Wenn man einen von Alfred Wallons Western liest, könne man sich laut ihm sicher sein: Alles stimmt historisch bis ins kleinste Detail. Der Hügel, auf dem die Protagonisten an diesem bestimmten Tag kämpfen. Die Richtung, in die die Kanonenkugeln fliegen. Die Pistolen, die noch ohne Patronen feuern. Dass alles historisch akkurat ist, ist Wallon ein großes Anliegen. Eines, wodurch sich seine Werke von den meisten gängigen Western unterscheiden.
Einige seiner Leserinnen und Leser schätzen den Autor genau dafür – und prüfen das Ganze teilweise sogar nach. Durch den Kontakt seien gute Freundschaften entstanden. Auch den Austausch mit anderen Western-Autorinnen und -Autoren beschreibt er als offen und hilfsbereit. Man unterstützte sich gegenseitig. "Und meine amerikanischen Kollegen sind stolz darauf, dass sich jemand außerhalb der USA so intensiv mit ihrer Geschichte beschäftigt, und geben mir Tipps für weitere Bücher, zum Beispiel über das alltägliche Leben im Old West", sagt Wallon.
Alfons Wallon ist in den Wilden Westen hineingewachsen
Die Beziehung von Wallon zum Wilden Westen – sie reicht weit zurück. "Ich bin da reingewachsen", erzählt der 66-Jährige. Sein Vater habe immer gerne Western gelesen und ihm die schon als Kind weitergegeben. Mit der Zeit kamen Wallon allerdings immer mehr Zweifel daran, ob die Geschichten sich tatsächlich historisch so zugetragen hätten. Er fing an zu recherchieren, ging in Amerikahäuser und besorgte sich historische Bücher aus den USA. "So habe ich ein bisschen etwas gelernt", sagt er dazu. Und das bestätigte seinen Verdacht: Die meisten Western nehmen es nicht sonderlich genau mit den historischen Fakten. Etwas, was er gezielt anders machen wollte – und seit 1981 in die Tat umsetzt.
Und das funktioniert folgendermaßen: Wallon sucht sich ein bestimmtes Kapitel der US-Geschichte aus, häufig aus den 1830ern. Dann arbeitet er seine fiktiven Personen aus und bettet sie in die tatsächliche Geschichte ein – fertig. Was logisch klingt, ist für Wallon durch seine jahrelange Erfahrung tatsächlich einfach: "Ich brauche mittlerweile einen Tag, um zu wissen, was ich machen will, dann kann ich anfangen zu schreiben", beschreibt er seinen Arbeitsprozess. Auf mindestens ein Buch pro Monat kommt er so im Schnitt – und zehn bis 15 pro Jahr. Mittlerweile hat er 200 Bücher geschrieben, alle bisher nach Feierabend.
Ideen für weitere Geschichten hat er noch genügend in petto: "Ich müsste 120 Jahre alt werden, um alle zu verwirklichen", sagt Wallon und schmunzelt. Der Wunsch, Bücher zu schreiben, begleitet ihn schon von klein auf. Ein Beispiel: Als es in der Schule darum ging, eine Geschichte mit eigenen Worten weiterzuerzählen, schrieb er dazu zwei ganze Schulhefte voll. "Man musste mich quasi mit Gewalt dazu zwingen aufzuhören", erinnert er sich. Spätestens da sei ihm klar gewesen, dass da etwas ist, was ihn begeistert. Mit 14 oder 15 folgten dann seine ersten Romane, die er auf einer Schreibmaschine tippte – und zu denen er eigene Cover zeichnete.
Wallons Western werden nun auch in den USA verlegt
Die Cover seiner heutigen Bücher designt eine Künstliche Intelligenz. Und auch sonst hat sich für Wallon einiges verändert. Zuletzt konnte er sich einen Traum verwirklichen, auf den er seit 30 Jahren hingearbeitet habe: Die gut 100 Western, die er bisher größtenteils im deutschen Blitz-Verlag veröffentlicht hat, will der US-Verlag Dusty Saddle Publishing nach und nach ins Englische übersetzen – und weltweit verkaufen. "Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll", sagt er sichtlich überwältigt. Vor zwei Monaten habe er sich erst dem Verlag vorgestellt, mittlerweile sind bereits die ersten zehn übersetzten Romane online erschienen. "Das geht alles mit geradezu atemberaubender Geschwindigkeit, daran muss ich mich erst einmal gewöhnen."
Eines hat Wallon aber noch nicht erlebt: Er war bisher nie in den USA– und damit auch noch nicht an den Orten, über die er bereits so viele Geschichten erzählt hat. Das sei für seine Arbeit aber auch gar nicht nötig, wie er findet. Neben den Fachbüchern gebe es im Gegensatz zu Karl Mays Zeit inzwischen ja das Internet, in dem er alles nachschauen könne. "Das Einzige, was mir fehlt, ist der Wind, der mir durch die Haare weht, wenn ich vor dem Grand Canyon stehe", sagt Wallon dazu.
Vielleicht wird sich dazu allerdings bald die Gelegenheit ergeben. "Ich bin durch den neuen Verlag auf einer Spur, die ziemlich viel Fahrt aufnimmt, und ich weiß nicht, wohin sie mich führt", sagt er. Demnächst wird also vermutlich die eine oder andere Buch-Veranstaltung in den USA auf Wallon zukommen.