Es hat seinen feinen Hintersinn, dass dieses Buch im Standardformat einer Bibel auftritt. Ein Band für alle Tage und jeden Gemütszustand, ein Buch, nach dem man einfach greift und darin zu blättern beginnt, bis der suchende Sinn sich irgendwo festhakt. Ein Buch der Bücher für alle, die Gedichte mögen (oder ebendieses noch lernen wollen), ist Der ewige Brunnen, ein mit deutscher Dichtung vollgepackter Tausendseiter, der in den 1950er-Jahren erstmals und in diesem Frühjahr gänzlich überarbeitet neu erschienen ist. Beibehalten wurde der Gedanke der thematischen Anordnung der Gedichte, die nun zusammengefasst sind in zwei Dutzend Kapiteln mit Überschriften wie „Kindheit“ oder „In der Lebensmitte“, „Aus dem Alltag“ oder „Natur erfahren“, aber auch „Krieg, Flucht, Vernichtung“, „Glaube und Zweifel“ und „Lebenskunst“. Hierzu sprechen Dichter wie Oswald von Wolkenstein und Wolf Wondratschek, Elisabeth Borchers und Wilhelm Busch, die Comedian Harmonists ebenso wie die Droste und und und … Wer dieser Tage noch nicht die rechte Gestimmtheit für Weihnachten verspürt, der schlage im Kapitel „Feste feiern“ die Seiten um, um sich vielleicht von Eichendorffs „Weihnachten“ („Markt und Straßen steh’n verlassen") aufhelfen zu lassen – oder, wenn man der Angelegenheit eher kritisch gegenübersteht, um Erich Kästners „Weihnachtslied, chemisch gereinigt“ anzuprobieren („Morgen, Kinder, wird’s nichts geben“). Egal, wann und wo und wie man in diesen „Ewigen Brunnen“ hinabsteigt, man stößt immer auf einen Schatz. (sd) – Der ewige Brunnen. Deutsche Gedichte aus zwölf Jahrhunderten. Herausgegeben von Dirk von Petersdorff. C.H.Beck, 1168 S., 28 €
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