Giovanni dazu sagen? Unfreiwillig in die anarchische Aktion hineingezogen wird ihre Freundin Margherita (Flurina Carla Schlegel), die ihr beim Verstecken der erbeuteten Waren hilft. Einiges davon landet im Mantel von Margherita, die daraufhin ziemlich schwanger wirkt, als sie dem überraschend heimkehrenden Ehemann von Antonia begegnet. Aus dieser scheinbaren Schwangerschaft erwächst ein turbulentes Durcheinander, das nebenbei noch den Kapitalismus kritisiert.
Oft ist die Komik beim Spielzeitauftakt am Landestheater Memmingen fahrig und zu kindlich
Thorsten Hamer spielt den aufrichtigen und akribisch auf Einhaltung von Legalität bedachten Ehemann Giovanni. Mit seinem Sinn für Timing und gut gesetzte Pointen trägt er die Komik des Stückes. Ihm gelingt ein grandioser Moment, als Giovanni der Hunger plagt. In der Eile hat Antonia im Supermarkt nur Tiernahrung eingepackt. Hamers wortloser, mit sich ringender Blick auf die Dose Hundefutter ist schreiend komisch. Warum aber der Schauspieler als Einziger eine stimmungstötende Perücke tragen muss, erschließt sich nicht.
Ansonsten ist die Komik fahrig und zu kindlich. Zwar bringt André Stuchlik mit seiner Verkörperung von Wachtmeister, Carabiniere, Bestatter und alter Schwiegervater einige kontrastreiche Figuren auf die Bühne. Doch die Witzigkeit erscheint an manchen Stellen angestrengt und gewollt. Der Humor entsteht nicht aus dem Schmerz und der Wut über real bedrängende Umstände. Man spürt zu wenig vom existenziellen Fundament, das ins Rutschen geraten ist. Gerade aus der im Kern ernsthaften Verhandlung von Problemen bezieht Dario Fo's Satire seine Schärfe, die Regisseur Sosinka jedoch verschenkt. Sie war auch am Schluss nicht mehr herzustellen, als werktreu dem Stück folgend das Bild „Der Vierte Stand“ von Pellizza da Volpedo auf die Bühne geschoben wurde. Die gutgemeinten Wünsche der Schauspieler nach einer besseren und gerechteren Welt voller Lachen, Singen und befriedigender Arbeit wirkten vor dem sozialrevolutionären Bild von 1901 etwas hilflos. Vielleicht sind die Umstände noch nicht brennend genug, damit der innere Protest dagegen zündet.
Die irrwitzige Satire „Bezahlt wird nicht“ hielt jedoch genügend saftige Momente und groteske Situationen bereit, um das Publikum zum Lachen zu bringen. Am Ende gab es lange anhaltenden Applaus.
Weitere Termine am Landestheater Memmingen am 13. und 14. Oktober sowie am 10. und 11. April.