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Filmfestspiele
Die Berlinale beschädigt, Claudia Roth in der Kritik
Nach der Abschluss-Gala der 74. Internationalen Filmfestspiele herrscht Entsetzen. Die Kulturstaatsministerin verspricht nun eine Aufarbeitung der Vorfälle.
Berlinale 2024.jpeg       -  'Cease Fire Now' (Jetzt Feuer einstellen) steht auf dem Rücken vom Jurymitglied Verena Paravel, während sie sich bei der Abschluss-Gala der Berlinale mit weiteren Festival-Teilnehmern bespricht.
Foto: Monika Skolimowska, dpa | "Cease Fire Now" (Jetzt Feuer einstellen) steht auf dem Rücken vom Jurymitglied Verena Paravel, während sie sich bei der Abschluss-Gala der Berlinale mit weiteren Festival-Teilnehmern bespricht.
Richard Mayr
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:02 Uhr

Die Berlinale 2024 endete am Samstagabend mit einer Preisverleihung, die für einseitige Israel-Kritik genutzt wurde. Nach dem Skandalabend bezieht Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Die Grünen) am Montag Stellung. Die Statements bei der Bären-Verleihung der Filmfestspiele seien erschreckend einseitig und von einem tiefgehenden Israel-Hass geprägt gewesen. "So bei einem internationalen Filmfestival aufzutreten, hilft niemandem, ganz bestimmt auch nicht der Zivilbevölkerung im Gaza." Roth versichert, dass sie gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, und dem Berliner Senat die Vorkommnisse aufarbeiten werde. Es müsse sichergestellt werden, "dass die Berlinale ein Ort ist, der frei ist von Hass, Hetze, Antisemitismus, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und jeder Form von Menschenfeindlichkeit".

Gleichzeitig hat sich die Berlinale von den Äußerungen einzelner Filmschaffender zum Krieg in Nahost bei der Preisverleihung am Samstagabend distanziert. "Die Äußerungen von Preisträger:innen sind unabhängige individuelle Meinungen. Sie geben in keiner Form die Haltung des Festivals wieder", teilte eine Berlinale-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur auf Nachfrage mit. "Solange sie sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen bewegen, müssen wir sie akzeptieren", hieß es weiter. Die Berlinale habe Verständnis dafür, dass die Äußerungen einiger Preisträgerinnen und Preisträger "als zu einseitig empfunden wurden" - wies aber auch darauf hin, dass Meinungsäußerungen bei Kulturveranstaltungen nicht grundsätzlich verhindert werden könnten und sollten. 

Auch Ministerpräsident Söder schaltet sich ein

Währenddessen steht Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Die Grünen) in der Kritik. "Die Grenze des politisch Erträglichen ist längst überschritten. In der Amtszeit von Kulturstaatsministerin Claudia Roth löst ein Antisemitismus-Skandal den nächsten ab", sagt Dorothee Bär (CSU), stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Eine Kulturstaatsministerin, die bei der Preisverleihung mittendrin sitze und sich nicht erkläre, "ist dieses hohen Staatsamtes nicht würdig", so Bär. Auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) äußerte sich nach einer CSU-Vorstandssitzung zum Thema. Nach der Documenta habe man gedacht, es sei nur ein Einzelfall gewesen, nun zeige sich, "offenkundig ist ein gewisses System dahinter", betonte Söder. "Denn wenn auf offener Bühne so eine Form von Antisemitismus stattfindet und es keine Reaktion gibt, insbesondere von der zuständigen verantwortlichen Ministerin oder Staatsministerin, dann ist das ein schweres, ein schweres Moment. Das muss geklärt werden." 

Selbst Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezog über Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann Stellung. "Es ist inakzeptabel, das ist die Position der Bundesregierung, dass die Terrorangriffe der Hamas vom 7. Oktober dabei nicht erwähnt wurden." Und verwies dann auf die Stellungnahme von Roth, die Vorkommnisse gemeinsam mit Berlins Regierendem Bürgermeister aufzuarbeiten, um solche Vorfälle in Zukunft zu verhindern. Scholz, hieß es, teile die Einschätzung, dass diese einseitige Positionierung "nicht stehen gelassen werden kann". 

"Die Berlinale ist nachhaltig beschädigt", findet die FDP

Auch die FDP äußerte sich am Montag zur Berlinale. Alle internationalen Filmfestivals müssten einen schwierigen Spagat zwischen Kultur und Politik meistern, hielt Gyde Jensen, stellvertretender FDP-Fraktionsvorsitzender, fest. Reaktionen wie am Samstagabend seien nicht vorherzusehen. Aber: "Wenn Worte wie Apartheid und Genozid in Zusammenhang mit Israel fallen, dann muss diesem bewussten Antisemitismus direkt widersprochen werden", findet Jensen. "Die Berlinale ist nachhaltig beschädigt. Ein Filmfestival, bei dem für offenen Antisemitismus geklatscht wird, ist international nicht mehr tragbar."

Während der Gala der Berlinale am Samstagabend war der Nahostkonflikt mehrfach thematisiert worden. Zahlreiche Mitglieder aus den verschiedenen Jurys sowie Preisträgerinnen und Preisträger forderten verbal oder mit Ansteckern einen Waffenstillstand im Gaza-Krieg. Der palästinensische Filmemacher Basel Adra, Gewinner des Dokumentarfilmpreises, richtete an Deutschland die Forderung, keine Waffen mehr an Israel zu liefern. Der US-Regisseur Ben Russell sprach am Ende seiner Dankesrede für eine Auszeichnung von einem Genozid, einem Völkermord. Lediglich die Co-Chefin der Berlinale, Mariette Rissenbeek, hatte andere Töne angeschlagen: "Wir fordern Hamas auf, die Geiseln umgehend freizulassen und wir fordern Israel dazu auf, alles erdenklich Mögliche zu tun, um die Zivilbevölkerung in Gaza zu schützen und dafür zu sorgen, dass dauerhaft Frieden in der Region wiederkehren kann."

 
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