Sie ist die Stimme des jungen Amerika im Jahr 1963: eine Idealistin, die sich in der Bürgerrechtsbewegung engagiert und an die Gleichheit aller Menschen glaubt. Er ist ein Underdog, geprägt von Armut und Chancenlosigkeit, für den der American Dream nicht gemacht zu sein scheint. Frances, genannt "Baby" und Johnny – ein Paar der klassischen Kombination "Ihr da oben – wir da unten". Dass es für die Lovestory dennoch ein Happy End geben wird, ist Stoff für ein Musical wie "Dirty Dancing".
Musical startet 35 Jahre nach dem Filmklassiker "Dirty Dancing"
35 Jahre hat der Kultfilm von Emile Ardolino aus dem Jahr 1987 nun schon auf dem Buckel. Und doch kommt die Story auf der Bühne immer noch, wenngleich nostalgisch verklärt durch den Blick zurück ohne Zorn, erstaunlich frisch und zeitlos daher. Im Deutschen Theater feierte eine neue Bühnenfassung des Musicals "Dirty Dancing" umjubelt ihre Premiere mit garantierter Sogwirkung: eine perfekte Tanz-Show mit zeitkritischem Background, bei welcher die Regie (Alex Balga) das Abdriften zur Sozialschmonzette gekonnt umschifft. Im Hintergrund läuft eines der dramatischsten Kapitel der US-Historie mit: Live ertönt eine Passage aus Martin Luther Kings legendärer Rede "I have a Dream", wird Präsident John F. Kennedy lebendig und an den Vietnamkrieg erinnert. Das geschieht nebenbei, während man dem harmlosen Freizeittreiben der New Yorker Upper Class im noblen Ferienresort "Kellerman's" zusieht.
Der Plot spielt in einem David-Hockney-gleichen, pastelligen Bühnenbild, das immer wieder unmerklich zwischen dem schicken Hotel-Ambiente zum Schmuddel-Ballroom bei "Miller" wechselt. Hier werden die Gäste mit harmlosen Spielchen animiert und bekommen, in edle Ballkleider gehüllt, von professionellen Gigolos Tanzunterricht (gern auch ein bisschen mehr für manche Lady). Dort lassen es die Angestellten in Hot Pants und Muscle Shirts nach Feierabend so richtig krachen.
Tanz steht auch im "Dirty Dancing"-Musical im Zentrum
Tanz steht denn auch im Zentrum – dirty, also sexy und wild und oft latin im Danceclub, elegant mit Standardtänzen wie Foxtrott im Hotel. Beide Tanzstile werden von der Company gleich überzeugend beherrscht, denn die gesamte Choreographie ist fetzig und rasant, das Turbo-Tempo der Darbietungen faszinierend. Dank der Wunderkraft des Lichtdesigns gelingt es sogar, die Illusion einer Tanznummer im Wasser zu suggerieren. Als "Baby", der unbedarfte Teenager (entzückend Deike Darrelmann), nolens volens für Profitänzerin Penny (hinreißend, ja zum Niederknien, die langbeinige Isabelle Vedder) einspringen muss, lernt sie in zwei Tagen nicht nur Mambo – sie verliebt sich auch in Tanzlehrer Johnny mit der Elvistolle.
Mit Máté Gyenei in dieser Rolle steht ein Protagonist auf der Bühne, der nicht nur charismatisch Erotik pur verkörpert; seine Tanznummern sind unbeschreiblich mit ihren fließenden Bewegungen und der Eleganz der Sprünge, den scheinbar federleichten Drehungen und natürlich den Hebefiguren, mit welchen er den zur Frau erwachten Teenie durch die Luft wirbelt. Dass die Musik nur eingespielt wird, ist schade, dass nur ein Teil der Evergreens live gesungen wird, merkt nicht jeder. Was bleibt, sind Songs wie "Do you love me", "Hey Baby", "The Garden of Eden" oder der Evergreen "Time of my Life" – und natürlich das Gänsehaut-Lied "We shall overcome".
Bis 26.3. Deutsches Theater München, Schwanthalerstraße 13, Tel. 089/ 55 234 250