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Pro & Contra
Frage der Woche: Das Klassentreffen schwänzen?
Egal, wie kurz oder lang der Abschluss zurückliegt: Irgendwann flattert eine Einladung zum Klassentreffen in den (virtuellen) Briefkasten. Ist es legitim, zu schwänzen?
Doris Wegner, Lara Voelter
 |  aktualisiert: 11.03.2024 11:15 Uhr

Pro: Klassentreffen gleichen häufig eher Verkaufsgesprächen

"Wäre doch schön, sich mal wieder zu sehen, über die alten Zeiten zu quatschen ..." Wäre es das? Der erste Gedanke lautet: nein. Und der zweite: ebenfalls nein. Das Klassentreffen also schwänzen? Definitiv. Denn häufig tauscht man mit den ehemaligen Klassenkameradinnen und -kameraden doch nur noch Worte, die an der Oberfläche wabern und dann wirkungslos verhallen.

Außerdem: Warum sich der kompletten Pathologie menschlichen Verhaltens aussetzen? Neid, Schadenfreude, Egoismus. Und warum zu einem Treffen gehen, bei dem das Gefühl entstehen kann, am falschen Tisch zu sitzen. Klassentreffen oder Verkaufsgespräch? Häufig deckungsgleich. 

Jede Jahrgangsstufe hat wohl ein paar besonders mitteilungsbedürftige Exemplare zu bieten, die die Bescheidenheit nicht gerade kultivieren. Die ohne Superlativ verloren sind. Monolog. Erfolgsanalyse. Monolog. Erfolgsanalyse. Und dazwischen etliche Krumen vermeintlicher Individualität gestreut. Umwege und Holzwege sind maximal geduldet – mit zwei hochgezogenen Augenbrauen. Bruchbiografien: verachtenswert. Bullerbü-Idylle: erstrebenswert. Ach so, wie war das mit der Individualität? 

"Auch mal fertig mit dem Studium?" "Ach, noch nicht verheiratet?" "Und wohnst du immer noch in einer Einzimmerwohnung?" Inzwischen hängt die Contenance nur noch auf halbmast. Der so seltsame wie peinliche Wettbewerb um den besseren Lebensstil hat klassenkampfähnliche Züge angenommen. 

Warum soll man dieses Gebaren als Status quo akzeptieren, wenn es viel lustiger ist, dem Lebenslauf-Fetischismus in den Hintern zu treten? Und mit nur einer Handvoll Menschen aus der Schulzeit das Klassentreffenin der früheren Stammkneipe zu schwänzen. Mit Menschen, die man noch immer als Freunde bezeichnet; von denen man auch ohne Instagram und Klassentreffen weiß, wo sie wohnen, was sie aktuell beschäftigt und: Wie es ihnen wirklich geht. (Lara Voelter)

Contra: Es ist spannend, Leben weiter zu verfolgen

Klassentreffen, das klingt ein wenig angestaubt, alles ein bisschen schwarz-weiß-müffelnd, nach Feuerzangenbowlen-Klamauk. Warum nur sollte man Leute treffen, mit denen man seit fünf oder zehn Jahren keinen Kontakt mehr hatte? Oder gar während der ganzen Schulzeit nie etwas zu tun hatte? Einfach, weil es spannend ist. Was ist nur aus all den Typen geworden? Plötzlich (naja, das ist natürlich relativ) hat der Schwarm von einst einen Bierbauch. Und wer ist noch mal der mit der Glatze? Ach, neee …. Und wer hat sich denn da so aufgebrezelt? 

Wie der Pausenhof früher ist das Klassentreffen von heute natürlich eine große Klatschbörse. Abgesehen davon ist es aber auch einfach sehr interessant, Leben weiterzuverfolgen, die Höhen und Tiefen, die nun mal dazugehören, wenn mal älter wird. Wer hat sie wie gemeistert oder eben auch nicht … Was machst du, wie geht es dir? Das will man bei einem Klassentreffen wissen. Schließlich hat man doch ein paar entscheidende Jahre miteinander zugebracht, wenn auch nicht in allen Fällen ganz freiwillig. Aber während man so ins Plaudern kommt, manchmal sogar mit einigen, mit denen man das ganze Schulleben kein Wort gewechselt hat, stellt man doch fest, dass die gemeinsam verbrachte Schulzeit eine tiefere Basis ist, als man es ursprünglich gedacht hätte. 

Und natürlich werden an solchen Abenden wunderbare Geschichten hervorgezaubert. Viel, sehr viel Ach-weißt-du-noch. Darum geht es aber auch. Sich einen Abend lang über alte Zeiten schieflachen. Das ist dann doch Feuerzangenbowlen-Klamauk vom Feinsten. Und das sollte man sich einfach nicht entgehen lassen. (Doris Wegner)

 
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