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Malerei
Warum die alten Meister Eigelb unter ihre Ölfarben mischten
Dürer, Rembrandt oder Botticelli nutzten für ihre Meisterwerke nicht nur Ölfarben. Forschende haben nun festgestellt: Auf der Leinwand klebt auch Eigelb.
Walter Willems
 |  aktualisiert: 11.03.2024 12:29 Uhr

Schon das Anrühren von Ölfarben ist eine Kunst. Doch viel altes Wissen darüber ist über die Jahrhunderte verloren gegangen. Etwa ab dem 15. Jahrhundert mischten Maler wie Leonardo da Vinci, Sandro Botticelli, Albrecht Dürer oder Rembrandt Proteine – etwa Eigelb – unter ihre Ölfarben. In einer experimentellen Studie hat ein deutsch-italienisches Forschungsteam nun die Vorteile dieser Beimengung ermittelt. Dazu zählen unter anderem bessere Streichbarkeit, weniger Runzeln und Risse beim Trocknen und eine größere chemische Beständigkeit der Farben. 

Allgemein sei bekannt, dass Öl als Bindemittel für die Farbpigmente in Ölfarben ausreiche, schreibt die Forschungsgruppe um Ophélie Ranquet und Norbert Willenbacher vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) im Fachblatt Nature Communications. Allerdings wurden in Gemäldeproben auffällig oft auch Spuren von Proteinen wie etwa Ei nachgewiesen. 

Im Mittelalter verwendeten italienische Maler vorwiegend Eitempera

"Lange Zeit dachte man, das seien Verunreinigungen", sagt Willenbacher. Doch das regelmäßige Auftauchen solcher Bestandteile habe darauf hingedeutet, dass dahinter Absicht stand. "Die Herstellung einer Farbe beinhaltet eindeutig mehr als nur die Vermischung des Pigments mit einem Bindemittel", schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Noch im Mittelalter verwendeten italienische Maler vorwiegend Eitempera – also Pigmente vermischt mit Wasser und Eigelb als Bindemittel.

Doch im Laufe des 15. Jahrhunderts kamen zunehmend Ölfarben in Gebrauch, und das führte vermutlich zumindest anfangs zu Problemen. Als mögliches Beispiel nennen die Forschenden das Bild "Madonna mit der Nelke", ein um 1475 entstandenes frühes Ölgemälde des damals noch jungen da Vinci. Das Gesicht der Madonna weist Falten auf, sogenannte Runzeln, die vermutlich beim Trocknen der Farbe entstanden sind. "Das ist da Vinci sonst nicht passiert", erläutert Willenbacher. "Wir vermuten, dass er den Ölfarben später Eigelb zugegeben hat." 

Maler nutzten verschiedene Techniken beim Anmischen der Farben

Das um 1490 entstandene Bild "Die Beweinung Christi" von Botticelli enthält nachweislich in mehreren beprobten Arealen Eigelb. Schon in winzigen Mengen beeinflusst der Dotter etwa die Steifheit der Farben, gerade wenn sie nur geringe Pigment-Konzentrationen aufweisen. In der Studie prüfte das Forschungsteam auch verschiedene Vorgehensweisen beim Anmischen von Pigmenten mit Leinöl und Eigelb.

So kann Eigelb entweder unter die bereits angerührte Ölfarbe gemischt werden oder aber die gemahlenen Farbpigmente werden zuerst mit Eigelb vermengt, dann getrocknet und anschließend mit Leinöl verrieben, sodass sie im Öl von einer Proteinschicht umhüllt werden. Das schützt Farben vor der Aufnahme von Feuchtigkeit aus der Umgebung und erlaubt zudem einen höheren Pigmentgehalt der Malfarbe bei gleichzeitiger guter Verstreichbarkeit. Ein höherer Pigmentgehalt wiederum führt zu höherer Stabilität gegen Rissbildung und reduziert Gilbung und andere Farbveränderungen.

Mit Eigelb in der Farbe verhinderten Malende Runzeln und Risse im Gemälde

Gerade bei der ersten Rezeptur – also der nachträglichen Zugabe von Eigelb – entstehen sehr steife Malfarben, die sich dick und gleichzeitig sehr leicht mit dem Pinsel auftragen lassen. Zudem verhindert die Festigkeit der unteren Schichten beim Trocknen das Aufplatzen der Farboberfläche und verhindert so Runzeln und Risse. 

Damit nicht genug: Eigelb enthalte Antioxidantien, die den ursprünglichen Farbton lange bewahren, schreiben die Expertinnen und Experten. "Diese Analyse zwingt uns zu einer neuen Denkweise", sagt Co-Autor Patrick Dietemann von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München. "Es ergibt Sinn, Eizusätze in Ölfarben zu verwenden." 

Alte Meister wie Botticelli, da Vinci oder Rembrandt hätten proteinhaltige Bindemittel auf unterschiedliche Arten für ihre Kunstwerke genutzt, schreibt die Forschungsgruppe. Mit diesen Techniken hätten sie Probleme vermieden und "gaben uns damit die Möglichkeit, ihre Meisterwerke auch heute noch zu bewundern".

 
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