Schokolade macht glücklich, das ist nicht nur eine Behauptung. So eine Tasse heißer Kakao an einem verregneten Tag kann wahre Wunder wirken. Bei Xocolatl in Basel wird der Trank in jadegrünen Tassen samt einer schokobestäubten Himbeere von Damen mit adretten weißen Krägen serviert.
Das hier ist keine zuckersüße Melange aus undefinierbarem karamellfarbenen Pulver und allerlei Aromastoffen, sondern feinste hochprozentige dunkle Grand-Cru-Schokolade. Unter dem cremigen Milchschaum schmeckt sie lieblich, ein wenig fruchtig und erst im Abgang leicht herb. Prickelt da etwa Chili auf der Zunge?
Seefahrer brachten die Früchte Mitte des 16. Jahrhunderts nach Europa
Man spürt der Schokolade nach und denkt an den Schalencrunch einer gerösteten Kakaobohne, sieht die kostbare, schwere Frucht vor sich, geerntet vielleicht von Kleinbauern in Süd- oder Lateinamerika, in Afrika oder in der Karibik. Und warum heißt der Schweizer Laden Xocolatl? Xoco bedeutet bitter, -atl Wasser. Bitteres Wasser nannten die Maja, Inka und Azteken Mittelamerikas das Gebräu aus ihren Kakaobohnen. Es war ihnen heilig, sie tranken es noch ohne Zucker, dafür mit lokalen Gewürzen wie Chili oder Vanille garniert.
Als die spanischen Kolonialisten die Region eroberten, brachten Seefahrer die kostbaren Früchte Mitte des 16. Jahrhunderts nach Europa. Dort berauschte sich erst mal der Adel daran. Für Frauen und Kinder war der Trank allerdings verboten, zu aufregend das Ganze.
Schließlich machten die Schweizer aus dem Gebrösel Schokolade für alle. Daniel Peter soll die Milchschokolade 1875 in seiner Fabrik in Vevey erfunden haben. Bei Xocolatl, einem verführerisch duftenden Schoko-Laden-Café in der Baseler Innenstadt, kann man sich kaum entscheiden zwischen sortenreinen hellen und dunklen Trinkschokoladen aus Kakaobohnen verschiedener Länder und über 40 handgemachten Kostbarkeiten aus aller Welt.
Erst einmal ein saftiges Stück Tarte au chocolat. Die feine Kruste kracht beim Durchstehen in den schwarz glänzenden Schokosee. Wer an Schokolade denkt, hat schnell die Schweiz im Kopf, gilt sie doch als Schokoladenhimmel. Und tatsächlich könnte man sich durchs ganze Land naschen. Zwar ist ein Großteil der Herstellung in der Hand von großen Unternehmen, aber es gibt auch jede Menge kleine Confiserien. Mindestens 400 in 26 Kantonen sollen es sein.
Schokoladen mit einem Kakaoanteil von 60 bis 88 Prozent sind vegan
Kein Wunder, dass es heißt, in der Schweiz sei Schoggi ein Grundnahrungsmittel. Elf Kilo verputze ein jeder pro Jahr, so die Statistik. Eingerechnet die vielen deutschen Touristinnen und Touristen, die dort einkaufen und sich selbst rund neun Kilo Schokolade jährlich auf der Zunge zergehen lassen. Der Botaniker Carl von Linné hatte recht, der Kakaopflanze 1735 den Namen Theobrama Cacao zu geben, was nichts anderes als Götterspeise heißt.
Also erst mal zum Ursprung der himmlischen Süßigkeit, zu Max Felchlin im Kanton Schwyz. Das Unternehmen kreiert feinste Schokoladen und Grand-Cru-Kuvertüren. Ein Nischenmarkt, wobei die Kuvertüren die Basis für viele Hersteller und deren Endprodukte sind: Pralinen, Trüffel und diverse Schokoladen. Nach der Kuvertüre folgt erst die Kür der Bäcker, Gastronomen und Chocolatiers.
Als kleiner Vorgeschmack gibt es eine heiße Schokolade vorweg. Nicht so dickflüssig, wie die Spanier sie machen. Da steht der Löffel wie im Dessert, aber irgendwie sahnig und voller Aromen. Wohlige Gefühle, während draußen schon der nächste Schauer über dem Hausberg des Örtchens Ibach niedergeht.
From Bean to Bar, von der Bohne bis zum Endprodukt entsteht alles bei Felchlin. Hier werden die in den Ursprungsländern geernteten, fermentierten und sonnengetrockneten Kakaobohnen weiterverarbeitet. Sie werden gereinigt, geröstet, vermahlen, geknetet, gewalzt, mit Kakaobutter und Zucker vermengt, temperiert und zur Kakaomasse.
Die dunklen Schokoladen mit einem Kakaoanteil von 60 bis 88 Prozent sind immer vegan. Ohne tierische Fette. Für helle Schokolade wird Milch- oder Rahmpulver von Schweizer Kühen hinzugefügt. Außer Kakaobutter kommt kein Fett in die Schokolade. Auch der Rübenzucker wird in der Schweiz erzeugt. Und weiße Schokolade ist ja genau genommen gar keine. Sie besteht aus der aus Kakaomasse gewonnenen Kakaobutter, Zucker, Trockenmilch, Vanille und schmeckt darum recht süß.
Als edelste unter den Kakaosorten gilt die Criollo
Bleiben noch die Schalen der Kakaobohnen. Sie sind das perfekte Tierfutter. Felchlin ist ein modernes Unternehmen mit langer Tradition, gegründet 1908. Faires Einkaufen direkt bei den Bauern aus der Region und die Verwendung hochwertiger Rohstoffe sind Ehrensache.
Naturreines Sojalecithin und echte Vanille sind noch erlaubt. Andere Aromazusätze haben in einer exzellenten Schokolade nichts zu suchen. Ein Hinweis auf die Herkunft der Bohne wäre bei allen Schokoladenherstellern wünschenswert, wobei das nicht allein auf die Qualität schließen lässt. Den Geschmack macht die Sorte und wo sie gewachsen ist. Als edelste Frucht gilt die Criollo. Nur fünf Prozent der Schokoladen weltweit entstehen aus ihr. Sie enthält wenig Bitterstoffe, wächst meist in Mischbepflanzung und entwickelt dadurch sanfte Nebenaromen wie das von Nüssen, Karamell oder der Waldbeere. Die robustere Sorte Forastero beherrscht den Markt.
Milchschokolade ist in der Schweiz die beliebteste Sorte. Bei der Verkostung sind alle Sinne gefragt. Nicht einfach reinstopfen. Langsam Stückchen auf der Zunge zergehen lassen, dann erfährt man, dass die Schwarze aus bolivianischen Bohnen produzierte Schokolade erfrischende Zitrusaromen entfaltet. Vanille klingt nach. Vorn auf der Zunge meldet sich das Süße, das Herbe und Feine eher hinten.
Schokolade schmeckt am besten bei etwa 20 Grad Raumtemperatur
Man braucht nicht viel von dunkler Schokolade mit 68 Prozent Kakao und 32 Prozent Zucker. 60 Stunden lang wurde sie conchiert, also geknetet und gerührt, bis die Textur diese elegante Cremigkeit hat. Auch als Milchschokoladenliebhaber schmeckt man sich lustvoll rein ins Dunkle und lässt sich anschließend die 45-prozentige Grand-Cru-Milchschokolade aus Bolivien auf der Zunge zergehen. Rahmig nach Karamell, Vanille und Waldhonig schmeckt sie.
Die Auswahl an süßen Kreationen und Köstlichkeiten im hauseigenen Schokoladenladen ist groß ebenso wie die Zahl der Endkunden des Unternehmens. Zu denen gehören auch Xocolatl in Basel und Sprüngli in Zürich. Zu Hause verwahrt man die feine Schokolade übrigens besser nicht im Kühlschrank. Durch die Feuchtigkeit kann Zuckerreif entstehen, oder die Kakaobutter zeigt sich als Fettreif weiß auf der Oberfläche. Aber für die, die es dennoch lieber knackig mögen: Auf den Geschmack hat das Äußere keinen Einfluss.
Kenner finden allerdings, dass Schokolade sowieso am besten bei etwa 20 Grad Raumtemperatur schmecke. Dann habe sie den feinsten Schmelz. Also rein ins Körbchen mit der herrlichen Crand-Cru-Kuvertüre. Weihnachten steht vor der Tür, da darf die edle Schokolade nicht fehlen.
Rezept für Lavatörtchen:
Für sechs Personen, Vorbereitung: 15 min, Backzeit: 5 bis 6 min
Zutaten:
- 150 g dunkle Schokolade
- vier Eier
- 135 g Feinkristallzucker
- 135 g weiche Butter
- 40 g Mehl
- 20 g Kartoffelstärke
- sechs Schokoladenstückchen
Zubereitung:
- Den Backofen auf 210 °C (Stufe sieben) vorheizen. Sechs Alu-Muffinförmchen mit 5 cm Durchmesser und 4 cm Höhe buttern und mit Mehl bestäuben.
- Die Schokolade zerkleinern und im Wasserbad schmelzen.
- Die Eier und den Zucker in eine Schüssel geben, diese in ein Wasserbad stellen und fünf bis acht Minuten, unter Schlagen mit dem Schneebesen, erhitzen, bis die Mischung hell wird und eindickt. Sie sollte am Ende wie ein Band vom Schneebesen ablaufen. Die Masse vom Herd nehmen und mit dem elektrischen Rührgerät auf höchster Stufe aufschlagen, bis sie abgekühlt ist.
- Die weiche Butter mit der geschmolzenen Schokolade vermischen und unter die Ei-Zucker-Masse rühren. Dann vorsichtig das Mehl und die Kartoffelstärke unterheben.
- Gießen Sie den Teig halbhoch in die Muffinförmchen. Legen Sie ein Schokoladenstückchen in die Mitte des Lavatörtchens und befüllen die Muffinförmchen bis zum Rand. Die Törtchen fünf bis sechs Minuten im Ofen backen. Lassen Sie die Törtchen fünf Minuten abkühlen, bevor Sie sie aus den Förmchen nehmen. Sofort servieren.
Rezept für Annabella-Pralinen:
Für 30 Stück, Einlegezeit: über Nacht, Vorbereitung: 1 h 30 min
Zutaten:
- 40 g Rosinen
- 20 ml Rum
- 150 g Marzipan
- Puderzucker
- Für den Überzug: 300 g weiße Schokolade
- Für den Dekor: 50 g dunkle Schokolade
Zubereitung:
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Legen Sie am Vortag die Rosinen in Rum ein. Kneten Sie am Folgetag die eingelegten Rosinen unter das Marzipan. Bestäuben Sie die Arbeitsplatte mit Puderzucker und ziehen Sie Handschuhe an. Teilen Sie das Marzipan in zwei Stücke und formen Sie zwei gleichmäßige Rollen. Dann schneiden Sie die Rollen in ca. 1 cm breite Scheiben (entspricht 10 – 15 g). Formen Sie die Scheiben zu Kugeln und legen Sie sie in eine Schüssel.
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Den Überzug zubereiten: Temperieren Sie die weiße Schokolade unter Beachtung der folgenden Schritte, damit die Schokolade richtig kristallisiert: Die weiße Schokolade grob hacken. Zwei Drittel davon im Wasserbad schmelzen, bis das Kochthermometer eine Temperatur von 40 °C anzeigt. Sobald die Schokolade die Temperatur erreicht hat, die Schokolade aus dem Wasserbad nehmen. Das restliche Drittel hinzugeben und rühren, bis die Schokolade auf 25 °C abgekühlt ist. Erwärmen Sie die Schokolade erneut unter Rühren im Wasserbad auf 28 °C.
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Mithilfe eines Backpapiers ein Papierspritztütchen herstellen (Seite 329). Die dunkle Schokolade im Wasserbad schmelzen und etwas abkühlen lassen. Arbeiten Sie wieder mit Handschuhen und tauchen jede der Kugeln in die temperierte weiße Schokolade. Die Kugeln leicht schütteln, um überschüssige Schokolade zu entfernen, dann auf ein Backpapier legen und die weiße Schokolade fest werden lassen. Füllen Sie die Zartbitterschokolade in das Papiertütchen. Schließen Sie es, indem Sie den oberen Teil umklappen und aufrollen, damit sich die Schokolade in der Spitze sammelt. Sobald die weiße Schokolade aushärtet, schneiden Sie die Spitze des Tütchens ab und verzieren die Kugeln mit der dunklen Schokolade.
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Tipp des Patissiers: Sie können auch einen Teelöffel in die geschmolzene Zartbitterschokolade tauchen und damit die Annabella- Praline mit einem Zebramuster versehen. Spielen Sie mit Farben und reichen Sie diese Süßigkeit mit klassischen Schokoladentrüffeln, die in Kakao gerollt wurden.
Die Rezepte sind aus dem Buch: "Le Cordon Bleu: Schokolade", 416 Seiten, LV Verlag