In mancher deutschen Großstadt arbeiten Galerien und Ausstellungshäuser hinsichtlich ihres Angebots Hand in Hand. In Berlin, Köln, Frankfurt, München gibt es etwa gemeinschaftliche Publikationen/Faltpläne, auf denen vermerkt ist, was wann wo zu sehen ist – oder, oft zum Start nach der Sommerpause, ein gemeinsames Kunst-Wochenende, an dem geballt neue Ausstellungen eröffnet werden. Vielfalt, Konkurrenz, Gleichzeitigkeit, Festivalcharakter beleben Betrachtung und Geschäft. Dass dies auch in Augsburg so sein möge, dafür ist jetzt der Aichacher Galerist Andreas Stucken mit einem ersten Schritt angetreten.
Im Wunsch auf ein lokales, kleinregionales Netzwerk initiierte er, der von 2001 bis 2011 auch den Aichacher Kunstverein leitete, unter dem Titel Art X Augsburg eine Aktion, bei der bis Dezember im eingeführten Gögginger Kunstraum "augsburg contemporary" (Bergstraße 11) die zeitgenössischen Künstler anderer Galerien auf Künstler seiner (Internet-)Galerie namens "Zweigstelle Berlin" treffen. Beteiligt an der Kooperation sind: Kunstverein Augsburg, BBK Augsburg, Künstlervereinigung Ecke, Fotodiskurs Göggingen, maxgalerie, Kunstraum Leitershofen sowie die Sammlung Finstral/Derching. Sie alle werden Künstler entsenden. Andreas Stuckens Hoffnung zielt aber auf mehr: dass sich künftig auch das Augsburger Zentrum für Gegenwartskunst H2, die Galerie Noah und die Galerie Brenner beteiligen mögen und diese erweiterte Kooperation dann ein ständiges Netzwerk ergibt.
Zu sehen sind rätselvolle, stark gerasterte Foto-Ausdrucke
Den Auftakt der seitens der Stadt Augsburg finanziell unterstützten Aktion Art X Augsburg machten jetzt in "augsburg contemporary" Göggingen die Künstler Johannes Franzen (eingebracht von Christof Rehm/Fotodiskurs) und Florian Ecker, den Andreas Stucken als einen Künstler seiner (Internet-)Galerie "Zweigstelle Berlin" dazu gesellte. Um die 450 Arbeiten sind dabei in der kleinen Galerie zu sehen, und 432 davon stammen von Johannes Franzen, 1967 in Alf (Rheinland-Pfalz) geboren. Sie zeigen rätselvolle, stark gerasterte Foto-Ausdrucke (64 mal 64 Pixel auf etwa zehn mal zehn Zentimeter Bildfläche). Was dabei mehr oder weniger genau zu sehen sein könnte, obliegt zunächst allein dem Auge der Betrachter – samt angeschlossenem Hirn.
Diese 432 Foto-Ausdrucke sind so brisant wie in einem positiven Sinne spektakulär. Sie zeigen die Versuche eines Bildgenerators, also einer Form künstlicher Intelligenz, ein Motiv zu erzeugen, das – als ein (anscheinend) echtes Foto – akzeptiert wird von einem Diskriminator, der auf Basis einer gespeicherten großen Foto-Datenmenge darauf spezialisiert und trainiert ist, gefälschte Fotos von echten zu unterscheiden. Zwei KI-Programme treten also wie Schachspieler gegeneinander an; ein jedes will sein Gegenüber immer ausgefeilter bezwingen. Ein künstlich generiertes Bild, das im Menschenauge als möglicherweise echtes Foto eines bekannten Motivs durchgehen könnte, enthält das Projekt mit 432 Ausdrucken nicht (allein schon wegen der starken Rasterung), indessen ist es fesselnd, die Auswürfe einer kontrolliert-lernenden Maschine zu betrachten, die sich praktisch einen Weg von einem abstrakt-monochromen Nullpunkt zu einer (Fake-)Gegenständlichkeit sucht. Die Faszination des Auges wird freilich begleitet vom flauen Gefühl, wohin uns die bislang ungeregelte KI-Entwicklung führen wird ...
Dazu zeigt bis 27. Mai in "augsburg contemporary" der Bildhauer Florian Ecker (*1977, Erding) rund zwei Dutzend Bodenskulpturen: Eingefärbte Carrara-Marmorscheiben, deren Ränder von Profilschnitten inspiriert sind, ergeben ein flaches Puzzle, ein skulpturales Bild.