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Genuss
Beilagen-Klassiker: Wie gelingt der perfekte Kartoffelsalat?
Über die Zubereitung von Kartoffelsalat lässt sich streiten, im Sommer darf er beim Grillabend trotzdem nicht fehlen. Ein paar Tipps für das perfekte Knollengemisch.
Felicitas Lachmayr
 |  aktualisiert: 11.03.2024 11:48 Uhr

Mit Essig oder Mayo? In Scheibchen oder Würfeln? Schlunzig oder sämig? Mit Salatgurken oder Essiggurken? Die Frage nach dem perfekten Kartoffelsalat ist eine Glaubensfrage. Ob andächtig zum weihnachtlichen Würstchen oder als Grill-Beilage zum Steak serviert, über die Zubereitung des Knollengemischs lässt sich streiten. Ein Mayonnaisegraben trennt Süddeutschland vom Norden, die Grenze des gewohnten Geschmacks verläuft oft schon am familieninternen Geheimrezept. Nur in einem scheinen sich alle einig: Kartoffelsalat ist der Klassiker unter den Beilagen. Rustikal und delikat. Simpel und doch knifflig.

„Die meisten Menschen haben eine feste Vorstellung davon, was ein Kartoffelsalat ist. Für sie existiert nur diese einzige Variante“, sagt Martina Meuth. „Dabei ist Kartoffelsalat eines der vielseitigsten Gerichte überhaupt.“ Meuth muss es wissen. 100 Kartoffelsalat-Variationen hat sie entwickelt und in einem Kochbuch zusammengefasst, gemeinsam mit ihrem Mann Bernd Neuner-Duttenhofer. „Ich hätte am liebsten 1000 Kreationen abgedruckt, aber dann wäre es ein zu dicker Wälzer geworden“, sagt er. Bekannt sind die beiden aus der WDR-Sendung „Kochen mit Martina und Moritz“. Ein Tag ohne Kartoffeln? Das ist bei dem Paar eher selten. Und damit zur wichtigsten Frage: Wie gelingt er denn, der perfekte Kartoffelsalat? Wo er doch gerade jetzt im Sommer zum unverzichtbaren Begleiter von Grillabenden, Sommerfesten und Kindergeburtstagen wird. 

Festkochend, halbmehlig, ganzmehlig – jede Knolle hat ihre Eigenart

Erste Hürde: die richtige Sorte. Mehr als 5000 gibt es weltweit, rund 200 sind in Deutschland zugelassen. Nicht immer sind die Knollen gelb. Mal werden sie in blau oder rosa, mal in dunkelrot aus der Erde gerupft. Manche sind klein und länglich, wie die Bamberger Hörnchen, andere groß und rund wie Sieglinde, Linda oder Laura. 

Entscheidend für den Kartoffelsalat sind weniger Form und Farbe als vielmehr der Kochtyp: Festkochend, vorwiegend festkochend, halbmehlig, ganzmehlig – jede Knolle hat ihre Eigenart. Grundsätzlich gilt: Je höher der Gehalt an Stärke, desto mehliger im Geschmack, weiß Meuth. Festkochende Knollen wie Annabelle, Belana, Cilena oder Selma haben einen niedrigen Stärkegehalt, sind also schnittfester und feuchter. Auch die edle La Ratte eignet sich gut für Kartoffelsalat. 

Vorausgesetzt, man steht auf feste Scheibchen. „Wer klar definierte Würfel oder Scheiben im Salat haben möchte, greift am besten zu festkochenden Kartoffeln, denn die bleiben besser in Form“, sagt Meuth. Kühlen sie nach dem Kochen ab, erhalten sie zusätzlichen Biss. „Wer hingegen eine breiige Konsistenz bevorzugt, kann den Salat auch mit einer mehligkochenden Sorte zubereiten.“ Wichtiger Tipp: Erst kochen, dann schälen, sonst verwässern die Kartoffeln und verlieren wichtige Inhaltsstoffe. Gesund sind sie dank Kohlenhydrate, Eiweiß, Kalium, Magnesium und Eisen in jedem Fall. Auch die Vitamine B1, B2 und C stecken reichlich in den Knollen. Und weil sie zu 80 Prozent aus Wasser bestehen, sind sie auch noch kalorienarm. 

Zum Anmachen des Kartoffelsalats eignet sich warme Gemüsebrühe

Nach Reis, Weizen und Mais zählt die Kartoffelübrigens zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln. Mehr als elf Millionen Tonnen wurden 2020 hierzulande angebaut, die meisten in Niedersachsen. Damit ist Deutschland der größte Kartoffelerzeuger Europas. Durchschnittlich verschlingen die Deutschen 57 Kilos pro Kopf und Jahr. Wie viele davon im Kartoffelsalat landen, lässt sich nicht genau sagen. 

Fest steht nur: 40 Prozent der Erwachsenen essen ihn am liebsten mit Mayonnaise, wie eine YouGov-Umfrage 2020 ergab. Und so viel zur Glaubensfrage: Bei evangelisch-lutherischen Christen und Konfessionslosen sind die Mayo-Werte besonders hoch. Katholiken mögen ihn lieber mit Essig und Öl. Kaum zu glauben, aber acht Prozent mögen ihn überhaupt nicht. Oder können sich die Kartoffelsalatverweigerer, von denen die meisten offenbar in Hamburg leben, nur einfach nicht entscheiden? Zwischen Essig und Mayo oder Scheibchen und Würfel. 

Beim Schneiden der Knolle jedenfalls gilt: Möglichst dünn und gleichmäßig. Je nach Zubereitungsart landen die Kartoffeln gewürfelt oder als Ganzes, wie die winzigen Drillinge, in der Schüssel. Warm angemacht saugen Kartoffeln Flüssigkeiten und Aromen schneller auf. Also am besten direkt salzen, dann bedarf es weniger des weißen Würzstoffs. „Man kann aber auch einen besonderen Reiz auf der Zunge erzeugen, indem man bewusst am Ende ein paar Fleur-de-Sel-Kristalle über den Salat streut“, sagt Neuner-Duttenhofer. 

Zum Anmachen eignet sich warme Gemüse- oder Fleischbrühe. Sie verleiht den Kartoffeln eine stimmige Grundwürze, löst einen Teil der Stärke und sorgt für Geschmeidigkeit. „Je nach Zubereitungsart kann der Salat auch mit Tomatenessenz oder Fischfond aufgepeppt werden“, sagt Meuth. 

Bayerisch, mediterran, thailändisch: Kartoffelsalat gibt es in allen Variationen

Doch damit ist noch längst nicht alles entschieden. Maßgebend für den Geschmack ist der Essig. Weißwein, Sherry, Apfel, Kräuter oder doch lieber Himbeere? Oder reicht gar schon ein Spritzer Zitronensaft für den Säureeffekt. Bei der norddeutschen Variante wird auch gerne mal ein Schuss Gewürzgurkenwasser aus dem Glas dazu gegeben. Ähnlich komplex ist die Wahl des Öls. Meuth empfiehlt neutrale Varianten wie heimisches Raps- oder Sonnenblumenöl. Aber auch bitteres Olivenöl aus der Toskana oder rundes aus Sizilien verleiht mediterranen Kartoffelsalaten, garniert mit gehackten Oliven, Knoblauch und frischem Basilikum, eine besondere Note. 

„Die Kartoffel kommt mit allen Zutaten zurecht und lässt sich wunderbar kombinieren“, sagt Neuner-Duttenhofer. Mit einer scharfen Kartoffelsalat-Variation samt Zitronengras, Ingwer, Chili, Thaibasilikum und frittiertem Tusli-Kraut hat er schon einen Freund aus Thailand in Staunen versetzt. „Diese Variante hat mit dem Klassiker nicht mehr viel gemein, besitzt aber auch Suchtpotenzial“, sagt Neuner-Duttenhofer. Apropos Sucht. Wenn es nach ihm ginge, gebe es jeden Tag Kartoffelsalat– am liebsten mit Essig und Öl trotz aller Experimentierfreude. 

Expertin sagt: Kartoffelsalat sollte niemals kühlschrankkalt serviert werden

Eine umstrittene Zutat ist die Zwiebel, denn sie hat einen starken Eigengeschmack. Wird der Kartoffelsalat frisch serviert, können Frühlingszwiebeln, Schalotten oder Lauch roh hineingeschnippelt werden. Steht der Salat länger, sollte man die Zwiebeln vorher andünsten, blanchieren oder nach dem Schneiden in Öl wenden, rät Meuth. „Ansonsten entwickeln sie durch die Oxidation einen metallischen Geschmack.“ 

Noch ein kleiner Tipp: Durch die Säure fallen Kräuter schnell zusammen und verlieren ihre Farbe. Damit der Salat auch nach ein paar Stunden noch ansehnlich ist, sollten sie erst kurz vor dem Servieren hinzugegeben werden. Mit oder ohne Kräuter, beim Umrühren ist Vorsicht geboten. Nicht zu wild und häufig mischen, sonst wird Kartoffelbrei draus. 

Gekochte Knollen vom Vortag kommen Meuthübrigens nicht in die Schüssel: „Schrecklich, damit macht man höchstens noch Bratkartoffeln.“ Und so ein Zwei-Kilo-Eimer aus dem Kühlregal? Da stockt der Kartoffelsalat-Expertin beinah der Atem. „Ungenießbar, diese Pampe.“ Warum auch fertig kaufen, was sich leicht zubereiten lässt. „Das ist ja gerade das Schöne am Kartoffelsalat. Er ist schnell gemacht und unglaublich vielseitig“, sagt Meuth. 

Meist wird er als Beilage serviert, aber mit viel Gemüse oder Meeresfrüchten wie im Salade Niçoise eigne er sich auch als Hauptspeise. Ob warm oder kalt servieren? Da gibt es nur eine Antwort: auf keinen Fall kühlschrankkalt, mahnt Meuth. Lieber kurz stehen lassen und mit etwas Brühe anwärmen. Am besten frisch statt am Vortag zubereiten. Und: „Immer etwas mehr machen als geplant, denn Kartoffelsalat ist meistens am schnellsten aufgegessen.“

Rezept für Kartoffel-Avocado-Salat:

Für vier Personen, Zubereitungszeit 15 Minuten und 3 bis 4 Stunden Koch- und Abkühlzeit der Kartoffeln

Zutaten:

  • 500 g Salzkartoffeln
  • 1 TL schwarze Pfefferkörner
  • 1 gehäufter TL Pimentkörner
  • Salz
  • 2 saftige Zitronen (vorzugsweise die milden und saftigen von der amalfitanischen Küste)
  • 2 normal große Avocados (Hass, Ettinger, Fuerte oder eine ganz große wie die Nabal)
  • 3-4 violette Schalotten
  • 1 rote Chilischote
  • 1 Stängel Estragon

Zubereitung:

  • Kartoffeln schrubben, in der Schale kochen und 3-4 Stunden langsam fast vollständig abkühlen und abbinden lassen.
  • Salz mit Pfeffer- und Pimentkörnern im Mörser zerstampfen und Zitronen auspressen. Avocados auslösen: halbieren, entkernen und das zarte Fruchtfleisch mit einem Teelöffel in Flöckchen aus der Schale schaben. Sofort mit Zitronensaft vermischen, damit das Fleisch nicht bräunlich wird.
  • Kartoffeln schälen und in Scheiben schneiden. Mit den im letzten Moment sehr fein gewürfelten Schalotten, der entkernten und gewürfelten Chilischote, den abgezupften und fein geschnittenen Estragonblättchen sowie der gemörserten Gewürzmischung zur Avocado geben. Alles heftig durchmischen, bis eine saftige Masse entstanden ist.

Variationen: Statt Estragon passen besonders gut auch Dill, Pimpernelle oder Kerbel. Sind die Zitronen nach der Ernte unbehandelt, können sie ein wenig über den Salat gerieben werden. Ansonsten auch vorzüglich und exotischer mit Limettensaft aromatisieren, der mit etwas karibischer Chili (Habanero, Martinique) und Koriander oder Quillquina noch viel gewinnt. 

Tipp: Öl ist wegen des Fettgehalts der Avocado an diesem Salat absolut überflüssig. 

Passt zu: gebratenem oder gegrilltem Fisch, Steak, Schweinekotelett oder Secreto

Getränk: Ein trockener, aromatischer Weißwein (Sauvignon Blanc, Scheurebe, Muskateller, Riesling), Sherry (Fino oder Manzanilla, trockener Wermut (Niolly Prat) oder Bier.

Quelle: "Ein Tag ohne Kartoffelsalat ist kulinarisch betrachtet ein verlorener Tag – Unsere 100 liebsten Kartoffelsalat-Variationen" von Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer, Becker Joest Volk Verlag, 256 Seiten, 28 Euro

 
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