Kurze Beine, kompakter Körper und dazu dieser treuherzige Blick, der typische Dackelblick eben: Damit ist der Dachshund sofort zu erkennen. Doch die Rasse hatte bis vor einigen Jahren ein besonderes Problem. Nein, nicht etwa die kurzen, krummen Beine, sondern ein Imageproblem. Der Dackel, das war der Hund des spießigen Kleinbürgers. Mit diesem Vierbeiner dackelten nur ältere Herren und Damen in grau-beigem Strick durch den Park. Im Jahr 2007 machte sogar die Meldung die Runde, der deutsche Dackel sei vom Aussterben bedroht – nicht nur, weil die Geburtenrate zurückging, sondern aufgrund des fortschreitenden Alters seiner Herrchen und Frauchen.
Und heute? Hat sich der Dackel erfolgreich von seinem Ruf als verstaubter Spießerhund befreit. Wer durch Berlin, Hamburg oder München streift, wird zahlreiche junge Großstädter sehen, die mit ihrem Dackel in hippen Cafés abhängen. Daneben finden sich Läden, in denen der Wursthund als Motiv etwa Kleidung oder Kissen ziert. Wie hat der Dackel das geschafft? Die Geschichte eines Comebacks.
Beginnen wir von vorn: Die Historie des Dackels reicht weit zurück – und beruht auf einem Problem der Landbevölkerung. Im Mittelalter sorgten Dachse und Füchse, die Hühner rissen und die Ernte fraßen, für einigen Ärger. Daher begann schon damals die Zucht von kleinen, kurzbeinigen Hunden, die sich in die Fuchs- und Dachsbauten buddeln und die Störenfriede aufspüren konnten. Die sogenannten Bracken gelten als Vorläufer der Dackel, die deshalb auch Dachshunde genannt werden. Geregelt wurde die Zucht allerdings erst in der Neuzeit. So gründete sich im Jahr 1888 der bis heute bestehende Deutsche Teckelclub, der zweitälteste Hundezuchtverein Deutschlands, in dem Rassestandards festgelegt wurden.
Der Dackel: Vom adeligen Jagdhund zum Haustier des spießigen Kleinbürgers
Damals hatte sich der Dachshund bereits zu einem beliebten Statussymbol des Adels entwickelt. Zu den ersten, prominenten Dackelfans zählt Napoleon Bonaparte. Der taufte einen seiner kurzbeinigen Weggefährten selbstironisch Napoleon. Die Bezeichnung passt nicht nur aufgrund der optischen Merkmale gut. Bis heute heißt es über das Wesen der Dackel, dass sie ihre geringe Größe mit einer ordentlichen Portion Selbstbewusstsein, Charakterstärke und Sturköpfigkeit kompensieren. Logisch: Wer es mit ähnlich großen oder gar größeren Dachsen und Füchsen aufnehmen soll, muss notgedrungen ein kleiner Draufgänger sein.
Der Dackel erlebte bislang drei Hochphasen. Die erste Phase: als adeliger Jagdhund. Neben Napoleon gelten etwa auch Kaiser Wilhelm II. und Queen Victoria als große Dackelfans. Besonders eng ist die Rasse auch mit dem Haus der Wittelsbacher verbunden. Die züchteten sogar ihre eigene Dackelform. Der zweite große Hype um den Dachshund folgte in den 1960er- und 70er-Jahren. Da hatte sich der Dackel längst zum Haustier des Kleinbürgers entwickelt. Gerade in München waren etliche Bürgerinnen und Bürger von der Rasse begeistert. Als 1965 der Wackel-Dackel erfunden wurde, waren die nickenden Figuren in vielen Autos zu sehen. Entsprechend fiel auch die Wahl für das erste Maskottchen der Olympischen Spiele 1972 auf einen bunten Dackel. "Olympia-Waldi" befeuerte den Trend und der "Stamperl" avancierte zum bayerischen Hund schlechthin.
Imageproblem: Der Dackel wurde mit Tracht und Tradition assoziiert
Er wurde zum Symbol für Tradition, konservative Werte und Bodenständigkeit. Das zeigte auch eine Werbekampagne des Bayerischen Dachshundclubs. Der Dackel gehöre zu München wie das Oktoberfest, sagten die Organisatoren, als schon vom Aussterben der Rasse die Rede war. Mit dem Slogan wollte der Verein den Dachshund wieder attraktiver machen.
Ob die Kampagne den dritten Dackel-Boom einläutete oder ob es an anderen Umständen lag? Klar ist: Der Dachshund hat sein Tief überwunden und ist jetzt cool. Seit mehreren Jahren zählt er zu den Top Ten der beliebtesten Hunde in Deutschland. Nach dem Deutschen Schäferhund werden jährlich von keiner anderen Rasse mehr Welpen geboren.
Was also fasziniert so am Dackel? Auf der Website des Vereins für das Deutsche Hundewesen (VDH) wird der Teckel als "Charmeur auf kurzen Beinen" vorgestellt. Neben seiner draufgängerischen und charakterstarken Art habe der Dackel eine "überaus zärtliche und rücksichtsvolle Seite", sei sehr sozial und verspielt. Das mache ihn zum perfekten Familienhund. Und noch ein Faktor trägt zum Dackel-Hype bei: Kleine Hunde eignen sich besser für die Großstadt.
Dackel liegen wieder im Trend und sind in vielen Großstädten zu sehen
Vieles liegt wieder im Trend, was vor Jahrzehnten schon mal angesagt war: die Schlaghose, der Pullunder – und jetzt eben auch der Dackel. Vom altmodischen Begleiter hat er sich zum Trendaccessoire der Hipster entwickelt. Nicht selten wird bewusst mit der adeligen und urbayrischen Geschichte der Hunde gespielt. Die angesagten Dackel von heute tragen mit Stolz Namen wie Seppl oder König Ludwig.
Mit dem Trend einher gehen auch Phänomene wie Dackelparaden, in denen Herrchen und Frauchen mit ihren oftmals kostümierten Lieblingen durch die Stadt ziehen. Auch in München hat bereits zweimal eine solche Parade stattgefunden. Für Aufregung sorgte außerdem das Dackelmuseum, das 2018 in Passau gegründet wurde. Nach einem Streit zwischen den Inhabern und der Stadtverwaltung zog es 2023 nach Regensburg. Nun lassen sich dort über 2500 Exponate rund um den Dackel begutachten. Der größte Blickfang sind aber die drei lebenden Exemplare der Museumsbesitzer: Moni, Blümchen, Seppi. Hach, dieser drollige Dackelblick – zum Dahinschmelzen!