
Ein differenziertes System der CO₂-Besteuerung mit höheren Abgaben auf Emissionen durch Luxus-Konsum würde britischen Forschenden zufolge für mehr Gerechtigkeit zwischen Arm und Reich innerhalb eines Landes sorgen. Im Fachblatt One Earth stellen sie ein Modell vor, in dem auf Ausgaben etwa für Essen, Reisen, Wohnen und Freizeitaktivitäten eine CO₂-Steuer anfällt.
Die Forschenden um Yannick Oswald von der englischen University of Leeds unterscheiden dabei zwischen Basis-Konsum und Luxus-Konsum. „Einige Emissionen entstehen im Zuge eines angemessenen Lebensstandards.“ Dazu gehören den Wissenschaftlern zufolge Bereiche wie Wohnen, Essen und der Zugang zu Gesundheitsversorgung. „Andere Emissionen entstehen beim Streben nach Luxus.“ Dazu zählen sie Langstrecken-Urlaubsflüge und Sommerausfahrten in PS-starken Cabrios.
Reiche Menschen erzeugen durch ihren Lebensstil deutlich mehr CO₂
Zwar trage jede ausgestoßene Tonne CO₂ gleich zur Klimaerwärmung bei, doch manche Emissionen seien einfacher zu vermeiden als andere. „Es ist aus sozialen und Gerechtigkeitsgründen sowie mit Blick auf die Klimaschutzziele richtig, verstärkt Emissionen zu senken, die durch noch zu definierenden Luxus-Konsum entstehen“, sagt Andreas Burger vom Umweltbundesamt, der nicht an der Studie beteiligt war. Reiche Menschen erzeugten durch ihren Lebensstil oft deutlich mehr CO₂-Emissionen und wälzten die dadurch entstehenden Umweltkosten teils auf die Gesellschaft ab. Burger bezweifelt aber, ob das vorgestellte Instrument der beste Weg ist.
CO₂-Steuern sind ein politisches Werkzeug, um klimaschädliche Anschaffungen und Aktivitäten teurer zu machen, Emissionen zu senken und Geld für Klimaschutzmaßnahmen einzunehmen. Solche Steuern gibt es in Mexiko, Kanada, Frankreich und Großbritannien. In Deutschland gibt es die Energiesteuer und eine CO₂-Bepreisung über den Emissionshandel, aber keine CO₂-Steuer.
Dem Team um Oswald zufolge werden in Ländern, in denen es eine CO₂-Steuer gibt, alle Emissionen gleich belastet – oder der Preis gilt nur für Emissionen aus bestimmten Bereichen wie Wärme und Treibstoff. Aus Sicht der Forschenden wäre es gerechter, in die Berechnung des CO₂-Preises die Art der Ausgabe einfließen zu lassen und reiche Haushalte stärker zu belasten.
Denn der CO₂-Ausstoß pro Kopf variiert stark zwischen armen und reichen Ländern. Aber auch innerhalb Deutschlands sind die Unterschiede immens. So weist das Umweltbundesamt in einem Bericht von 2020 darauf hin, dass in Haushalten mit weniger als 1000 Euro Nettoeinkünften im Monat im Durchschnitt sechs Tonnen Treibhausgas-Emissionen pro Jahr verursacht werden. Bei ansonsten gleichbleibenden Eigenschaften sind es für einen Haushalt mit Nettoeinkünften von über 4000 Euro dagegen circa 13 Tonnen.
Forschenden erwarten große Gegenwehr von den Reichen und Mächtigen
In seine Berechnungen bezog das Team um Oswald Daten aus 88 Ländern ein, darunter sowohl ärmere als auch reichere. Es bildete 14 Konsumkategorien und versah sie mit einem spezifischen CO₂-Preis. Im Beispiel USA würden etwa auf den Autokauf und auf Flugreisen mehr als 200 US-Dollar pro erzeugter Tonne CO₂ anfallen, auf Heizung und Strom weniger als 100 Dollar.
Bei unterschiedlich hohen CO₂-Steuern würden den Forschenden zufolge weltweit 52 Prozent der angefallenen Abgaben von Luxusausgaben stammen, im Vergleich zu 37 Prozent bei einem einheitlichen Steuersatz. Reichere Haushalte müssten sowohl relativ als auch absolut mehr CO₂ einsparen, beziehungsweise mehr zahlen, wenn sie das nicht tun.
„Es ist gut, dass das mal durchgerechnet wurde. In der Praxis dürfte eine höhere CO₂-Besteuerung für Luxuskonsum nur selten das Mittel der Wahl sein", sagt Andreas Burger vom Umweltbundesamt. Er sieht praktische Probleme bei der Umsetzung. Wie definiert man, was Luxus- und was Basisausgaben sind? "Bei Privatjet und Jacht ist das eindeutig, beim Auto schon schwieriger", sagt Burger.
Ein Problem des vorgeschlagenen Modells, das die Forschenden um Oswald auch selbst sehen, ist, ob Behörden genug Informationen haben, um eine solche Steuer einzuführen. Denn für jede Art von Konsum müsste eindeutig festgestellt werden, ob es in die Kategorie Luxus oder Basis fällt. Zudem erwarten die Forschenden große Gegenwehr: „CO₂-Steuern mit Luxus-Fokus zielen auf Gruppen mit hohen Einkommen. Diese dürften am besten in der Lage sein, gegen eine solche Maßnahme zu lobbyieren“, heißt es in einer Mitteilung. „Trotz der Einschränkungen unseres Modells, die Botschaft ist diese: Wenn man Klimamaßnahmen konzipiert, kann man die unterschiedlichen Konsumarten miteinbeziehen“, sagt Oswald. „Und das würde solche Maßnahmen gerechter machen.“
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