zurück
TV-Kritik
Schätzings "Der Schwarm": So ist die TV-Serie zum Bestseller
Frank Schätzing hat davon geträumt, dass aus "Der Schwarm" ein Hollywood-Thriller werden würde. Jetzt ist es eine „ZDF“-Krimi-Serie. Die nicht nur er kritisiert. Zu Recht?
ZDF-Streaming----Der-Schwarm-.jpg       -  Glauben Sie, was Sie da sehen? Ein Szenenbild aus der Serie „Der Schwarm“.
Foto: Staudinger+Franke, ZDF/dpa | Glauben Sie, was Sie da sehen? Ein Szenenbild aus der Serie „Der Schwarm“.
Wolfgang Schütz
 |  aktualisiert: 11.03.2024 13:07 Uhr

Jetzt ist er also da, „Der Schwarm“, ist zu Bildern geworden, 20 Jahre, nachdem die Vision eines konzertierten Angriffs der Meeresbewohner auf die Menschheit als Buch Millionen begeisterte. Damit ist eigentlich der Traum seines Schöpfers wahr geworden: Frank Schätzing. Bis zu diesem Buch bloß nebenbei Autor historischer Romane, im Brotberuf an der Spitze einer Werbeagentur, seitdem aber einer der deutschen Autoren-Stars - und dabei immer leidenschaftlicher Film-Fan geblieben, Verehrer von Abenteuern wie "Indiana Jones", „Alien“, „Bourne Identity“, selber ja auch entsprechend szenisch und bildgetrieben schreibend. 

Vor zwei Jahren noch schwärmte Frank Schätzing im Interview vom ZDF-Plan

Endlich also! Nachdem zunächst sogar Hollywood das Projekt umsetzen wollte, die große Uma Thurman schon mit an Bord war, dann aber die Kinokrise dazwischenkam und an Großprojekten nur noch möglichst sichere Nummern finanziert wurden, Comic-Verfilmungen und vor allem Fortsetzungen von Erfolgen– und ein großer Erfolg war „Der Schwarm“ in den USA noch nicht mal als Buch gewesen. Aber war es letztlich nicht schon eine Enttäuschung, als vor knapp zwei Jahren klar war, dass die Bildwerdung des Bestsellers nun doch aus Deutschland und als Serie kommen wird? Damals sagte Frank Schätzingim Gespräch unserer Redaktion: „Ganz im Gegenteil! Eine Serie ist viel besser! Das ZDF produziert den ‚Schwarm‘ für den internationalen Markt, die Voraussetzungen sind perfekt, das Budget erlaubt es, visuell in die Vollen zu gehen …“

Klang dann doch nach: endlich! Aber jetzt, wo er tatsächlich mit der teuersten Produktion der Öffentlich-Rechtlichen aller Zeiten schließlich da ist, „Der Schwarm“, sagt der Kölner Autor neben allerlei Herablassendem in Interviews auch ganz offen im ZDF, im zur Serie verfügbaren Porträt „Frank Schätzing– Mein Schwarm“: „Das ist nicht mehr mein Film.“ Und wer auch nur eine einzige Folge anschaut, wird sofort verstehen, was er meint und dass er recht hat. Aber, je mehr man sieht, auch: dass das nun nichts Schlimmes für alle anderen heißen muss. 

Schätzing nämlich hatte sich letztlich wohl doch das atemberaubende Hollywood erhofft, dem er in seinem Schreiben ja so nahe wie möglich zu kommen versucht – und nun halt einen ZDF-Krimi bekommen, wenn auch den aufwendigsten und teuersten, seine Mitarbeit am Projekt darum wohl zwischenzeitlich auch aufgegeben. Dass die Spezialeffekte an den vielen weltweiten Schauplätzen (bis auf die arg nach Aquarium aussehenden Wasser-Aufnahmen) fast auf US-(Serien-)Niveau sind, lässt den Kontrast nur noch stärker wirken. Der nämlich besteht in der Ästhetik und der Wirkung der Welt, in der sich das alles abspielt. 

Das ist das Problem der ZDF-Serie "Der Schwarm"

Hollywoods Blockbuster erzeugen mit Rhythmus und Atmosphäre möglichst einen Sog in eine eigene Sphäre, die samt aller üblichen Charakterklischees wie Parallelerzählungen zu unserer Wirklichkeit stehen, wie Zerrspiegel, die doch auch von Wahrheit künden können. Da hätte sich Schätzing dann eben auch eine Aktualisierung des Stoffes vorstellen können, Einbezug der amerikanisch-chinesischen Krise etwa, vor allem aber die Ansprache des jungen, klimabewegten Publikums, das seit 2004 entstanden ist.

In der „Schwarm“-Serie aber scheint es ZDF-typisch nun viel mehr darum zu gehen, den ursprünglichen Thriller möglichst realistisch wirken zu lassen, als hinge die Kraft einer solchen Vision von ihrer Alltagstauglich- und Glaubwürdigkeit ab – am besten auch noch zeitgeistgemäß, weshalb das bei Schätzing erzählte Liebesspiel eines alten weißen norwegischen Haudegens mit einer 20 Jahre jüngeren Kollegin nicht mehr opportun schien und der gute Sigur Johanson nun gleichaltrig und dunkelhäutig ist. Bei so viel vermeintlicher Wirklichkeitsnähe aber schlagen zum einen die ja auch im Buch des Kölners durchaus Genre-typisch entfalteten Klischees im Personal und ihren Beziehungen erst schmerzhaft durch. Und die zugrunde liegende Eskalationsidee des ganzen Werkes, die ja eigentlich eine einzige fantastische Übertreibung ist, wirkt wie effektheischende Melodramatik. 

Das ist also durchaus ein bisschen verheerend für ein so generalstabsmäßig geplantes 40-Millionen-Euro-Unternehmen und auch nicht hereinzuholen von mitunter guten Schauspielern, in Deutschland etwa einer herben Barbara Sukowa und einer hinreißenden Leonie Benesch. Übrigens wird in der Fernsehversion durchgängig deutsch gesprochen, im online auswählbaren Originalton aber je nach Handlungsort auch englisch, französisch, italienisch … und (leider nur sehr wenig) norwegisch. Aber auch dieser vermeintliche Gewinn an Authentizität zahlt eher negativ auf die Kraft der Vision ein, die eben gar nicht erst von Wirklichkeitsnähe zu zehren versuchen sollte. 

Die beste Version von "Der Schwarm" ist immer noch eine ganze andere

Warum die giftig kalauernden Kritiker trotzdem nicht recht haben sollten, wenn sie bei diesem „Schwarm“ dann gleich vom „Schmarrn“ schreiben? Und warum die offensiv zur Schau gestellte Enttäuschung des vielleicht ein bisschen zu erfolgsverwöhnten Alphamännchens Schätzing auch nichts Maßgebliches sein muss? Ist trotz allem denkbar leicht zu verstehen. Denn die Fernsehserie „Der Schwarm“ funktioniert abseits all dieser hohen Ansprüche, die ja vom Ego des Autors und dem einstmaligen Erfolg herrühren, durchaus, als reines Unterhaltungsformat. Man kann sich die Zeit mit ein paar Stimmungswechseln und ohne Fremdschämen ganz ordentlich vertreiben – was nun wirklich nicht von jeder öffentlich-rechtlichen Produktion zu sagen ist, in diesem Fall bloß für eine arg hohe Summe erkauft wurde. 

Und vielleicht wird Hollywood ja sogar gerade durch diese Serie noch mal aufmerksam auf den Stoff, Remakes von andernorts Erfolgreichem stehen dort jedenfalls seit einigen Jahren hoch im Kurs. Bis dahin bleibt die beste Form, die für den Thriller bislang gefunden wurde, eine ganz andere: das Hörspiel, erschienen im Hörverlag, über zwölf Stunden lang – grandios! 

Sendetermine Die ersten drei der acht Teile sind bereits online in der ZDF-Mediathek zu sehen, vier bis sechs folgen dort am 1. März, sieben und acht am 8. März. Im linearen Fernsehen strahlt das ZDF die Serie in Doppelfolgen aus, vom 6. bis 9. März jeweils um 20.15 Uhr.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bücher
Fernsehsendungen und -Serien
Frank Schätzing
Hollywood
Indiana Jones
Kriminalromane und Thriller
Kritiker
Uma Thurman
ZDF
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen