
Aus dem Häuschen auf Rädern klingt leises Gegacker: ga-ga-ga. Ein Ei wird kommen: Ga-ga-ga-ga-gaak! Es ist vollbracht. Handwarm liegt ein Ei im Dinkelnest. Das Huhn kann wieder nach draußen hüpfen. Auf die Wiese von Johannes Habel. Idyllisch liegt sie am Gabelsee in Märkisch-Oderland. 230 Hennen wohnen in einer Art Zirkuswagen auf der zehn Hektar großen Weidefläche. Neben den besonders legefreudigen Lohmann-Hühnern scharren auch französische Bressehühner am Boden.
Zwanzig Hähne sorgen für Ordnung bei den Hennen. Sie schwärmen aus, wenn ihr Harem in Panik gerät, weil mal wieder ein Greifvogel im nahen Baum schaukelt. Alle vierzehn Tage rollt Hühnerhalter Habel das Tinyhouse auf frisches Grün. Das lieben die Tiere. Dann flutscht das auch mit den Eiern. Mit sechs Monaten fängt so ein Huhn an zu legen und tut das ein Jahr lang, weiß Habel. Dann kommen die Tiere in die Mauser, wechseln also ihr Federkleid, und gehen mit der Produktion fortan auf Sparflamme.
In Rote Bete eingelegt bekommt das Ei ein tolles Muster
Aber jetzt ist keine Zeit für Pausen. Zu Ostern wollen jede Menge frische Eier verspeist werden. Egal, ob zum Frühstück, Brunch oder Abendessen. Das Essen kann so bunt sein wie die Ostereier. Ein besonderer Hingucker: marmorierte Eier. Dazu wird die Schale gekochter Eier angeknackst, erklärt Food-Bloggerin Janina Lindemann. Anschließend kommen die Eier in einen eingefärbten Einlegesud. Zum Beispiel aus roher Roter Bete, Essig, Wasser, Salz und Zucker. "Das sieht toll aus und lässt sich gut vorbereiten", sagt Lindemann. Die Eier kommen dann gepellt auf den Tisch und sind farblich marmoriert.
Der Berliner Küchenchef Marcel Hertrampf hat eine andere Idee für den Osterbrunch: Pochiertes Ei mit grünem Spargel und French Toast. Klingt kompliziert, lässt sich aber ganz einfach machen. Für das Pochieren hat der Restaurantchef einen Trick: Die Eier werden in der Schale höchstens fünf Minuten nur wachsweich gekocht und dann eiskalt abgeschreckt.
Gepellt kommen die "falschen" pochierten Eier dann auf den Spargel, der geviertelt als Nest auf dem vorbereiteten French Toast drapiert werden kann. Ergießt sich das Ei nicht schon von selbst über dem Toast, kann man es kurz vor dem Servieren etwas einreißen. "Das Ergebnis ist ähnlich einem echten pochierten Ei", sagt Hertrampf. "Und man bekommt kein Flattern, wenn man das für fünf bis acht Leute hinbekommen müsste." Den Spargel würde der Küchenchef zuvor scharf anbraten und anschließend marinieren – zum Beispiel in einer Mischung aus Senf, Sojasauce, Honig und Essig. Getoppt wird das Eiernest dann noch mit Haselnüssen und Kräutern.
Veganes zu Ostern? Wie wäre es mit Hummus oder Shashuka ohne Ei
Auf die Essensbedürfnisse der Gäste zu achten, findet Foodbloggerin Janina Lindemann wichtig: "Niemand soll sich ausgeschlossen fühlen." Für vegane, aber auch glutenfreie Gerichte lässt sie sich gerne von der internationalen Küche inspirieren. Für den Brunch empfiehlt sie Rezepte aus der Küche des Nahen Ostens wie Hummus oder das in Israel typische Shakshuka. Der würziger Eintopf wird aus Tomaten, Zwiebeln, Kräutern und gestockten Eiern zubereitet. "Wenn man beim Shakshuka in einem Teil die Eier weglässt, ist es ein tolles veganes Gericht", sagt Lindemann.
Viele leckere Ideen für die österliche Tafel hat auch die Kochbuchautorin Tove Nilsson zusammengetragen und ein ganzes Buch rund ums Ei geschrieben. "Von Omelett bis Hollandaise. Techniken &Rezepte“, heißt es trocken in der Unterzeile des Buches. Umso spannender, was sich aus den runden Exemplaren alles machen lässt. Ist doch eine Binsenwahrheit, wie man ein Spiegelei zubereitet, mag man denken und bleibt dann doch stecken in der appetitlichen Anweisung. Schon steht man in der Küche und brät als kleine Zwischenmahlzeit ein "klassisches französisches Spiegelei" à la Tove Nilsson.
Zum Frühstück gibt es bei ihr übrigens Eier Florentine oder Roggenbrot mit Ei und Sardellen. Als Zwischenmahlzeit kommt statt einem Salat Nicoise, diesem bunten Mix aus Gemüse, Blattsalat, Thunfisch und hart gekochten Eiern, mal ein Salat Lyonnaise mit knusprigem Speck und pochierten Eiern auf den Tisch.
Unter Anleitung gelingt dann auch die Baiser auf dem Kuchen und man muss vor der Sauce Hollandaise nicht zurückschrecken. Und wer es noch nicht weiß: Carbonara, der Klassiker unter den Nudelgerichten, wird nicht mit Sahne, sondern mit taufrischem Eigelb geschmeidig. Hübsch gerade zu Ostern sind die chinesischen Tee-Eier. Mariniert mit Teeblättern und Gewürzen bildet sich auf den ausgepellten Eiern ein karamellfarbenes, rissiges Muster. Zum Osterbrunch darf das Ei ruhig bunt sein, ob von außen oder innen. Ob in Dill eingelegt, mit Schnittlauch und Paprika serviert oder mit Garnelen und Maränenrogen, diesen kleinen gelben Fischeiern, kombiniert.
Vielfältiger Sound: Hühner können in 25 Varianten gackern
Oder ganz simpel gebraten, wie bei Hühnerhalter Johannes Habel. Vorsichtig schlägt er ein nestwarmes Ei in die mitgebrachte Pfanne auf dem kleinen Lagerfeuer. Der Dotter gleicht einer prallen Halbkugel, sieht aus wie der Blutmond an seltenen Tagen. Die goldrote Farbe ergibt sich durch die aufgenommenen Carotine in der Nahrung, weiß Habel. Das Eiklar drum herum ist fest und gallertartig geschlossen. Es muss einen kleinen Berg machen. Dann ist das Ei wirklich frisch. In erster Linie macht ja die Frische den Geschmack, findet Habel. "Ein Ei, das eine Woche im Kühlschrank liegt, schmeckt nach Kühlschrank."
Wenn die Sonne untergegangen ist, gehen die Hühner schlafen. Bis zum Morgen, wenn die Hähne krähen, um ihren Revieranspruch kundzutun. Dann wird wie sonst auch den ganzen Tag gescharrt, gepickt, gehackt und den Bedürfnissen des Obergockels Folge geleistet. Dabei wird durchgegackert in genau 25 Variationen, wie zwei Schweizer Verhaltensforscher beobachtet und erlauscht haben.
Die Umwandlung des herkömmlichen Hühnerstalls in tierfeindliche Legebatterien hat vielen den Appetit auf das sonntägliche Frühstücksei verdorben. Das sogenannte Konzept-Huhn muss legen, legen, legen. Doch am Ende gleicht kein Ei dem andern. Egal, ob seine Schale weiß, braun, gesprenkelt oder mintgrün ist, auf den Geschmack hat es keinerlei Einfluss.
Nur frisch muss es sein. Am besten nicht älter als vier Tage, wie Tove Nilsson in ihrem Buch über Eier schreibt. Solche Sonntagseier brauchen allerdings eine Minute länger im Kochtopf. Aber genug vom Deftigen, denn auch in Süßspeisen machen sich die Eier gut. Vielleicht zu kleinen Schiffchen aufgeschlagen auf einer Soße aus Vanille und Karamell? Iles flottantes heißen die schwimmenden Nockerl, die es zuletzt bei der Oma in der Kindheit gab. Gekocht, geköpft, gelöffelt, gepellt – das Ei ist eine runde Sache. (mit dpa)
Leckere Rezepte mit Ei:
Boiled Eggs & Soldiers (2 Portionen)
Zutaten:
- 1 Schalotte, fein gehackt
- Salz
- 100 g Butter
- ½ Sardelle, fein gehackt
- 1 EL fein gehackter Thymian
- 1 EL fein gehackter Schnittlauch
- 2 Schalotten, in Scheiben geschnitten
- 1 TL Weißweinessig
- 2 TL Olivenöl
- 1 Topf Brunnenkresse, gezupft
- 2 Eier
- 4 Scheiben weißes Kastenbrot
Zubereitung:
Die gehackte Schalotte mit etwas Salz und 1 TL Butter in einer Pfanne kurz anbraten.
Dann mit 50 g Butter, Sardelle, Thymian und Schnittlauch zu einer Kräuterbutter vermengen. In den Kühlschrank stellen. Etwa 20 Minuten vor dem Servieren herausnehmen.
In einer Schüssel die in Scheiben geschnittenen Schalotten mit dem Essig, dem Öl und etwas Salz vermischen. Etwa 10 Minuten stehen lassen. Kurz vor dem Servieren mit der Kresse vermengen.
Die beiden 6-Minuten-Eier kochen
Das Brot in Stäbchen schneiden und in der übrigen Butter in einer Pfanne braten. Leicht abkühlen lassen.
Die Eier mit dem Kressesalat, der Kräuterbutter und knusprigen Brotstangen servieren
Ei-Avocado-Sandwich
Zutaten:
- 1 Scheibe weißes Sauerteigbrot
- 1 EL Olivenöl
- ½ Avocado
- 1 Spritzer Zitronensaft
- 1 gekochtes 6-Minuten-Ei
- 1 TL gerösteter Sesam, im Mörser zerkleinert
- Salzflocken
Zubereitung:
- Das Brot im Olivenöl in einer heißen Pfanne gut anrösten. Dadurch wird es besonders schmackhaft und knusprig.
- Die Avocado mit einer Gabel zerdrücken und den Zitronensaft unterrühren.
- Das Brot etwas abkühlen lassen und mit Avocadocreme und einem Ei belegen. Das Ei aufschneiden, damit das Eigelb über das Sandwich fließt. Mit Sesam und Salz bestreuen
Shakshuka (2 Portionen):
Zutaten:
- 1 TL ganzer Kreuzkümmel
- 1 TL ganze Koriandersamen
- ½ TL Kurkumapulver
- 1 TL Paprikapulver3
- –4 Fäden Safran
- 2 gelbe Zwiebeln, fein gehackt
- Olivenöl
- 1 rote Paprikaschote, entkernt und gewürfelt
- 1 grüne Paprikaschote, entkernt und gewürfelt
- ½ Knoblauchzehe, fein gehackt
- 1 TL Harissapaste
- 2 Dosen gehackte Tomaten
- Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
- 2–4 Eier
- 1 Bund Koriander, Blättchen gezupft und gehackt
- 1 Bund Minze, Blättchen gezupft und gehackt
Zubereitung:
- Die Gewürze in einem Mörser zerkleinern.
- Die Zwiebeln in Olivenöl in einer Pfanne etwa 10 Minuten anbraten, bis sie süßlich und goldbraun karamellisiert sind.
- Die Paprikaschoten zusammen mit den Gewürzen, dem Knoblauch und der Harissapaste hinzufügen. Etwa 5 Minuten anbraten, bis das Gemüse langsam weich wird.
- Die gehackten Tomaten und 200 ml Wasser zugeben. Mit Salz und Pfeffer würzen.
- Etwa 15 Minuten abgedeckt köcheln lassen und abschmecken.
- Mulden in der Sauce formen und die Eier hineinschlagen. Bei geringer Temperatur etwa 8–10 Minuten garen, bis die Eier fertig sind.
- Die Kräuter untermischen und das Shakshuka mit Pitabrot oder geröstetem Sauerteigbrot servieren.
Rezepte: "Ei: Von Omelette bis Hollandaise: Techniken &Rezepte" von Tove Nilsson, Christian Verlag, 224 Seiten, 29,99 €