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Bregenzer Festspiele
Opernmagie mit "Madame Butterfly" auf der Bregenzer Seebühne
Die Bregenzer Festspiele brauchen kein Spektakel, um die Menschen zu fesseln. Ein fein abgestimmtes Zusammenspiel vieler Künste entfaltet seinen betörenden Zauber.
Ingrid Grohe
 |  aktualisiert: 11.03.2024 11:04 Uhr

Mit „Madame Butterfly“ von Giacomo Puccini haben die Bregenzer Festspiele ein neues Kapitel der Seebühnengeschichte aufgeschlagen. All das, wofür dieser Auftrittsort bisher stand – Spektakel, Action, Opulenz, imposante Bühnenmaschinerie – rückt Regisseur Andreas Homoki in den Hintergrund. So schafft er Raum für Poesie, Musik, traumhafte Bilder und fesselnde Emotionalität. Auch im zweiten Jahr entfaltet seine Butterfly-Inszenierung am Bodensee einen betörenden Zauber.

Bregenzer Festspiele 2023: Ein Kammerspiel auf der Seebühne

Ausgerechnet ein kammerspielartiges Musiktheaterwerk hat sich Homoki gewünscht, als ihn die Bregenzer Intendantin Elisabeth Sobotka einst fragte, ob er auf der Seebühne Regie führen will. Ein verwegenes Vorhaben, lebt die in Japan spielende Geschichte doch vor allem von Intimität. Sie erzählt von der Liebe der 15-jährigen Geisha Cio-Cio-San, genannt Madame Butterfly, zum amerikanische Marineoffizier Pinkerton, der sie erst verführt und heiratet, dann aber kalt abserviert. Musik und Libretto dieses Werks breiten die kostbare und verletzliche Seele der jungen Frau aus. Dass dies auf einer 23 auf 23 Meter großen Bühne gelingt, ist dem wunderbaren Zusammenspiel all der Künstlerinnen und Künstler zu verdanken, die Puccinis Komposition und Homokis Regiekonzept konsequent vertrauen.

Festspiel-Bühne für "Madame Butterfly" wurde ausgezeichnet

Michael Levines auf den ersten Blick wenig spektakuläres Bühnenbild – ein über dem See schwebendes Blatt Papier – enthält gleich mehrere Allegorien: Es deutet eine japanische Landschaft an, weist mit seiner Dreidimensionalität in die Tiefe alter Traditionen, steht mit zerknitterten Zeichnungen auf der Oberfläche für missachtete Kostbarkeit. Überraschenderweise ist diese schlichte Kulisse in Bewegung: Projektionen modellieren das Gelände immer wieder neu, schälen Gesichter und Schiffe aus der Fläche. Magisches Licht verändert die Stimmung und taucht die ganze Welt Cio-Cio-Sans in wechselnde Farbtöne glühender Gefühle. Zurecht wurde Levine im vergangenen Jahr für dieses Bühnenbild bei den International Opera Awards ausgezeichnet.

Enrique Mazzola dirigiert engagiert spielende Wiener Symphoniker

Mit Statisterie und Festspielchor, die als Geishas, Ahnengeister und Verwandtschaft Cio-Cio-Sans auftreten, empfindet Choreografin Lucy Burge die Wellen und Konturen der Bühnenskulptur nach. Die Kraft dieser poetischen Bilder aber dient dem Zweck, den Fokus auf die Figuren des Dramas zu lenken: Menschen in Momenten verzehrender Liebe, lähmender Angst, kalter Ignoranz und abgründiger Verzweiflung. Für sie hat Puccini eine Klangwelt mit der Farbigkeit und Dramatik von Filmmusik erschaffen. Alle Nuancen arbeitet Dirigent Enrique Mazzola, den die Bregenzer Festspiele zum „Conductor in Residenz“ ernannt haben, mit den Wiener Symphonikern engagiert heraus. Keine Sekunde während der zweistündigen Aufführung lässt die Leidenschaft der Musikerinnen und Musiker nach.

Bregenzer Tontechnik lässt bei Festspielen Stimmen glänzen

Der exzellenten Bregenzer Übertragungstechnik ist es zu verdanken, dass 6660 Gäste auf der Tribüne am See die Qualität des im Festspielhaus spielenden Orchesters voll auskosten können und dass die grandiosen Stimmen der Solistinnen und Solisten im Freien ihre Wirkung entfalten. Bei der Premiere leistete Sopranistin Barno Ismatullaeva in der herausfordernden Rolle der Cio-Cio-San sängerisch und darstellerisch Großartiges. Annalisa Stroppa charakterisierte mit warmem, erdigen Timbre die Zofe Suzuki stimmig, auch Otar Jorjikia als Pinkerton und Brett Polegato als Konsul Sharpless waren ideal besetzt.

"Madame Butterfly" berührt im zweiten Jahr noch mehr

Schon 2022 Andreas Homoki war mit seiner „Madame Butterfly“ rundum zufrieden. Es gebe keinen Grund nachzuschärfen, sagte der Regisseur kürzlich. Kann es dennoch sein, dass die Inszenierung in diesem Jahr noch mehr berührt? Stimmen verschmelzen in Duetten und Terzetten, Gesang und Orchesterklang tragen einander, die Farben von Kostümen, Emotionen und Musik fließen ineinander – und scheinen eins zu werden mit der grau-silbern schimmernden Wasseroberfläche im Abendlicht.

 
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