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Genuss
Angemacht: So gelingt die perfekte Salatsoße
Salat kann jeder? Stimmt nicht. Weil dazu auch die perfekte Soße gehört. Nie aus der Tüte, nicht zu sauer, nicht zu süß. Was aber macht die perfekte Salatsoße aus?
Stefanie Wirsching
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:40 Uhr

Es gibt Gerichte, über deren Zubereitung sich Hobbyköchinnen und Köche stundenlange Diskussionen liefern können. Salat zählt eher nicht dazu. Ist ja auch wirklich simpel, bisschen schnibbeln, dann Essig, Öl, Salz, Pfeffer zusammenrühren, fertig. Was ist da die Kunst? Das ist wahr und zugleich ganz fürchterlich falsch. Für eine simple, gute Vinaigrette zum Beispiel braucht es wenig Kochkunst, dennoch werden Kopfsalate, Eissalate oder Salatmischungen regelmäßig in ölig-saurem ertränkt! Woran das nun liegt? 

Vielleicht, weil dem offensichtlich Simplen grundsätzlich weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird. Derweilen kann ein gutes Salatdressing eine kulinarische Offenbarung sein. Eine Geschmackserlebnis, an das man sich erinnert. Dem man folgt. Das man vermisst. Nur so lässt sich jedenfalls auch diese Geschichte erklären, die einem ein Koch mit großem Herz für Salat gleich erzählen wird: eine Liebesgeschichten über eine Salatsoße, für manche die beste Salatsoße der Welt. 

Salat leidet oft unter fehlender Anerkennung

Die perfekte Salatsoße also. Für den französischen Dichter Francois Coppee, offenbar ein Salatliebhaber, braucht es dafür im 19. Jahrhundert nur vier Charaktere: "Einen Verschwender für das Öl, einen Geizhals für den Essig, einen Weisen für das Salz, einen Narren für den Pfeffer." Kräuter, Senf, Schalotten, Honig, also das simple Erweiterungsset, spielte für Coppee keine Rolle, aber sagen wir mal so: Tausend mal lieber Coppee pur als eine Fertigtüte "Thousand Islands"-Dressing, bei dem die Foodbloggerin Éva Bezzegh sich schon mal überlegt hat, ob da die 1000 Zusatzstoffe gemeint seien. Auch die natürlich Salatliebhaberin und Salatbuchautorin. "Nur Salat" (Callwey), der Titel, in dem auch schon das mitschwingt, worunter der Salat oft leidet: Fehlende Anerkennung. 

Nur Salat, das kann ja gleichermaßen Verheißung wie Drohung sein. "Seien wir ehrlich: Salate haben in der Regel einen schlechten Ruf", schreibt Bezzegh denn auch in den ersten Zeilen ihres Vorworts, bevor sie ins Schwärmen gerät und von Wok-Salat mit Karotten und Petersilienwurzel über Kohlrabi-Apfel-Salat mit frischen Kräutern zu Ofen-Rosenkohl-Salat mit Mandeln und knusprigem Prosciutto springt. Reine Salat-Bücher wie Bezzeghs gibt es – im Gegensatz zum Beispiel zu Grill-Büchern – auf den Büchertischen übrigens eher als Beilage. 

Aber hat sich da nicht etwas getan? Salat-Bowls überall, im Bistro, im Supermarkt to go, oder fein selbst zubereitet. Auf TikTok stürzen sie sich seit Monaten auf einen Salat der Green Goddess heißt als seien Kohlblätter der neue Rucola. Viel Weißkohl ist jedenfalls drin, dazu kleingeschnitten Gurke, Schnittlauch, Frühlingszwiebeln, alles vermixt mit einem grünen Pesto. Somit dann Superfood natürlich, was sofort weniger salatig klingt. Aber wenn man Helmut Hengelmann, der Koch mit Herz für Salat, fragt, kann der keinen Aufwärtstrend in der deutschen Salatkultur entdecken. "Allein diese ganze in Tüten verpackte Schnittware, das ist doch eine Katastrophe". 

Tipps für die perfekte Salatsoße vom Experten

Hengelmann, wilder grauer Schopf, hat einen Ruf, der mittlerweile auch über Augsburg, wo er seit über drei Jahrzehnten kocht, hinausgeht. Das liegt an den Gästen, die ihm von Lokal zu Lokal folgen, manchmal, wenn ihr Leben sie weitertreibt und sie dann irgendwo in Norddeutschland oder sonst noch wo landen, den Geschmack seiner Salatsoße nicht vergessen können. Und dann Hengelmann schreiben oder anrufen und ihn um eine Lieferung seiner Vinaigrette-Variation bitten. Zum Beispiel nach Buxtehude. "Ich kann ja eigentlich nur Dressing", sagt Hengelmann. Spaß natürlich, aber seine Salatsoße ist tatsächlich so etwas wie sein Signature Dish, wie es heute es gerne heißt. Also sein kulinarisches Alleinstellungsmerkmal. 

Er verwendet es auch, um mariniertes Gemüse abzuschmecken, manchmal landet ein wenig vom Dressing im Kräuterquark, der entscheidende Schuss Säure. Entwickelt hat er es als junger Koch zusammen mit Kollegen, mit Prosecco, Traubenkernöl, Weißweinessig experimentiert, dann immer weiter modifiziert bis zur Endstufe: Hengelmanns Salatsoße. Gerne auch flaschenweise von den Restaurantgästen nach Hause mitgenommen. "Die sind ganz glücklich, wenn sie dann zuhause die perfekte Mischung für jeden Salat haben", sagt Hengelmann: "Für viele ist Salat ja ein Stiefkind. Die können zum Beispiel einen wunderbaren Braten, aber die scheitern am Dressing…" Die Sache mit dem scheinbar Simplen eben! 

Herr Hengelmann, bitte Tipps also! Was macht die perfekte Allround-Salatsoße aus? Was sind die größten Fehler beim Salatmachen? Erstens: "Eine gute Salatsoße, die soll für mich nichts übertönen, sondern den Geschmack unterstützen." Deswegen sagt Hengelmann, soll man für ein Universaldressing ein neutrales Öl verwenden. Traubenkernöl zum Beispiel. Mit Olivenöl könne man natürlich ebenfalls ein hervorragendes Dressing machen, aber das schmecke dann nach Oliven. Rapsöl nach Raps. Für jede Salatsoße aber gilt: Sie kann nur so gut sein wie ihr Öl. Kaltgepresst unbedingt. "Wenn sie nichts Gescheites reintun, kann auch nichts Gescheites herauskommen." Teure Designeröle müssen nach Ansicht von Hengelmann aber nicht sein. "Das können die wenigsten doch herausschmecken."

Beim Essig auf die Säure achten – 5 Prozent sind genug

Zweitens: Die Balance halten, nämlich die zwischen süß und sauer. Die zu halten, ist vielleicht die eigentliche Kunst beim Dressing. Kippt die gleich zu Beginn, indem man zum Beispiel zu viel Essig verwendet – also nicht wie ein Geizhals – kommt es schnell zum Aufschaukeln zwischen süß und sauer. Hektisch wird mit Zucker versucht, die Säure abzumildern, dann schmeckt das Dressing zu süß und man kippt wieder ein bisschen Essig drauf… Wobei man durch die Wahl des Essigs diese Gefahr schon von vorneherein extrem minimieren kann. 

Auf den Säuregehalt schauen, der sollte nicht zu hoch sein. "Mit einem Weißweinessig mit fünf Prozent Säure sind sie gut aufgehoben", sagt Hengelmann. Ist der Essig mild, braucht es auch wenig Süße. Zucker oder Honig zum Abrunden. "Dann natürlich Salz, da können sie das Himalaya-Salz verwenden, muss aber nicht sein" – Pfeffer aus der Mühle und Senf, am besten einen mittelscharfen guter Qualität. Mit Dijon-Senf macht man auch nichts verkehrt. Außerdem ein ordentlicher Schuss Prosecco, der gibt noch ein wenig feine prickelnde Säure dazu. Wobei Hengelmann nicht ins Detail gehen möchte. Ein kleines Geheimnis muss bleiben… 

Drittens: Gerührt oder geschüttelt? Ist egal, sagt Hengelmann. Im Restaurant rührt er, zu Hause schüttelt er im Becher mit Deckel. Wichtig aber sei, dass das Öl nicht zu kalt sei. Sonst verbindet es sich nicht mit den anderen Zutaten, emulgiert nicht, sieht dann auch unschön aus. Oben Öl, unten der Rest. Die Emulsion sei daher das A und O. In Fertigsoßen bekommen sie die Sämigkeit übrigens oft mit dem Emulgator E 466 – Natriumcarboxymethylcellulose – hin, das nur am Rande. Aber über Fertigsoßen will Hengelmann gar nicht reden: "Eine Katastrophe". 

"Wenn ein Salat nur eine Farbe hat, das finde ich traurig"

Viertens: Augen auf beim Salatkauf. Der größte Fehler, sagt Hengelmann, sei ja eben der: Dass die Leute keinen gescheiten Salat kaufen. Zum Beispiel zum abgepackten Eisbergsalat greifen, in den Augen des Kochs "Industriemüllsalat, Fülle ist alles, was der kann." Oder zum ebenfalls in Plastik eingepackten Feldsalat, während nebendran im Supermarkt der frisch geerntete im Holzkistchen verloren anfängt zu welken. Den müsste man ja auch noch putzen, Hengelmann macht das übrigens gerne, man kann dabei so schön nachdenken, sagt er. Hengelmann liebt auch Römersalat, Zuckerhutsalat, Endiviensalat oder Eichblattsalat, Lollo Rosso, Radiccio – die auch der Farbe wegen. "Wenn ein Salat nur eine Farbe hat, das finde ich traurig." Er hat ein Problem mit Kopfsalat, aber das ist persönlich – den hat er als Kind zu oft gegessen. 

Fünftens: Die Zusammenführung von Dressing und Salat. Bei allen Salaten, die nicht ziehen müssen, also allen Blattsalaten, gilt die Regel: Am besten die Soße direkt vor dem Servieren auf den Salat geben oder gleich auf den Tisch zum Selbermischen stellen, sagt Hengelmann. Der Essig nämlich zerstört das Gerüst der Blätter, das Öl drückt. Da machen vor allem feine Blätter schnell schlapp. Bei Blattläusen im Salat gibt es den Tipp, die Blätter mit etwas Essigwasser zu waschen. Hengelmann rät da dringend ab. Die Blattläuse seien dann zwar weg, die Knackigkeit aber auch. 

Und damit, angerichtet – und eine letzte Frage an den Koch mit Herz für Salat. Neben seiner, welche ist ihm denn die liebste Salatsoße? Helmut Hengelmann sagt, die seiner Lebensgefährtin. Olivenöl, Schabzigerklee, ein bisschen Agaven-Dicksaft… und dazu dann zum Beispiel Römersalat. "Da könnte ich niederknien". Eine gute Salatsoße hat das auch verdient! 

Rezepte für vier klassische Salatsoßen:

Kräuter-Vinaigrette:

Zutaten: 

  • Knoblauchzehe

  • 1 Schalotte

  • 2 EL Weißweinessig

  • ½ Bund frische Kräuter (z. B. Petersilie oder Kerbel)

  • 1 TL mittelscharfer Dijon-Senf

  • Salz, Pfeffer

  • 5 EL Olivenöl (oder 4 EL Olivenöl und 1 EL Walnussöl)

Zubereitung: 

  • Die Knoblauchzehe schälen und halbieren. Die Salatschüssel damit ausreiben. Den Knoblauch anschließend entsorgen. Die Schalotte schälen und fein würfeln. In der Schüssel mit dem Essig verrühren und ca. 15 Min. ziehen lassen, bis die Schalottenwürfel weich werden. Inzwischen die Kräuter waschen, trocken schütteln, die Blätter abzupfen und hacken.

  • Die Essig-Schalotten-Mischung mit Senf verrühren und mit Salz und Pfeffer würzen. Das Öl in dünnem Strahl nach und

    nach zugießen und mit einem Schneebesen unterrühren. Je nach gewünschter Konsistenz evtl. noch 1 EL Wasser einrühren.

    Die Kräuter zugeben und untermengen. Die Vinaigrette mit Salz und Pfeffer abschmecken

Dazu passt: Als echtes Allroundtalent macht die Kräuter-Vinaigrette alle Blattsalate an. Aber auch zu Tomaten-, Gurken- oder Möhrensalat schmeckt sie hervorragend. 

Joghurt-Dressing:

Zutaten: 

  • 1 Frühlingszwiebel

  • 1 Bund gemischte Kräuter

  • 100 g Joghurt

  • 25 g Crème fraîche

  • 2 EL Weißweinessig

  • 3 EL Olivenöl

  • 1 kleine Knoblauchzehe

  • ½ TL Zucker

  • Salz, Pfeffer

Zubereitung:

  • Frühlingszwiebel putzen, waschen und fein schneiden. Kräuter waschen und trocknen. Blätter hacken, Schnittlauch in Röllchen schneiden.

  • Joghurt, Crème fraîche, Essig und Öl glatt rühren. Knoblauch schälen, fein hacken und mit dem Zucker unterrühren. Frühlingszwiebel und Kräuter untermischen. Das Dressing mit Salz und Pfeffer abschmecken

Dazu passt: Kopf- und Eisbergsalat, Lollo rosso oder Gurkensalat. 

Honig-Senf-Creme:

Zutaten: 

  • 50 g Sahne

  • 50 g Crème fraîche

  • 1 ½ EL Weißweinessig

  • 1 geh. TL Senf

  • 1 EL Honig

  • 3 EL Rapsöl

  • Salz, Pfeffer

  • ½ Bund Dill

Zubereitung: 

  • Sahne, Crème fraîche, Essig, Senf und Honig mit einem Schneebesen glatt rühren. Das Öl zugeben und gut unterschlagen. Das Dressing mit Salz und Pfeffer abschmecken.

  • Dill waschen und trocken schütteln. Die Spitzen abzupfen, fein schneiden und unterrühren.

Dazu passt: Blattsalat, besonders herbe Sorten wie Radicchio oder Endivie. Die Creme schmeckt aber auch gut zu Rohkost, zu gebratenem Lachs und zu Hähnchenfleisch.

Kokos-Maracuja-Dressing:

Zutaten: 

  • 50 g Kokosmilch

  • 2 Maracujas (Passionsfrüchte)

  • 1 EL Limettensaft

  • 1 Pck. Vanillezucker

  • 1 Stängel Zitronenmelisse

Zubereitung: 

  • Die Kokosmilch in einen kleinen Topf geben, aufkochen und um etwa ein Drittel auf ca. 100 ml einkochen lassen. 

  • Inzwischen die Maracujas halbieren. Das Fruchtfleisch mit einem Löffel herauslösen, durch ein Sieb streichen, um die Kerne zu entfernen, und mit Limettensaft und Vanillezucker verrühren. 

  • Die Kokosmilch auskühlen lassen. Inzwischen die Zitronenmelisse waschen und trocken schütteln. Die Blätter abzupfen und feinschneiden. Die Maracujamischung und die Zitronenmelisse unter die Kokosmilch rühren.

Dazu passt: Obstsalat aus tropischen Früchten wie Ananas, Mango und Papaya oder Apfel-, Bananen- oder Ananasstücke im Ausbackteig. 

Die Rezepte sind dem Buch "1 Salat – 50 Dressings“ von Inga Pfannebecker entnommen. GU Küchenratgeber, Gräfe und Unzer Verlag, 64 Seiten

 
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