Genanalysen von Hunderten Schuppentieren haben Schmuggelrouten für die bedrohten Tiere aufgedeckt. Sie zeigen vom Ursprung in afrikanischen Regionen bis zum Ziel in asiatischen Ländern, wo Schuppentiere – auch Pangoline genannt – gefangen, gesammelt, verschifft und konsumiert werden. Die Arbeit eines großen internationalen Teams um Jen Tinsman von der University of California ist im Fachjournal Science veröffentlicht. Die Technik biete neue Möglichkeiten, Schuppentier-Wilderei nahezu in Echtzeit zu überwachen und so wirksamere Maßnahmen zur Bekämpfung des Handels zu ermöglichen.
Von allen Wildtierarten ist das Weißbauchschuppentier nach Angaben der Forschenden das am häufigsten gewilderte Säugetier der Welt. Es komme in West- und Zentralafrika vor, von Guinea bis Sambia. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bestimmten Gensequenzen von 111 Proben, die an verschiedenen Orten in Afrika wild lebenden Pangolin-Populationen entnommen wurden. Zudem erhoben sie Genanalysen von 643 Schuppen, die in der Zeit von 2012 bis 2018 in Hongkong konfisziert wurden. Diese stammten aus 32 Lieferungen, die von Behörden beschlagnahmt worden waren. „Diese Beschlagnahmungen hatten ein Gesamtgewicht von 38 Tonnen und repräsentierten ein geschätztes Minimum von 105.447 toten Schuppentieren“, schreiben die Forschenden.
Schuppentiere sind vor allem in asiatischen Ländern gefragt
Die überwiegende Mehrheit der 643 gentechnisch typisierten Schuppen stammte aus zwei Regionen Afrikas: aus Westkamerun nahe der Grenze zu Nigeria und von der südlichen Grenze von Kamerun zu Äquatorialguinea. Dabei hatte sich der Schwerpunkt der Wilderei im Laufe der Zeit von West- nach Zentralafrika verlagert. Obwohl viele beschlagnahmte Schuppen aus dem Süden Kameruns stammten, gelangte die überwiegende Mehrheit der Sendungen über Nigeria nach Asien, was darauf hindeute, dass das Land als wichtiger Umschlagplatz für den Schuppenschmuggel diene.
Hongkong sei einer der Transitorte, in dem die Schuppen jedoch kaum genutzt würden, sagte Tinsman. Weitere Daten von Strafverfolgungsbehörden deuten nach ihren Angaben darauf hin, dass solche Schuppen vor allem in südöstlichen Provinzen Chinas landen, insbesondere in Guangdong und Guangxi. Schuppentiere seien in Asien sehr gefragt, da die Menschen – ohne wissenschaftliche Belege – annehmen, dass ihre Schuppen medizinische Eigenschaften haben, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Das gelte insbesondere für China. Nachdem die Populationen asiatischer Schuppentierarten zurückgegangen waren, hätten Schmuggler damit begonnen, afrikanische Tiere zu importieren.
Künftig könnte der Handel mit Schuppentieren in Echtzeit überwacht werden
„Wir haben unsere Methoden und Ergebnisse mit Forschern, Naturschutzexperten und Ministerialbeamten in Kamerun geteilt“, sagte Tinsman. „Wir hoffen, dass wir den Test jetzt, da er öffentlich ist, in die Hände von Strafverfolgungsbeamten in Orten wie Hongkong, Nigeria und Singapur bringen können, wo tatsächlich viele Schuppentierschuppen beschlagnahmt werden.“ Staatliche Wildtierlabore könnten – wenn sie den Test nutzen – den Handel mit Schuppentieren nahezu in Echtzeit überwachen.
„Vom Erhalt einer Schuppe bis zur DNA-Extraktion, der Durchführung des Tests und dem Erhalt eines Ergebnisses dauert es weniger als eine Woche“, sagte Tinsman. „Wir hoffen, dass unsere Arbeit in Zukunft zu einer kontinuierlichen Überwachung von Wilderei-Hotspots führen wird, damit die Maßnahmen zur Bekämpfung der Wilderei dort eingesetzt werden können, wo sie am dringendsten benötigt werden.“ In der Coronapandemie sei der Handel mit Produkten von Schuppentieren zurückgegangen. Es bleibe abzuwarten, wie sich der Markt nun entwickle.
Das Weißbauchschuppentier gilt als gefährdete Tierart
Alle acht Schuppentierarten stehen in der höchsten Schutzstufe des Washingtoner Artenschutzübereinkommens. Nach dem Beschluss von 2016 ist somit jeder kommerzielle internationale Handel mit den Tieren oder daraus hergestellten Produkten verboten. Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN wird das Weißbauchschuppentier als gefährdet eingestuft. Ursache für den Rückgang sei eine Kombination von Waldverlusten, zunehmender Ausbeutung tropischer afrikanischer Schuppentiere für den lokalen Gebrauch und Verzehr sowie das Aufkommen des interkontinentalen Handels mit afrikanischen Schuppentieren seit etwa 2008.
Auch für die Zukunft rechnet die IUCN mit einem Rückgang: Es gebe zunehmende chinesische Investitionen in West- und Zentralafrika, die offensichtlich den illegalen Handel erleichtern. Zudem werde die Bevölkerung Afrikas südlich der Sahara voraussichtlich weiter ansteigen, was den Druck auf diese Schuppentierart erhöhe.