Was hat Sommerleichtigkeit mit einem Pürierstab zu tun? Man könnte meinen: fast alles. Denn wenn draußen die Temperaturen erbarmungslos in die Höhe klettern, sorgt drinnen in den Küchen eine Vitaminbombe für garantierte Abkühlung: die Gazpacho. Würzig bewährt. Schnell gemixt. Und mit einer kuriosen Geschichte. Die kalte Suppe ist ein sommerlicher Klassiker, aber auch eine Alleskönnerin: perfekt für Faule, für Eilige, für Mealprepper, die Mahlzeiten ins Büro mitnehmen, für Gesundheitsbewusste und Experimentierfreudige, denn Varianten gibt es genug. Dazu aber später.
Vortritt hat jetzt erst mal der Klassiker: die Gazpacho andaluz. Die Zubereitung ist Minutensache. Und so einfach, dass es für das Rezept keine Grammangaben braucht. Der Pürierstab, Mixer oder Thermomix übernimmt die Arbeit fast von allein. Tomaten, Weißbrot, grüne Paprika, Salatgurken, Knoblauch, Essig, Salz und Pfeffer und Wasser. Mehr braucht es nicht für das spanische Suppenwunder, das sich denkbar einfach zubereiten lässt: etwas Weißbrot in Wasser einweichen. Das Gemüse pürieren und unter Zugabe von Olivenöl mit Essig, Salz und Pfeffer abschmecken. Mehr ist nicht zu tun, außer die Suppe mindestens zwei Stunden in den Kühlschrank zu stellen. Müsste nur noch die Konsistenzfrage geklärt werden. Die Variationen reichen von dünnflüssig bis stückig-sämig. In Spanien wird die Suppe meist dünn-seidig serviert. Der Effekt wird laut einer Insiderin durch zehnminütiges Mixen erzielt.
Gazpacho enthält kaum Fett und belastet das Verdauungssystem nicht
Das lange Mixen hat laut Ernährungswissenschaftlerin Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung einen weiteren positiven Effekt: Durch das Zerkleinern entfalten die sekundären Pflanzenstoffe leichter ihre Wirkung. Besonders der rote Farbstoff der Tomaten, das Lycopin, gilt als Radikalfänger, kann also das Risiko senken, an Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Osteoporose zu erkranken.
Und mit noch einem weiteren gesunden Trumpf kann die klassische Gazpacho laut Antje Gahl aufwarten. Das Gemüse ist abgesehen von den Vitaminen auch reich an Kalium, das einen wichtigen Beitrag zur Reizweiterleitung der Nervenfasern leistet. Sehr angenehme Nebeneffekte also. Wer aber in der Mittagspause seine kalte Suppe löffelt und die Currywurst links liegen lässt, bringt an heißen Tagen vor allem auf genussvolle Weise seinen durch das Schwitzen ramponierten Flüssigkeitshaushalt auf Vordermann, versichert Antje Gahl. Außerdem sind die Gemüsesuppen leicht, enthalten kaum Fett und belasten das Verdauungssystem nicht.
In die Suppe kann mehr oder weniger alles, was der Garten hergibt. Rezept-Varianten gibt es genug. Manche mixen Romanasalat mit Gurke und Minze (und immer den gleichen Grundzutaten) zur grünen Gazpacho. Mit Gurken, gelben Paprika und Kurkuma entsteht eine goldene Gazpacho. Da gelten fast die gleichen Gesetze wie bei einem Smoothie: Alles kann, nichts muss.
Ein Klassiker unter den kalten Suppen: Die weiße Ajoblanco
Die weiße Variante, die Ajoblanco, zählt zu den Klassikern unter den kalten Suppen, ist aber weniger bekannt. Dabei soll sie die ursprünglichste unter den kalten Suppen sein, die wohl die Mauren in den europäischen Süden gebracht haben. Und zwar in Form einer weißen Knoblauchsuppe, zu deren Hauptbestandteilen außerdem Gurken, Brot, Olivenöl, Essig, Salz und Wasser gezählt haben. Tomaten und Paprika, die heutigen Gazpacho-Stars, gab es damals noch nicht. Sie wurden erst durch Christoph Kolumbus nach Europa gebracht und sind erst im 18. Jahrhundert in die Gazpacho gewandert.
Hauptbestandteile der Ajoblanco, wie sie vor allem in Malaga serviert wird, sind Weißbrot Mandeln und helle Trauben (als geschmackvolle Deko), Knoblauch, Olivenöl und Sherry-Essig. Die Stuttgarter Köchin Caroline Autenrieth lässt die Trauben weg und verfeinert die Ajoblanco beispielsweise mit Honigmelone. Für die notwendige Säure sorgen Sherryessig oder Apfelessig dann in etwas geringerer Dosis. Überhaupt gehen Obst und Gemüse mit Knoblauch eine reizvolle Verbindung ein. Köchin Anna Schwarzmann kombiniert Tomate mit Wassermelone, Knoblauch, Salz, Pfeffer, etwas Tabasco, etwas Schafkäse und Basilikumblätter zu einem kalten Sommertraum.
Und wer jetzt schon den Pürierstab herauskramt und sein Hochbeet aberntet, sollte auch dieser flott zubereiteten kalten Suppe eine Chance geben. Sterneköchin Maria Groß kombiniert ihre kalte Gurkensuppe mit Borretsch, Dill, Kerbel, Sauerrahm, Zitrone und etwas Honig.
Ihre europaweite Karriere hat Gazpacho wohl einer Kaiserin zu verdanken
In Spanien wird die Suppe übrigens gelöffelt, um sich ein Suppengefühl zu bewahren, während hierzulande die Gazpacho gerne aus der Tasse getrunken wird, da kommt dann eher ein Smoothie-Gefühl auf ... Ihre europaweite Karriere hat die andalusische Sommersuppe der Legende nach einer Kaiserin zu verdanken. Eugenie de Montijo stammte aus Granada, liebte die Speisen der Region und war vor allem die Ehefrau von Kaiser Napoleon III. Sie soll die Gazpacho im 19. Jahrhundert bei ihren Touren durch die Paläste zu einem wahren Exportschlager gemacht haben.
Die kalt servierte Gemüsesuppe zählte zu den Lieblingsgerichten der letzten Monarchin, die über Frankreich regierte. Sie soll die kalte Suppe nicht nur salonfähig gemacht haben. Auch die einfachen Leute haben sich rasch dieses Rezept aus Spanien abgeschaut. Denn im Gegensatz zu den üblicherweise an den Höfen servierten Gerichten war die Gazpacho mit ihren schlichten Zutaten auch immer ein sogenanntes Arme-Leute-Essen. Tomaten, Gurke, Knoblauch wächst schließlich in fast jedem Garten.
Die Mauren haben sie erfunden, die Spanier verfeinert und die Deutschen? Nichts los an der kalten-Suppen-Front, oder? Von wegen. Hierzulande gibt es die sogenannten Kaltschalen. Traditionelle kalte Suppen, die auch als Nachspeisen funktionieren. Denn sie werden vor allem als süße Variante mit Obst zubereitet.
Im Bayerischen Kochbuch, einem Küchen-Klassiker, der bereits seit über 50 Jahren erscheint, finden sich diverse Rezepte, die allerdings wohl nur noch selten auf den Tisch kommen. Meist sind Beeren und Milchprodukte die Grundlage. Etwa die Milchkaltschale mit Beeren oder die Fliederbeersuppe. Varianten gibt es mit Holunder, Apfel und Rhabarber. Auch in diesem Fall gilt: In die Küche kommt alles, was der Garten hergibt. Nur das Gemüse bleibt in diesem Fall außen vor.
Das Rezept für eine schnelle Gazpacho
Die Zutaten:
- 1 Gurke
- 400g sehr reife Tomaten, geviertelt
- 1 große rote Paprika, entkernt und geviertelt
- 1 große reife Nektarine, entsteint und halbiert
- 1 kleine Schalotte, gehackt
- 2 Knoblauchzehen, fein gerieben
- 2 EL Sherryessig
- Salz
- 3 EL natives Olivenöl extra, plus mehr zum Beträufeln
- Pfeffer
- 60 g Kirschtomaten, in dünne Scheiben geschnitten, frische Schnittlauchröllchen (für die Deko)
Zubereitung:
- Ein Stück Gurke (5 cm lang) würfeln und zum Garnieren beiseitelegen. Die restliche Gurke grob hacken und mit Tomaten, Paprika, Nektarine, Schalotte, Knoblauch, Essig und 1 TL Salz in eine große Schüssel geben. Vorsichtig durchrühren, dann mindestens 30 Minuten (besser vier Stunden) im Kühlschrank ziehen lassen, damit sich die Aromen entfalten können.
- Die Tomatenmischung samt ausgetretenem Saft vorsichtig in einem Mixer füllen. Das Olivenöl zufügen und alles auf mittlerer bis hoher Stufe glatt pürieren. Das Püree durch ein grobes Sieb in eine große Schüssel oder einen Behälter streichen und mindestens 30 Minuten oder bis zum Servieren kühlstellen.
- Die Gazpacho danach mit dem Salz und Pfeffer abschmecken und in vier Schalen anrichten. Mit Kirschtomatenscheiben, Gurkenwürfeln, Schnittlauch und einem Spritzer Olivenöl garnieren und servieren.
Tipp: Die Gazpacho kann auch schon am Vortag zubereitet und im Kühlschrank aufbewahrt werden.
Das Rezept stammt aus dem Buch: Max La Manna: You can Cook this. Alles verwenden, nichts verschwenden. Dorling & Kindersley Verlag, 287 Seiten.