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Verkehr
Mein E-Auto und ich: Warum sich der Umstieg zum Elektroantrieb lohnt
Kauft man ein Elektroauto, muss man es verteidigen, Deutschlands Elektrowende lahmt. Über die "german Reichweiten-Angst" und was Fachleute vorhersagen.
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Foto: Marijan Murat, dpa (Archivbild) | Über eine Million E-Autos rollen über deutsche Straßen. Nach Auffassung von Expertinnen und Experten ist das zu wenig. Die Bundesregierung will bis 2030 mindestens 15 Millionen E-Autos auf die Straße bringen.
Roland Wiedemann
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:52 Uhr

Über eine Million vollelektrisch angetriebene Autos rollen über deutsche Straßen. Fahrzeuge mit dem E am Ende des Kennzeichens gehören längst zum Straßenbild, haben sich als alltagstauglich erwiesen, bringen zuverlässig und emissionsfrei Menschen von A nach B. Trotzdem steckt die Elektromobilität nach wie vor in einer tiefen Glaubens- und Vertrauenskrise. Woran liegt das? Und wie lässt sich das langfristig ändern?

Wer wie ich ein Elektroauto fährt, muss auch 2023 noch viel erklären und sich nicht selten dafür rechtfertigen. Man muss mit Vorurteilen aufräumen und die immer gleichen Fragen beantworten: zur Reichweite, zum Laden, zur Langstreckentauglichkeit, ob das Elektroauto wirklich klimafreundlicher sei oder ob man nicht doch besser den alten Diesel oder Benziner behalte. So viel fahre man ja gar nicht, heißt es oft. Erkundigt man sich, wie viele Kilometer es im Jahr sind, wird meist eine Zahl zwischen 10.000 bis 15.000 Kilometer genannt – was einem realen CO2-Ausstoß von über 2,5 Tonnen entspricht.

Bundesregierung will 15 Millionen E-Autos bis 2030 auf die Straße bringen

Da fragt man sich: Steckt doch noch mehr Steinzeitmensch in uns als gemeinhin vermutet? Wie sonst lässt sich diese Faszination für Feuer, Rauch, Abgas, das verzweifelte Festhalten am Verbrennerauto, an der Öl- und Gasheizung erklären? Es gibt doch mit Wärmepumpe und E-Auto deutlich klimafreundlichere Alternativen, die sich längst bewährt haben. Trotzdem ist die Skepsis groß und Deutschlands Elektrowende lahmt. Inflationssorgen, hohe Strompreise und sinkende Kaufprämien dämpfen die Nachfrage zusätzlich. 

Zwar will die Bundesregierung bis 2030 mindestens 15 Millionen E-Autos auf die Straße bringen, doch in der Politik und Autobranche wachsen die Zweifel, ob das E-Auto-Ziel noch zu erreichen ist. Am Montag will sich Bundeskanzler Olaf Scholz mit Vertretern der Autoindustrie treffen, um über die Ziele der Regierung zu diskutieren. Neben den Vorstandschefs von Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW sind Gewerkschaftsbosse, Betriebsratsvorsitzende und die Chefs großer Zulieferer ins Kanzleramt geladen. Fachleute des Bundeswirtschafts- sowie des Bundesverkehrsministeriums sollen Auskunft über den Stand der Transformation geben. Aus der Autoindustrie heißt es bisweilen, die Marke von 15 Millionen E-Fahrzeugen könne frühestens 2032 überschritten werden. 2030 werde man in Deutschland wohl eher bei 8,5 bis 10,5 Millionen E-Autos liegen. 

Auch Thomas Scharpf weiß um den schwierigen Stand des Elektroautos. Der Ingenieur aus dem Unterallgäu ist ein echter E-Autopionier, hat sich 2012 von seinem Benziner verabschiedet und opfert seither viel Zeit, um mehr Menschen zum Umstieg zu bewegen, denn er sieht darin die deutlich bessere Lösung. 

Dabei machte ihm sein erstes E-Auto nicht nur Freude. Drei Jahre hatte Scharpf das Personal zahlloser Autohäuser und Autohersteller mit Fragen nach einem Elektroauto genervt. Noch könne man nicht mit einem vollelektrischen Modell dienen, die Markteinführung sei für nächstes Jahr geplant. Dann, im Januar 2012, war es so weit. Eine Mitarbeiterin in der Renault-Vertretung in Köln erinnerte sich an den hartnäckigen Interessenten aus dem Unterallgäu und sorgte dafür, dass Scharpf eine der ersten Elektroversionen des Renault Fluence bekam. „Ein Vorserienmodell, das eigentlich für den israelischen Markt bestimmt war“, erzählt er stolz. Nach gut zwei Jahren war die Freude getrübt, die Reichweite sank von 130 auf bescheidene 80 Kilometer. Scharpf fuhr das Auto aber tapfer weiter.

„Kinderkrankheiten“, meint er heute. Die hielten ihn nicht davon ab, mit Gründungsmitglied Lisa Steber die „Interessengemeinschaft zur Förderung der Elektromobilität im Unterallgäu“ (IFEU) ins Leben zu rufen. 18 aktive Mitglieder zählte damals der Verein, heute sind es knapp 350, darunter Ingenieure, Gutachter, Lehrer. Die E-Auto-Idealisten halten Vorträge, zeigen in Workshops, wie man kostengünstig eine Wallbox zum Laden zusammenbaut, und beraten Menschen, die über die Anschaffung eines E-Autos nachdenken. Mit den explodierenden Benzin- und Dieselpreisen im vergangenen Jahr habe die Nachfrage deutlich zugenommen, erzählt Scharpf. Rund 20 Beratungen sind es monatlich. 

Bedenken zum Laden erweisen sich in der Praxis als haltlos

Scharpf und sein Team werden oft mit einer neuen Form der „german Angst“ konfrontiert – der Reichweiten-Angst. Nicht selten endet eine Beratung damit, dass die Interessenten sich zwar für ein Elektroauto entscheiden – unter dem Vorbehalt, den Benziner oder Diesel erst mal zu behalten, sicherheitshalber, für längere Strecken. Scharpf sagt dann immer. „Tun Sie das, aber Sie werden sehen, dass Sie nur noch mit dem E-Auto fahren, der Verbrenner rumsteht und unnütz Geld kostet.“

Meist behält er recht. Denn wer ein Elektroauto besitzt, gewöhnt sich schnell an das beinahe lautlose Gleiten über den Asphalt. Sitzt man ausnahmsweise mal bei Freunden in einem Verbrenner, wird das als echter Rückschritt wahrgenommen. Selbst ich, der ich bis dato ein streng rationales Verhältnis zum Auto hatte und allenfalls negative Emotionen damit verband, spüre eine Veränderung, sobald der Hebel am Lenkrad auf D wie Drive steht und der Wagen mit leisem Schnurren losrollt: Autofahren kann tatsächlich Spaß machen! Einzig die klobige, SUV-ähnliche Form des Wagens stört nach wie vor. 

Und die Bedenken zum Laden? Erweisen sich in der Praxis als haltlos. Mein Elektroauto wird meistens bequem zu Hause geladen: Auto in die Garage, Ladekabel reinstecken. Schon sorgt die Wallbox samt Energiemanagement dafür, dass automatisch Solarstrom in die Batterie fließt, sobald die Photovoltaikmodule mehr Energie liefern, als im Haus verbraucht wird.

Aber auch das Laden an öffentlichen Säulen funktioniert, wie ein Urlaubstrip quer durch die Republik bewiesen hat. Der Eindruck: Es gibt inzwischen ausreichend Schnelllademöglichkeiten, das Navi weiß, wo sie stehen. Vollbesetzte Ladesäulen? Nie erlebt auf der gesamten Fahrt von Kempten nach Flensburg und zurück, jeweils mit Umweg über den Ruhrpott, und auch nicht beim Besuch der Tochter im 550 Kilometer entfernten Leipzig, wo die Lade-App im näheren Umkreis der Wohnung mehr als ein Dutzend Ladesäulen anzeigte. Was etwas nervt: Die verschiedenen Ladesäulen-Anbieter und die oft noch fehlende Möglichkeit, mit Karte zu bezahlen. Dank zwei, drei verschiedener Lade-Apps auf dem Handy ist das zwar kein echtes Problem, aber das Bezahlsystem sollte vereinheitlicht werden. Angst, wegen fehlender Lademöglichkeit ohne Strom dazustehen, hatte ich bislang jedoch nie. 

Moderne Lithium-Ionen-Batterien ermöglichen Fahrten bis zu 400 Kilometer

„Das Thema Reichweite ist durch“, sagt Professor Maximilian Fichtner. Der geschäftsführende Direktor des Helmholtz-Instituts Ulm für elektrochemische Energiespeicherung, der sich seit Langem mit dem Thema Batterie befasst, verweist darauf, dass moderne Lithium-Ionen-Batterien schon jetzt Fahrten von 400 Kilometer und mehr ermöglichen. Und die Entwicklung bei Reichweite und Ladegeschwindigkeit gehe rasant weiter. „In der Batterieforschung steckt eine Dynamik, die in keinem anderen großen technischen Gebiet vorzufinden ist“, sagt Fichtner. 

Der chinesische Autobauer Geely bringt demnächst ein Fahrzeug mit einer Reichweite von über 1.000 Kilometer auf den Markt. Ermöglicht wird das durch das Cell-to-Pack-Prinzip. Bislang bilden mehrere Batteriezellen ein Modul. Diese Module sind in einem Batteriegehäuse untergebracht, die wie eine Lunchbox die Komponenten umschließen. Zwölf bis 16 Module werden in eine Wanne als Schutz gepackt und miteinander verbunden – so sieht der klassische Aufbau einer E-Auto-Batterie aus. „Das funktioniert sehr gut“, meint Fichtner. Aber die Kleinteiligkeit gehe einher mit viel Gehäusematerial für die einzelnen Module, wodurch in der Wanne jede Menge Platz verschwendet wird. Letztlich bleiben nur 25 Prozent für das Speichermaterial.

Die Batterieproduzenten in China, die den Takt vorgeben, können Fichtner zufolge inzwischen größere Einheiten bauen. Die Cell-to-Pack-Bauweise spart Material, Platz und erhöht die Batteriekapazität um bis zu 40 Prozent. Das sorgt für deutlich mehr Reichweite. „Zugleich lassen sich auf dieser Basis Batterien noch nachhaltiger produzieren“, sagt Fichtner. Anstelle kritischer Stoffe wie Nickel und Kobalt könnten energetisch schwächere „Allerweltsmineralien“ wie Eisenphosphat verwendet werden. Fichtner rechnet damit, dass auch Lithium, derzeit noch einer der wichtigsten und teuersten Rohstoffe in der Batterie-Produktion, in großem Stil ersetzt wird – und zwar durch Natrium. „Das findet man beispielsweise in Meersalz und ist 80 Mal billiger als Lithium“, so der Experte. „In der Batterieentwicklung ist noch jede Menge Wind drin.“

Die Herstellung von Batterien ist klimafreundlicher als die Erdöl-Gewinnung

Der problematische Abbau von Rohstoffen und der immer noch recht hohe Energieverbrauch bei der Batterieproduktion – beides sorgt dafür, dass sich E-Autobesitzerin und -besitzer häufig für ihr Fahrzeug rechtfertigen müssen. Selbst Freunde und Bekannte, denen das Thema Klimaschutz wichtig ist, stellen kritische Fragen. Neben all der Unwissenheit wirkt die Kritik am Elektroauto oft wie eine Art Selbstschutz gegen das schlechte Gewissen – weil man selbst nicht in die Gänge kommt und Angst hat vor der Umstellung. 

Martin Steyer kennt das und wertet die E-Auto-skeptische Grundstimmung im Land auch als Zeichen dafür, dass die millionenschwere Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit der Erdöl-Konzerne fruchtet. Der Professor an der Fachhochschule Kempten im Bereich Elektrotechnik hat sich intensiv mit der Rohstoffgewinnung für die Batterieproduktion befasst. „Rohstoffabbau ist nie nachhaltig“, sagt der Wissenschaftler. „Man entnimmt etwas dem Boden. Aber man muss sich die Frage stellen, ob die Gewinnung von ein bisschen Lithium und Kobalt gefährlicher ist als das Vielfache an Erdöl, das auch ein Rohstoff ist.“ Würde man die Menge an Batterierohstoffen fördern, die in zwei Monaten in Deutschland an Erdöl verbraucht wird, könnte man alle PKW mit einer großen Batterie ausstatten, so Steyer. 

Sein Fazit: „Die Rohstoffgewinnung für Batterien erscheint um ein Vielfaches klimafreundlicher und gesellschaftlich weniger bedenklich als die Erdöl-Gewinnung." Erdöl müsse so schnell wie möglich ersetzt werden. Steyer erinnert an die Havarien von Öltankern oder undichte Ölpipelines und die gewaltigen Umweltschäden, die dadurch verursacht werden. Oder an das Leid, das die Ölproduktion und die damit verbundene Umweltverschmutzung für die Bewohner der Fördergebiete bedeute. Bestes Beispiel sei das Niger-Delta. Und über allem, so Steyer, schwebe der Klimawandel als Folge des Einsatzes fossiler Energieträger, allen voran Erdöl. 

Elektroautos werden zunehmend mit Ökostrom geladen

Was Experten wie Martin Steyer ebenfalls stört: In den meisten Vergleichsrechnungen zur CO2-Bilanz beim E-Auto werden die gesamten Emissionen infolge der Batterieherstellung und der Stromerzeugung betrachtet, beim Benziner- oder Diesel-Fahrzeug aber oft nur der reine CO2-Ausstoß beim Fahren berücksichtigt. „Das ist die halbe Wahrheit“, betont Steyer. Entscheidend sei die „Well-to-Wheel“-Rechnung (Well bedeutet Bohrloch, Wheel steht für Rad). Bei Benzin- oder Diesel-Autos kommen durch den Transport von Erdöl, den Energieeinsatz für Pipeline-Pumpen oder die energieintensive Herstellung von Diesel und Benzin aus Rohöl in der Raffinerie größere Emissionen zum reinen CO2-Ausstoß im Fahrbetrieb oben drauf – rund 60 Prozent, erklärt Steyer. Am Ende stecken in sechs Liter Diesel zusätzlich etwa 40 Kilowattstunden Energie. Allein damit kommt ein Elektroauto rund 200 Kilometer weit.

Das hatte selbst ein Freund, der sonst recht nachhaltig lebt, nicht auf dem Schirm – weshalb er sich den CO2-Ausstoß der Urlaubsfahrt mit seinem 23 Jahre alten Audi 6 nach Südtirol unbewusst schön gerechnet hat. Nach dem Well-to-Wheel-Prinzip jagt sein Wagen von Kempten nach Bozen und zurück nicht die von ihm angenommenen 75, sondern stattliche 140 Kilogramm CO2 durch den Auspuff in die Atmosphäre. 

Sein altes Auto gegen ein E-Auto einzutauschen, fällt ihm trotzdem schwer. Auch, weil er ein Problem mit dem grobschlächtigen Erscheinungsbild vieler E-Autos hat. Mehr hoch als lang, wie er sagt. Eine ungewöhnliche, wenngleich ehrliche Begründung fürs Verharren. Doch mittlerweile macht er sich schon Gedanken, wo er in der Garage eine Wallbox anbringen könnte. 

Der moralische Druck jedenfalls wächst. Denn die Erdölförderung wird zunehmend aufwendiger, schmutziger und energieintensiver. Gleichzeitig ist bei der Akku-Produktion der CO2-Ausstoß in den vergangenen Jahren deutlich gesunken, auch weil die Hersteller verstärkt auf erneuerbare Energie setzen und Elektroautos zunehmend mit Ökostrom geladen werden, häufig mit Solarstrom vom eigenen Dach. Fachleute wie Martin Steyer oder Maximilian Fichtner gehen davon aus, dass heute produzierte E-Autos nach 10.000 bis 25.000 Kilometern ihren anfänglichen CO2-Nachteil wettgemacht haben. „Die ersten Modelle liegen bereits bei nur 5000 bis 10.000 Kilometer“, so Fichtner. 

Fachleute sehen in E-Autos ein riesiges Speicherpotential für Strom

Vieles spricht für den Umstieg auf die E-Mobilität. Zumal das Elektroauto in Zukunft auch einen wichtigen Beitrag beim Speichern von erneuerbarer Energie leisten könnte. Stichwort bidirektionales Laden. Die Idee: Indem Batterien von E-Autos nicht nur Strom aufnehmen, sondern wieder abgeben, sei es ins Haus oder ins öffentliche Stromnetz, könnten sie die schwankenden Energiemengen aus erneuerbaren Quellen ausgleichen. 

Angesichts der Millionen Autos, die die meiste Zeit ohnehin nicht in Bewegung sind, sehen Fachleute ein riesiges Speicherpotential. Eine Revolution: Erstmals hätte das Auto dann auch im Stillstand einen gesellschaftlichen Mehrwert. Aktuell sind allerdings kaum Elektroautos auf dem Markt, die bidirektional laden können. Gleiches gilt für bidirektionalen Wallboxen. Die wenigen, die es gibt, sind teuer. Dazu kommen gesetzliche und steuerrechtliche Fragen, die gelöst werden müssen. 

Beim Forschungsinstitut für Informationsmanagement (fim) in Augsburg ist bidirektionales Laden hingegen schon Realität. Das hochschulübergreifende Forschungsnetzwerk im Bereich Wirtschaftsinformatik mit 300 Mitarbeitenden und Sitz im Bürocenter Messe nimmt am Forschungsprojekt SynErgie teil. Dafür erhielt das Institut drei umgerüstete E-Autos und bidirektionale Ladeboxen. Damit kann überschüssiger Solarstrom von der Photovoltaikanlage auf dem Dach in den Autobatterien gespeichert und nachts oder an bewölkten Tagen genutzt werden.

Batterien können anders als verbrannte Benzinkraftstoffe recycelt werden

Alexander Dautzenberg, ein junger engagierter fim-Wissenschaftler, hat mit Kolleginnen und Kollegen eine spezielle Software entwickelt. Mit deren Hilfe werden Wetterdaten, Informationen aus dem Buchungssystem der E-Autos, der Ladestände sowie der Stromflüsse von der Photovoltaikanlage verarbeitet, dass sich die Autobatterien optimal als Speicher nutzen lassen – ohne Einschränkung im täglichen Fahrbetrieb. „Derzeit liegen wir bei einem Autarkiegrad von 99 Prozent“, sagt Dautzenberg. Bedeutet: Der Stromverbrauch des gesamten Instituts stammt zu 99 Prozent von den hauseigenen Photovoltaikanlagen. 

Im Winter werde der Autarkiegrad sinken, weiß Professor Hans Ulrich Buhl, Gründer des Forschungsinstituts. „Aber die Daten zeigen jetzt schon, welche enormen Potenziale im bidirektionalen Laden stecken.“ Das Elektroauto werde nicht allein das Speicherproblem von erneuerbaren Energien lösen, meint Buhl. „Aber es wird neben stationären Speichern, der Produktion von Wasserstoff aus überschüssigem PV- oder Windstrom und anderen Möglichkeiten ein wichtiger Baustein dafür sein.“

Bedenken, dass bidirektionales Laden die Lebensdauer der Batterie verkürzen könnte, hat Speicher-Experte Maximilian Fichtner nicht. „Im Gegenteil, für Batterien ist es in der Regel gesünder, wenn sie arbeiten.“ Generell würden Realstudien, aber auch Tests unter Laborbedingungen zeigen, dass Batterien von Elektroautos deutlich länger halten als ursprünglich angenommen. „Bei 2000 vollen Be- und Entladezyklen, was realistisch ist, sprechen wir da bei einer großen Batterie von knapp einer Million Kilometer, ehe ihre Kapazität unter 80 Prozent fällt.“ 

Auch in der Alterung der Batterie sieht Fichtner keinen limitierenden Faktor. „Man kann davon ausgehen, dass in aller Regel die Batterie das Fahrzeug überlebt.“ Anschließend könne die Batterie noch im sogenannten Second-Life-Betrieb als stationärer Speicher dienen, sagt Fichtner. Am Ende stehe eine Nutzungsdauer von rund 25 Jahren. Danach könne die Batterie, anders als verbrannte Benzin- und Diesel-Kraftstoffe, recycelt werden. 

Der Umstieg aufs E-Auto kostet Überwindung

Der Akku meines E-Autos ist davon noch weit entfernt. 10.056 zeigt der Kilometerzähler nach gut elf Monaten an. Drei Jahre noch, dann geht das Leasing-Fahrzeug zurück an den Autohändler. Dank eines Firmenwagen-Modells sind die monatlichen Kosten gering. Bekannte, denen diese Möglichkeit nicht offensteht, klagen über die hohen Preise für E-Autos. 

Dabei stellte der ADAC fest, dass beispielsweise ein vollelektrischer VW ID 3 verglichen mit dem ähnlich großen Golf dank Förderung, weniger Reparaturen und geringerer Betriebskosten im Vollkostenvergleich günstiger ist. Dennoch fordert auch Elektroauto-Pionier Thomas Scharpf von den Herstellern, die Preise ihrer E-Modelle deutlich zu senken. Diese könnten aus seiner Sicht 25 Prozent billiger sein. Überteuert ja. Aber dass das Elektroauto nur für Menschen mit eigenem Haus geeignet sei, hält Scharpf für überholt. Mittlerweile hätten Wohnungseigentümerinnen und Mieter einen gesetzlichen Anspruch auf Zustimmung zum Einbau einer E-Ladestation. 

Wenn es also genügend Argumente fürs E-Auto gibt, warum tun sich selbst Leute, die es sich leisten könnten, schwer, von ihrem Diesel- oder Benziner-Fahrzeug auf den klimafreundlicheren Elektroantrieb umzusteigen? „Das ist eine Abhängigkeit wie Rauchen“, sagt Scharpf. „Da muss man einen harten Cut machen. Das kostet Überwindung.“ Immer wieder ist er überrascht, wie anfängliche E-Auto-Skeptiker zu den größten Fürsprechern werden, wenn sie erst einmal den Umstieg geschafft haben. Eben wie ehemalige Kettenraucher, die nach ihrer letzten Kippe postwendend zu militanten Nichtrauchern mutieren.

 
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