
Glücklich, zufrieden und vollständig betrunken tritt Mark (Frederick Lau) aus der Bar heraus in die laue Berliner Sommernacht. Zu Fuß wankt er nach Hause. Vor dem Haus steht sein Auto etwas schief in der Parklücke, mit ein paar geübten Manövern sind Vorder- und Hinterrad exakt parallel zur Bordsteinkante ausgerichtet. Aber dann taucht das Geschehen durch die Heckscheibe in ein blau flackerndes Licht. Natürlich erkennt der Polizist sofort, dass der Fahrzeughalter betrunken ist. Da helfen keine lallenden Dementis: Der Führerschein ist weg und Mark findet sich beim TÜV in einem MPU-Kurs wieder. Alle hier sind mit etlichen Promille am Steuer erwischt worden. Aber niemand möchte zugeben, dass er oder sie ein Alkoholproblem hat. Am wenigsten Mark, der das alles für ein Missgeschick hält. Schließlich hat er als geforderter Bauleiter beruflich sein Leben fest im Griff und sich nach Feierabend ein wenig Party machen redlich verdient.
Mit seinem besten Freund Nadim (Burak Yiğit) wettet er, dass er bis zur Prüfung keinen Tropfen mehr trinkt. Die ersten abstinenten Tage fühlt er sich wie neu geboren. Er geht regelmäßig schwimmen, kauft sich einen Entsafter und tackert das Kalenderblatt jedes enthaltsamen Tages an das Bücherregal. Weniger optimistisch ist die erfahrene Kursteilnehmerin Helena (Nora Tschirner). Maximal vier Wochen gibt sie ihm, bis er wieder rückfällig wird. Erst kommt die Nervosität, dann ein frustrierendes Erlebnis, das Mark wieder zur Flasche greifen lässt. Danach versuchen beide gemeinsam vom Alkohol loszukommen.
"One for the road": Frederick Lau spielt mit schauspielerischer Hingabe
Mit "One for the Road" gelingt Regisseur Markus Goller und Drehbuchautor Oliver Ziegenbalg ("25 km/h") das Porträt eines Alkoholikers, das sich den Leidens-Stereotypen verweigert und fest in seiner Generation verankert ist. Mit Anfang, Mitte 30 geht für die meisten die Zeit des ewigen Feierns allmählich zu Ende. Im Transitraum zwischen hinausgezögertem Jugendleben und etabliertem Erwachsenendasein kann Mark sein Alkoholproblem immer weniger kaschieren. "One for the Road" zeigt aus dieser spezifischen Generationsperspektive, wie schwierig es ist, sich den eigenen Suchtproblemen zu stellen.
Dabei verliert der Film nie seine Sympathie für die kriselnde Hauptfigur, die von Frederick Lau mit schauspielerischer Hingabe verkörpert wird. Sowohl in den exzessiven als auch in den fragilen Momenten kann Lau überzeugen und zeichnet das differenzierte Bild eines jungen Mannes, der lernen muss der eigenen Alkoholabhängigkeit ins Auge zu blicken. Dabei begibt sich der Film nicht auf erklärungswütige Ursachenforschung. Ein schwieriges Verhältnis zu den Eltern wird nur diskret angedeutet. Auch der Liebe als stereotypen Erlösungsinstrument verweigert sich der Film.
Eine größere Hilfe ist da schon der von Godehard Giese mit somnambuler Aura gespielte MPU-Psychologe, der Marks Verhalten immer wieder spiegelt und aus eigener Alkoholikererfahrung berichtet. Goller und Ziegenbalg umschiffen in "One for the Road" alle Fallen eines Themenfilmes, weil sie stets auf Augenhöhe zu ihrem lebenshungrigen Protagonisten bleiben, ihn in einem glaubwürdigen sozialen Umfeld verankern und mit gesundem Humor dessen Selbsterkenntnisse und mögliche Heilung begleiten.
Der Film läuft am 26. Oktober in den Kinos an.