Hätten Sie diese Ikone erkannt? So ganz ohne Vorrede und Bildbeschriftung? Eine Blondine mit Hornbrille, geschäftig mit dem Handy an der Wange, in der nächsten Szene trägt sie einen Bauhelm auf dem Kopf. Auffällig viel Maskerade – für eine Frau wie Isabelle Huppert.
Denn: Wer spielen kann wie sie, wer braucht da Camouflage? Nicht so glatt normschön wie die Deneuve, auch nicht schmollmündig à la Bardot: Isabelle Huppert gilt als die auffällig Unauffällige unter FrankreichsSchauspielgottheiten. Die Lauernde mit dem strengen Blick, immer kurz vor dem Griff zum Messer, vor dem Schuss, der Explosion. Und diese Kraft lauert auch in ihrer neuen Rolle, im Film "Die Gewerkschafterin". Ein Fall für die Huppert, Kino-Ikone von 70 Jahren.
Isabelle Huppert spielte für Chabrol und Godard
Das Psychogramm dieser Heldinnenrolle beschreibt Huppert in einem Interview mit der ARD: "Sie neigt zur Besessenheit. Dabei sieht sie aus wie die Heldin aus einem Hitchcock-Film." Und auch Hitchcock hätte wohl noch seinen Gefallen am Psycho-Spiel der Huppert gefunden: schlanke Gestalt, zarte Haut, hell fast wie Pergament. Die Haare erdbeerblond bis rostrot, aber nicht ganz so blutrot wie ihre Rollen.
Für Michael Haneke spielte sie die "Klavierspielerin" und stieß sich den Dolch in die Brust. In der Verfilmung von Ingeborg Bachmanns "Malina" bleibt nur eine Notiz von ihr: "Es war Mord". Und Gift mixte sie in "Violette Nozière". Von Claude Chabrol bis Jean-Luc Godard, Frankreichs Regisseure vertrauten ihr. 1953 kam sie in Paris zur Welt, offenbar um das Kino und auch die Theater zu schocken, dort zum Beispiel als Ibsens Hedda Gabler. In Summe: gut 150 Filme, zwei Césars, zwei Goldene Palmen, Oscar-Nominierung.
Harte Rolle: Isabelle Huppert in "Die Gewerkschafterin"
In Jean-Paul Samuels "Die Gewerkschafterin" spielt Huppert eine Heldin in Strohblond– "so wie Maureen Kearney auch im echten Leben, das half uns, eine starke Leinwandperson zu schaffen". Denn der Film erzählt die wahre Geschichte einer Aktivistin, die gegen krumme Deals der Atomindustrie kämpfte und für 50.000 Angestellte eines AKW.
Kearney wurde deshalb Opfer eines brutalen Überfalls – und Huppertübernimmt, als Expertin für harte Frauenrollen. "Natürlich bin ich Feministin", sagte sie einmal der Brigitte Woman. "Es bedeutet, Ungerechtigkeiten zwischen Männern und Frauen bekämpfen zu wollen. Und Ungerechtigkeiten gibt es genug."