Es ist ja nicht so, dass in unserem traditionellen Heiligabend-Bilderrätsel nicht auch schon Künstlerinnen zu ermitteln waren. Freilich blieben sie – geschichtlich bedingt – in der Minderheit: Dass Frauen Meisterinnen vor der Leinwand werden konnten, wurde ihnen oft genug verwehrt, vom Elternhaus, von Ausbildungsstätten, die nur Männer aufnahmen, von Ehemännern, die Verfügungsrecht ausübten. Aber es gibt dennoch gar nicht so wenige Ausnahmen; man muss nur willig sein, mit Entdeckerfreuden nachzuschauen, nachzuschlagen. Und schon eröffnen sich schier unglaubliche Biografien – und zudem Werke, die in ihrer Qualität einst den gewiss anspruchsvollen Vatikan und so manches nicht weniger anspruchsvolle Herrscherhaus zufrieden stellten.
Davon soll nun die Rede sein. Zu suchen sind heuer drei Malerinnen; in Selbstporträts werden sie abgebildet unter unserem Weihnachtsmotiv der Geburt Christi als ein typisches Chiaroscuro-Motiv, also einer Malerei der dramatisierenden Hell-Dunkel-Kontraste. Das Hauptlicht geht nicht von der Kerze Josefs aus, sondern vom Christkind selbst, neben dem drei Engel knien. Jesus: schon als Neugeborener das Licht der Welt. Dass das Gemälde bei aller Heiligkeit gleichzeitig Profanes erzählt, dafür steht der den Esel fütternde Josef ein, mehr noch die im Vordergrund bereitliegenden Tücher und Windeln.
Die Biografie der ersten gesuchten Künstlerin klingt wie ein Märchen
Diese Geburt Christi stammt von einer Malerin, deren Biografie für so manche Frau wie eine schön erfundene Geschichte, ja wie ein Märchen anmuten muss. Das Spinett spielend hat sie sich selbst gemalt (siehe unten) – als Ausweis ihrer umfassenden humanistischen Bildung. Man darf behaupten: Diese Künstlerin wurde sensationell außergewöhnlich von Männern unterstützt. Erst von ihrem sie ausbildenden Vater, der ihr die eigene Werkstatt übergeben wollte (wohl auch, weil keine männlichen Nachkommen vorhanden waren), dann von ihrem Ehemann, der aus Einsicht in ihr Können sein eigenes Maltalent hintanstellte und seine Frau in ihrem Metier tatkräftig unterstützte, wozu auch die Organisation eines Haushalts mit einem Stall voller Kinder gehörte.
Wird heute ein Mann geehrt, dann heißt es schnell bei Überreichung eines Blumenstraußes: Die Gattin habe ihm "den Rücken frei gehalten". Im Falle unserer gesuchten Künstlerin muss es indessen heißen: Der Gatte hielt ihr den Rücken frei – als Hausmann, Sekretär, Netzwerkarbeiter. Und so konnte sie also tätig werden als manieristische Porträtistin der einflussreichen Bürger ihrer Heimatstadt, später als Auftragnehmerin von Päpsten und des spanischen Escorial. Übrigens soll sie die erste Malerin eines weiblichen Akts gewesen sein. Minerva stand ihr Modell. Wer war's, die in Bologna geboren wurde und in Rom als Mitglied der Akademie San Luca starb?
Die zweite gesuchte Künstlerin verewigte sich in einem Selbstporträt
Die gesuchte Künstlerin hatte ein Vorbild, ein weibliches. Dieses ist als zweite von drei Malerinnen zu finden. Auch sie verewigte sich in einem Selbstporträt (siehe unten), nicht musizierend, sondern tätig an der Leinwand. Auch sie und ihre Schwestern wurden neben einem Bruder weit mehr als seinerzeit üblich vom Elternhaus im humanistischen Sinn gefördert. Und auch sie hat eine ganz besonders spannende Biografie aufzuweisen, nachdem ihr ein Ruf des Escorial ins Atelier flatterte.
Erstens sollte sie die Familie von König Philipp II. malen, wahrlich ein Kunstkenner; zweitens sollte sie der jungen Elisabeth von Valois als Hofdame dienen und diese unterrichten. Eine Malerin aus Italien bringt einer französischen Prinzessin und künftigen spanischen Königin das Malen bei – was für eine Filmszene! Was daraus alles wurde? Eine herzliche Zuneigung zwischen unserer gesuchten Malerin und Elisabeth von Valois, dazu ein Porträt der jungen Infantin, das Peter Paul Rubens aufgrund seiner hohen Qualität kopierte, und später die auch in die Literatur- und Operngeschichte eingegangene Hochzeit zwischen Philipp II. und Elisabeth. Don Carlos ging leer aus. Wer war's, die in Cremona geboren wurde und – nachdem es sie nach Sizilien verschlagen hatte, wo sie Kollege Anthonis van Dyck besuchte – in Palermo steinalt starb?
Die Dritte stammt aus einem kunstsinnigen Geburtshaus
Fehlt die dritte im Bunde (siehe unten), im Selbstporträt mit Farbpalette. Wieder gilt: kunstsinniges Geburtshaus, verständige Eltern, ein malender Vater, beste humanistische Bildung. Doch mit einem so spektakulären Lebenslauf wie die gesuchten Kandidatinnen Nummer 1 und Nummer 2 kann Nummer 3 nicht aufwarten.
Erstens starb sie früh, zweitens hielt – bei aller Förderung – der Vater lang die Hand auf sie und vor allem auf ihre Einkünfte durch Aufträge von Adelsfamilien aus der Gegend rund um dieselbe Stadt, aus der auch Malerin Nummer 1 stammte. Die Medici, die Gonzaga, die Farnese besaßen Werke der Gesuchten. Und dann hinterließ sie eine weibliche Großtat: Sie gründete an ihrem Geburtsort eine Kunstakademie nur für Frauen, da diese aufgrund ihres Geschlechts nicht an den bestehenden Akademien studieren durften. Wer war's, die im Alter von nur 27 Jahren schon starb, aber früh erkannt hatte, dass Bildung das Alpha und Omega für Erfolg ist?
Das Weihnachtsrätsel 2023 ist wieder knifflig, aber nicht unlösbar. Natürlich können Sie ein digitales Bilderkennungsprogramm über die drei Künstlerinnen laufen lassen; dann erhalten Sie schnell ein Ergebnis – und nehmen sich selbst die Freuden des detektivischen Spürsinns. Für alle, die anhand der Stichworte nicht weiterkommen, hier noch ein Tipp: Sie können sich auch der Inhalte einer laufenden Hamburger Ausstellung und ihres Katalogs bedienen. Die Schau heißt "Geniale Frauen".
Wer die drei gesuchten Malerinnen gefunden hat, also praktisch im Bilde ist und damit Chancen auf den Gewinn eines Kunst-Bildbandes seiner Wahl besitzt – wir verlosen drei –, der übermittele uns die Namen bis Sonntag, 7. Januar 2024, 24 Uhr und schreibe auch noch drei Künstler hinzu, von denen ein "Bilderbuch" in der häuslichen Bibliothek bislang fehlt. Außerdem: Wenn Sie mögen, berichten Sie uns auch wieder Ihren Weg zur Rätsellösung. Die Bekanntgabe der Gewinner in unserer Zeitung findet am 10. Januar statt. (Fotos: Imola Musei; Wikipedia)
Lösung per Mail an weihnachtsraetsel@augsburger-allgemeine.de