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Außenpolitik
Kulturnotstand im Ausland? Das Goethe-Institut ist auf Sparkurs
Das Goethe-Institut will in Frankreich und Italien jeweils drei Institute schließen, um sich finanzielle Spielräume zu verschaffen und wird dafür hart angegangen. Zu Recht?
Goethe-Institut.jpeg       -  Das Logo des Goethe-Institut steht bei einer Pressekonferenz zu Entwicklungen und Projekten an einer Wand.
Foto: Fabian Sommer, dpa | Das Logo des Goethe-Institut steht bei einer Pressekonferenz zu Entwicklungen und Projekten an einer Wand.
Richard Mayr
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:15 Uhr

Das Goethe-Institut will und muss sparen. Der große Kulturvermittler Deutschlands im Ausland, dessen Etat aus dem Außenministerium bestritten wird, hat einen Transformationsprozess beschlossen: Der Anteil der fixen Kosten soll gesenkt werden, um die "Mittel für die operative Kultur-, Sprach- und Informationsarbeit weltweit freizusetzen", wie es in der Pressemitteilung des Instituts heißt. Das Institut möchte seine Präsenz in Polen, im Kaukasus, in der Republik Moldau und im Südpazifik ausbauen, allerdings nicht durch große Institute, sondern vermehrt durch günstigere Kontaktstellen. Um die Mittel für diesen Prozess zu bekommen und gleichzeitig die Etat-Senkung im Haushaltsplan für 2024 zu verkraften, sollen im Gegenzug neun Institute geschlossen werden, drei davon in Frankreich, drei in Italien.

Was im Anschluss darauf folgte, war weder Verständnis noch Mitleid, sondern ein Proteststurm. "Das falsche Signal zum falschen Zeitpunkt", hieß es in einem offenen Brief der Vereinigung deutsch-französischer Gesellschaften für Europa. Eine "Katastrophe" urteilte die Süddeutsche Zeitung. Auch in Frankreich und Italien zeigt man sich besorgt und entsetzt über die Sparmaßnahmen und sieht die länderübergreifenden Bänder bedroht. "In einem Krisenmoment streicht Deutschland seine Investitionen in die Kultur, den Sektor, bei dem das am leichtesten ist", war bei La Stampa zu lesen.

Die Arbeit im Nachbarland ist weiterhin wichtig für das Goethe-Institut

Ein kommunikatives Desaster für das Goethe-Institut, das kurze Zeit später auf die Kritik an dem Rückzug aus Frankreich reagierte. "Frankreich ist das wichtigste Partnerland Deutschlands in Europa", erklärte die Präsidentin des Goethe-Instituts Carola Lentz. Die Arbeit im Nachbarland sei und bleibe von herausragender Bedeutung für das Goethe-Institut. Frankreich verfüge auch weiterhin über das dichteste Netzwerk an Instituten.

Auch die Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) wurde für den Sparkurs angegangen. Wie könne man nur in solch gewachsenen freundschaftsstiftenden Strukturen sparen, wie das Zusammenwachsen Europas durch solche Sparmaßnahmen gefährden?

Das Außenministerium gibt die allgemeinen Kürzungen nicht voll weiter

Schaut man bei den Zahlen genauer hin, relativiert sich der Vorwurf, an der falschen Stelle zu sparen, etwas. Das Goethe-Institut muss laut Haushaltsentwurf für 2024 tatsächlich auch sparen, der im Jahr 2023 noch 239 Millionen Euro große Etat soll um 3,3 Prozent gekürzt werden. Allerdings muss das Außenministerium insgesamt im Haushaltsentwurf 2024 ebenfalls sparen, und zwar in einer anderen Größenordnung: Der Etat soll um 17,7 Prozent gekürzt werden. Wer die beiden Zahlen vergleicht, erkennt auf einen Blick, dass die Kürzungen für das Außenministerium nicht im vollen Umfang an das Goethe-Institut weitergegeben werden. Was man in Zeiten, in denen der Gesamthaushalt des Bundes schrumpfen wird, weil nicht mehr so viel Schulden aufgenommen werden dürfen, wohlwollender zur Kenntnis nehmen könnte.

Selbst ohne diese Kürzung des Etats hätte das Goethe-Institut mit dem Prozess begonnen. "Die Transformation des Goethe-Instituts wird vorrangig vorangetrieben, weil sich die geopolitischen Herausforderungen verändert haben, die Aufgaben wachsen und gleichzeitig stagniert die institutionelle Förderung aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Lage in Deutschland", sagt Jessica Kraatz Magri, Pressesprecherin des Goethe-Instituts. Dazu komme die Inflation in den letzten beiden Jahren, die gestiegenen Preise auf allen Ebenen und auch der schwache Euro. All dies habe die Fixkosten für das Goethe-Institut immer weiter in die Höhe getrieben, gleichzeitig bleibe immer weniger Geld für die Projektarbeit des Instituts. "Der Transformationsprozess soll ein gesundes Verhältnis zwischen Strukturkosten und Mitteln für die Programm- und Bildungsarbeit wiederherstellen", sagt Kraatz Magri. Sie verweist auch darauf, dass das Goethe-Institut in Frankreich weiterhin das im EU-Vergleich dichteste Netzwerk betreiben werde, dass es auch in Italien noch mit zwei großen und zwei kleinen Instituten vertreten sein werde. Außerdem sei Europa im Jahr 2023 eines, das ja schon viel stärker zusammengewachsen sei, in dem es viele weitere etwa deutsch-französische und deutsch-italienische Kulturgesellschaften und Kooperationspartner gebe, die Deutsch-Sprachkurse und vom Goethe-Institut zertifizierte Prüfungen anbieten.

Und was ist nun in Zeiten, in denen gespart werden muss, besser? Viele Goethe-Institute, die allerdings immer geringere Etats für Programm- und Projektarbeit haben, oder etwas weniger Goethe-Institute, die aber weiter gestalten können? Oder mehr Geld für das Goethe-Institut und anderswo weniger? Aber wo spart man dann? Bei den Renten? Der Verteidigung? Der Bahnsanierung? Der Energiewende? Der Kindergrundsicherung?

 
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